Gesamtsitzung am 30. Mai 1848
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A. 13.
Kaiserliche Akademie der Wissenschaften.
Protokoll
der Gesammtsitzung am 30. Mai 1848
Anwesend: der Präsident Freiherr Hammer-Purgstall
Der" Vice- Präsident" Baumgartner
Der" General-Secretär vonv. Ettingshausen
Der" 2te Sekretär" Wolf
Die wirklichen Mitglieder Grillparzer
Partsch
Arneth
Stampfer
haidinger
Chmel
Kreil
Schrötter
Hyrtl
Bergmann
Doppler
Fenzl
Pfizmaier
Reuss
Verhandlungen.
Nachdem der General-Secre-
tär auf die durch die eingetretenen
Ereignisse herbeigeführte
Unmög-
lichkeit der Abhaltung einer
außer-
ordentlichen Gesammtsitzung
hinge-
wiesen hatte, wornach die gegen-
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wärtige Sitzung bloß die Eigenschaft
einer gewöhnlichen, die auch den
ver-
flossenen Samstag bestimmte
ver-
tretenden Gesschäftssitzung haben
kann, legt er die von den zu
corre-
spondirenden Mitgliedern ernannten
Gelehrten Diez, Wilhelm Weber, Ernst
Heinrich Weber und Encke
eingegan-
genen Dankschreiben vor.
Ferner zeigt der Secretär an,
daß er die Verrechnung der Ausgaben
aus den von ihm erhobenen
Verlags-
geldern bis zum Ende Aprils womit
die erste Hälfte des
Verwaltungsjah-
res 1848 abgelaufen ist abgeschlossen,
und bezüglich der
Rechnungsrichtig-
keit bereits dem hiezu bestimmten
Mitgliede HerrnHrn. Regierungsrath Burg
vorgelegt habe. Aus der für sich
be-
handelten Verrechung der auf das
vorhergehenden Verwaltungsjahr 1847
entfallenden Dotationsquote mit
13333 Guldenfr 20 Kreuzerkr geht hervor, daß mit
Inbegriff aller auch während des
laufenden Verwaltungsjahres
ge-
machten, aber in Folge Beschlusses
der Akademie auf die Dotation des
früheren Verwaltungsjahres
verwie-
senen Ausgaben für
Einrichtungs-
stücke und andere Erfordernisse
sich ein Cassarest von 8177 Guldenfr 41 Kreuzerkr
herausstelle, welcher
statutenge-
mäß zur Verfügung der
Akade-
mie bleibe, und dessen
verzins-
liche Anlegung nunmehr
einzu-
leiten wäre.
Die Akademie überläßt es dem
General hierüber die unter
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den gegenwärtigen
Zeitverhält-
nisten geeigneten Einleitungen
zu treffen, und darüber seiner
Zeit zu berichten.
Weiterhin erwähnt der Secre-
tär, daß das wirkliche Mitglied HerrHr.
DoctorDr. Pfizmaier um Unterstützung
zu einer Reise nach Holland behufs
der Benützung der dortigen mit
japanischen Büchern reichlich
ver-
sehenen Bibliotheken vornehmlich
zur Vervollkommnung eines von
ihm bereits in Angriff
genom-
menen japanischen Wörterbuches
angesucht und die historisch-philo-
logische Classe auf die Bewilligung
von Tausend Gulden bei der
Ge-
sammtakademie anzutragen
beschlossen habe. Da die für die
Classe bereits präliminirten
Aus-
gaben die Bewilligung genannter
Summe gestatten, so dürfte wohl
der Antrag die Zustimmung der
Akademie erhalten und da von
den für die feierliche Sitzung in
Voranschlag gestellten
Reisegel-
dern bei Weitem mehr als
die-
der Betrag übrig bleibe, so sey
es nicht einmal nöthig ein
wei-
teres Einschreiten bei dem Finanz-
Ministerium um
Flüssigma-
chung des noch nicht in Anspruch
genommenen Theiles der Dotation
für das laufende Verwaltungsjahr
abzuwarten, sondern es
könnte-
die genannten Summe vom
Präsidi-
um unverzüglich angewiesen werden.
