Gesamtsitzung am 29. Juli 1848

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A. 15.


Kaiserliche Akademie der Wissenschaften.


Protokoll


der Gesammtsitzung am 29. Juli 1848.


Anwesend: der Präsident der Akademie Freiherr Hammer-Purgstall
der" Vice Präsident" der" Akademie" Baumgartner
der" General-Secretär vonv. Ettingshausen
der" 2te Sekretär" Wolf


die wirklichen Mitglieder Arneth
Stampfer
Haidinger
Chmel
Palacky
Schrötter
Bergmann
Kollar
Burg
Fenzl
Pfizmaier


Verhandlungen.


I. Der General-Secretär liest
einen Erlaß des Herrn Minister des In-
nern vom 25. Juli an das Präsidium der
Akademie vor, worin demselben kund ge-
geben wird, daß Sr. Majestät mit allerhöchstera.h. Ent-
schließung vom 26. Juni und 17. Juli die von
der Akademie am 24. Mai Vorgeschlagenen
zu wirklichen Mitgliedern ernannt und
sämmtliche Wahlen correspondirender Mit-
glieder genehmiget haben.


Ferner legt der General Secre-
tär ein Schreiben des Hofraths Martius zu
munchen vor, worin derselbe für seine Er-
nennung zum correspondirenden Mitglie-
de dankt.


Dann eine Zuschrift der Direction

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des geognostisoch-montanistischen
Vereins für Innerösterreich und das Land
ob der Enns, worin der Dank derselben
für die dem Vereine zugewendete Unter-
stützung von 100 Guldenfl.Gulden ausgesprochen wird.


II. Der Secretär der historisch-
philologischen Classe trägt folgende
Ansuchen dieser Classe vor:


a) HerrHr. kaiserlicherK. Rath Bergmann sieht
sich genöthiget zur Fortsetzung und
Beendigung seines rühmlichst bekann-
ten Werkes: "Medaillen auf berühm-
te und ausgezeichneter Männer des
österreichischen Kaiserstaates vom 16ten
bis zum 19ten Jahrhunderte" die Unter-
stützung der Akademie in Anspruch
zu nehmen, da sein bisheriger Ver-
leger sich auf diese für die österrei-
chische Geschichte und Ikonographie
doch so wichtigen Unternehmung nicht
weiter einlassen will. Sechs Hefte
und davon im Druck; das 7te und 8te
sind druckfertig und werden unge-
fähr 20 Bogen geben; mit dem 9ten und
10ten Hefte, die eben soviel Druckbo-
gen ausfüllen dürften, denkt er das
Werk zu schließen.


Die historisch-philologische
Classe hat in Anbetracht der Wichtig-
keit und Verdienstlichkeit des Werkes,
und daß es eine Schande für die öster-
reichische Literatur wäre, ein solches
Werk aus Mangel an Unterstützung
unvollendet zu lassen, in ihrer Sitzung
von 5. Juli dieses Jahresd. J. einstimmig beschlos-
sen, bei der Gesammtakademie den
Antrag zu stellen, vorerst nur zur Be-

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streitung der Druck- und Stichko-
sten und als Honorar für die druck-
fertigen Hefte 7 und 8, die noch heu-
er herausgegeben und aus der
heurigen Dotation noch bestrit-
ten werden können, dem Herrn
Verfasser 40 Guldenfl.Gulden. ConventionsmünzeC. M. propr. Druckbo-
gen bewilligen zu wollen.


Sie behält sich für das nächste
Jahr vor, ihren Antrag wegen der
Drucklegung der noch übrigen Hefte
9 und 10 der Gesammt-Akademie
mitzutheilen.


Wird einstimmig genehmiget.


b) HerrHr. Regierungsrath Ar-
neth hat die Classe ersucht, sich bei
der Gesammtakademie zu ver-
wenden, damit ihm Behufs der Fort-
setzung seiner wahrscheinlich durch
die Akademie zu veröffentlichenden
Arbeiten über das kaiserlich-königlichek.k. Münz und
Antiken-Cabiet, zu denen schon
eine Menge Zeichnungen und Be-
schreibungen vorliegen, die Auf-
nahme eines Kupferstechers bewil-
liget werde, welcher ein Honorar
von monatlich 20 Guldenfl.Gulden ConventionsmünzeCM verlangt.
Die Classe hat umsomehr be-
schlossen sich für diesen Antrag zu
verwenden, als nicht nur die von
HerrnHrn. Regierungsrath Arneth an-
gebotenen neuen Arbeiten der
Akademie nur zur Ehre gereichen
werden, sondern auch dieser Kupfer-
stecher zugleich für die der Akade-
nie zur Unterstützung vorgeschla-
gene Fortsetzung des Medaillen-
Werkes des HerrnHrn. KaiserlichenK. Raths Bergmann

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verwendet werden kann, und sie
trägt daher darauf an, diesen
Kupferstecher vorläufig für 15 Mo-
nate auf Kosten der Akademie für
diese beiden Unternehnungen mit
monatlich 20 Guldenfl.Gulden, aufzunehmen, was
also eine Auslage von 300 Guldenfl.Gulden ConventionsmünzeCM
geben wird.