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Gegen diese Anträge wird
keine Einwendung erhoben, daher
selbe für einstimmig
angenom-
men erklärt.
Dieselbe Begünstigung
nimmt der General-Secretär
für die von der historisch-philolo-
gischen Classe bereits genehmigte
Unterstützung des
correspondiren-
den Mitgliedes HerrnHrn. Diemer zur
Herausgabe des altdeutschen
Ma-
nuscriptes "Die Kaiserchronik" in
Anspruch. Da HerrHr. Diemer den
Druck bereits beginnen ließ, so
wäre ihm für jeden gedruckt
vorgelegten Bogen des beiläufig
dreißig Bogen erfordernden
Werkes als Ersatz seiner Auslagen
und als Entschädigung für seine
Bemühung der Betrag von 30 Guldenfr
zu bewilligen.
bis vierzig
Der Antrag wird
einstim-
mig angenommen.
Endlich bemerkt der General-
Secretär
Secretär es habe HerrHr. Professor DoctorDr.
Redtenbacher in der letzten Sitzung
der mathematisch-naturwissen-
schaftlichen Classe für Unterstützung
des ProfessorProf. Rochleder zu lemberg zu
einer Arbeit über Caffein durch
Ankauf des dazu nöthigen
Materi-
als im Betrage von 200 Guldenfr angesucht,
wozu gegenwärtig die Bewilligung
der Akademie eingeholt werde.
Das Ansuchen wird
ein-
stimmig genehmiget.
HerrHr. Director Kreil äußert,
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er habe bei Gelegenheit seiner
wissenschaftlichen Reise
wahrge-
nommen, daß an mehreren
Or-
ten meteorologische Beobachtungen
angestellt werden, die nicht
ge-
hörig bekannt gemacht werden,
und daher unbenützt bleiben.
An machen Orten wo sich Lust
und Liebe zu solchen Beobachtungen
kund gibt, fehlen die nöthigen
In-
strumente. So befinde sich zu
raigern in Mähren ein junger
Mann Namens Joseph Hoffner der
seit mehreren Jahren sich an der
prager Sternwarte mit solchen
Beobachtungen beschäftigte und
HerrnHrn. Kreil dringend ersucht habe,
ihm meteorologische
Instrumen-
te zukommen zu lassen. Ein
ähn-
liche Ansuchen hat HerrHr. Brettner
zu klagenfurt an HerrnHrn. Director
Kreil gestellt, zur Einrichtung
einer meteorologischen Station
auf dem Ophir in einer
Meeres-
höhe von 6000 Fuß. Es liege wohl
im Interesse der Akademie solche
Arbeiten durch Betheilung mit
Instrumenten und
Veröffentli-
lung der Beobachtungen zu
för-
dern.
Die General-Secretär
entgegnete, es konnte dem
ver-
ehrten Mitgliede noch nicht
be-
kannt geworden ein, daß der
Herr Vice-Präsident seinen
Func-
tionsgehalt eigens zur Anschaffung
meteorologischer Instrumente
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zwar vornehmlich an den
Eisen-
bahn-Stationen, wohl aber auch
an anderen Orten, wo es
ange-
messen erscheinen dürfte, der
Akademie zur Verfügung gestellt
habe.
Der Herr Vice-Präsident
be-
merkt, daß er die telegraphischen
Posten nur deßhalb vorzugsweise
in Auge gefaßt habe, weil sie zur
Anstellung meteorologischer
Beob-
achtungen in mehrfacher Beziehung
als die geignetsten erscheinen. Auf
die Äußerung des HerrnHrn. Directors
Kreil, daß es mit einer Vertheilung
von Instrumenten allein nicht
abge-
than sey, sondern auch von Zeit zu
Zeit an eine Vergleichung
dersel-
ben gedacht werden müsse, hob der
HerrHr. Vice-Präsident wieder die auch
dieser Absicht entsprechende
Eigen-
thümlichkeit der telegraphischen Posten
hervor, was HerrHr. Director Kreil auch
anerkannte. Auf der Antrag des
Secretärs, daß zur Sicherung der
Aus-
führung des meteorologischen
Un-
ternehmens eine passende
Instruc-
tion über Vertheilung der
Beobach-
tungsorte und
Beobachtungsmetho-
den sehr erwünschlich sey und
Nie-
mand selbe besser als HerrHr. Director
Kreil zu entwerfen vermöchte, wurde
Kreil aufgefordert sich dieser
Ar-
beit unterziehen zu wollen, was
derselbe auch zusagte.
Herr Professor Schrötter warf
die Frage auf, ob in Betreff der
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für gelieferte Abhandlungen
zu entrichtenden Honorare
be-
reits etwas eingeleitet worden
sey.
Der General-Secretär
wei-
set auf die Sitzung vom 31. Jänner
hin, in welcher für jede Classe 1500 Guldenfl.Gulden
zu Honoraren in Voranschlag
ge-
bracht, und in Folge dessen bereits
angewiesen worden seyen, es
hänge jetzt nur davon ab, daß
eine Vertheilung von Honoraren
seiner Zeit in den
Classensitzun-
den vorgenommen werde.
Nun wurde zu den
Reform-
vorschlägen übergeangen, in
Bezug auf welche der General-
Secretär den Commissionsbericht
vorlas.
Die HerrHr. Präsident äußerte
es müsse das Ganze Punct für
Punct berathen werden. Er habe
nichts dagegen, daß
Geldangelegen-
heiten und Wahlen nicht mehr von
der Gesammtakademie sondern
von den einzelnen Classen
vorge-
nommen werden, doch müsse er
sich dagegen erklären, daß wie
es aus dem Commissonsbericht
hervorzugehen scheint,
künftig-
hin gar keine
Gesammtsitzun-
gen Statt finden, also die
Akade-
mie nicht mehr einen Körper
aus-
machen solle.
Der HerrHr. Vice-Präsident
be-
merkt dagegen, daß die Angabe
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genheit zu wichtig sey, um hier in
einer einzigen Berathung, wenn
auch nach längerer Besprechung
abge-
than zu werden. Es sey nöthig den
neuen Entwurf allen Mitgliedern
zur besseren Uiberlegung gedruckt
mitzutheilen. Der Vorschlag welcher
soeben gelesen worden sage
eigent-
lich man wolle zwei getrennte
Aka-
demien und zwar jede ohne alle
Sta-
tuten haben, da man verlange, daß
jede thun könne was ihr beliebe. Auf
diese Weise werde sehr bald
Uneinig-
keit entstehen und damit die
Akade-
mie zerfallen.
Professor Schrötter erwidert,
es sey keineswegs die Absicht der
Commission die Akademie ohne
Sta-
tuten zu lassen, denn jede Classe wird
sich ihre Geschäftsordnung selbst
ma-
chen. Auf die Bemerkung des HerrnHrn.
Vice-Präsidenten, daß davon im
Vorschlage keine Erwähnung geschehen,
führt HerrHr. ProfessorProf. Schrötter fort, daß
es sich von selbst verstehe, daß
was von Statuten und
Geschäftsord-
nung nicht ausdrücklich aufgehoben
wird in Kraft zu verbleiben habe.
Der General-Secretär
fügte hinzu, daß er die
Befürch-
tung einer Desorganisation der
Akademie nicht theile, sobald nur
unter der Leitung eines
Vorsitzen-
den verhandelt werde, und
sämmt-
liche Mitglieder wie bisher sich dem
Beschlusse der Mehrheit
unterwer-
fen.
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Auf die Bemerkung des HerrnHrn.
Director Grillparzer, daß es
ange-
messener wäre, jetzt wo Alles an
Umwälzungen arbeitet nicht auch
in der Akademie jede Fessel
ab-
werfen zu wollen, und auch die
Ent-
gegnung des HerrnHrn. ProfessorProf. Schrötter,
daß kein Grund vorhanden sey
war-
um jetzt wo Alles thätig ist die
Aka-
demie unthätig bleiben solle,
äußer-
te der General-Secretär, daß der
alleinige Umstand des
Entstanden-
seyns der Akademie unter ganz
anderen Verhältnissen
Umstaltun-
gen unerläßlich mache. Er schlage
vor, die Commission aufzufordern
ihren Bericht nochmals einer
Durch-
sicht zu unterziehen, zu
vervollstän-
digen und sodann in Druck zu
le-
gen. Der HerrHr. Präsident fügt bei,
daß da wir jetzt die Arbeit machen,
welche eigentlich vom Anfange her
hätte gemacht werden sollen, weil
Sachverständige zur Abfassung der
Statuten vorzugsweise berufen
ge-
wesen wären es zur Abkürzung
des Geschäftsganges nothwendig sey,
daß die Commission sich auch gleich
mit der Herstellung eines
Statu-
tenentwurfes befasse, was
ein-
stimmig angenommen wird,
mit die Beisatze, daß der
gedruck-
te Entwurf der Statuten, der
Ge-
schäftsordnung und
Commissions-
berichte auch den auswärtigen
Mit-
gliedern zur Einholung ihrer
Äußer-
ungen zuzusenden sey.
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Der General-Secretär stellt die
Nothwendigkeit dar, die
Sitzungsbe-
richte für beide Classen abgesondert
erscheinen zu lassen, weil der
bis-
herige Vorgang dadurch, daß nicht
beide Sitzungsberichte zugleich,
son-
deren der eine erst wenn der
ande-
re fertig ist in Druck genommen
werden können, die doppelte Zeit
aufgewendet, und eine unnöthige
Verzögerung im Erscheinen
verur-
sacht wird.
Der Antrag wird
angenom-
men und zugleich der Wunsch
ausge-
sprochen, daß wie schon in einer
früheren Sitzung bemerkt worden,
die Sitzungsberichte einzeln sobald
als möglich nach den abgehaltenen
Sitzungen erscheinen möchten. Eine
angemessene Anzahl von Bogen
könnte füglich als ein besonderer
Band abgeschlossen werden, was
man dem Secretär zu thun
über-
lasse.
HerrHr. Custos Fenzl wünscht, daß
jedem Bande ein ausführliches
Sachregister beigefügt werde, und
daß die Verfasser der einzelnen
Aufsätze hiezu mitwirken mögen.
HerrHr. Professor DoctorDr. Hyrtl beschwert
sich darüber, daß ihm die zu
wissen-
schaftlichen Zwecken von der
Akade-
mie bewilligten Geldbeträge bis
setzt noch nicht eingehändigt, ja
nicht einmal angewiesen worden
seyen, daß auf seine dießfällige
Anfrage von ihm die Beibringung
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der Quittungen der Empfänger
verlangt worden, was Mangel
an Zutrauen beurkunde.
Der HerrHr. Vice-Präsident, der
General-Secretär, Professor Schröt-
ter und Regierungsrath Chmel
vereinigten sich Herrn Professor
Hyrtl damit zu beruhigen, daß
eine eigene Anweisung der
Geld-
beträge nicht nothwendig sey, wenn
die Angelegenheit ein wirkliches
Mit-
glied betrifft, welches bei der Sitzung
in der darüber entschieden ward
gegenwärtig war, daß die
ordnungs-
mäßige Rechungslegung des Secre-
tärs die Deckung der von ihm
ver-
abfolgten Gelder mit Quittungen
erfordere, und daß die
Beibrin-
gung der Quittungen der
eigent-
lichen Empfänger jedem Mitgliede
durch dessen Hände Gelder gehen
nur angenehm fallen könne,
weil ihm dadurch jede
Verant-
wortlichkeit genommen wird,
und kein Verdacht einer nicht
gehö-
rigen Verwendung Platz greifen
kann.
Hiemit wurde die Sitzung
geschlossen.
Hammer-Purgstall
Ed Fenzl
ABaumgartner
Av. Ettingshausen
FWolf
ASchrötter
Aug. Pfizmaier
P. Partsch
Joseph Arneth
Jos. Bergmann
Grillparzer
Stampfer
Whaidinger