Die Auslage wird einstim-
mig zugestanden.


c) Die kaiserliche Akademie
hat in einer früheren Gesammt-
sitzung dem Herrn DoctorDr. Pfizmaier
Behufs einer wissenschaftlichen
Reise nach Holland die Summe
von 1000 Guldenfl.Gulden ConventionsmünzeC.M. bewilliget. HerrHr. DoctorDr.
Pfizmaier ist durch Privatverhält-
nisse gehindert, diese Reise zu un-
ternehmen und hat die Classe er-
sucht, sich nun dahin zu verwenden,
daß ihm das bewilligte Reisestipen-
dium und eine fernere Unter-
stützung der Akademie zu Theil
werde, um sein fast vollendetes
japanisches Wörterbuch sogleich
in Druck legen zu können; in die-
sem Falle wolle er selbst die Druck-
legung besorgen, und werde der
Akademie die fertigen Druckbogen
seiner Zeit vorlegen. Das Werk
werde in drei Bände vertheilt, un-
gefähr 300 Druckbogen füllen. Er
bürge übrigens für die brauchbar-
keit und Nützlichkeit dieses Werkes,
dessen Herausgabe, wie er hoffe,
der Akademie zur Ehre gereichen
werde.


Die Classe trägt nun an,
daß HerrnHrn. Pfizmaier vor der Hand

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die als Reisestipendium bewillig-
te Summe von 1000 Guldenfl.Gulden ConventionsmünzeCM. zu dem
Beginne der Drucklegung seines
japanischen Wörterbuches belassen
werde, und zwar in der Art, daß
er zur Vergütung der Kosten und
Mühen für den Druckbogen 50 Guldenfl.Gulden
ConventionsmünzeCM. bekomme und also für die vor-
läufig in bewilligende Summe von
1000 Guldenfl.Gulden ConventionsmünzeCM. 20 Druckbogen vorzu-
legen habe. In demselben Verhält-
niß wolle sie ihn in Zukunft die
fernere Unterstützung der Aka-
demie zu erwirken suchen.


HerrHr. DoctorDr. Pfizmaier erklärt, daß
er in Berücksichtigung der in der
letzten Classen-Sitzung vom Herrn
Regierungsrath Auer gemachten Be-
merkungen es nunmehr vorziehe, sein
Werk auf dem Wege der Lithographie
statt des Druckes ausführen zu lassen.


Der HerrHr. Vice-Präsident be-
merkt, daß es hiebei auf die Anzahl
der auszufertigenden Exemplare we-
sentlich ankomme, da der lithographi-
sche Druck, der dabei nöthigen größe-
ren Sorgfalt wegen, theurer sei als
der Typendruck.


HerrHr. DoctorDr. Pfizmaier äußert,
daß ein solches Werk der Natur nach
nur eine geringere Auflage an-
sprechen könne, und daher in die-
sem Falle nicht wohl auf mehr als
300 Exemplare anzutragen seyn
dürfte.


Die Akademie genehmiget
den Vorschlag der historisch-philo-

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logischen Classe, dem DoctorDr. Pfizmaier
1000 Guldenfl.Gulden als Unterstützung zur Her-
ausgabe seines japanischen Wörter-
buchs statt der früher beantragten
Reise zu bewilligen und überläßt
HerrnHrn. Dr. Pfizmaier die Besorgung
des Druckes seines Werkes, in der
voraussetzung, daß er seinem Ver-
sprechen gemäß, für eine anständ-
ge Ausstattung desselben Sorge
tragen werde.


d) HerrHr. Regierungsrath Chmel
hat der historisch-philologischen Classe
einen Plan zur Errichtung eines hi-
storisch-archäologischen Vereines
in wien vorgelegt, welcher im Prin-
cip von der Classe angenommen
wurde. (der Secretär las nun die-
sen Plan aus dem Correcturbogen des
III. Heftes der Sitzungsberichte, in
welchem er SeiteS. 33-38 aufgenonmen
ist vor).


Der HerrHr. Präsident wiederholt
in Kürze die Hauptpuncte des Planes
und fügt bei, daß er nicht jeder der
darin gemachten Forderungen seine
Zustimmung geben könne. So müsse
er sich insbesondere dagegen erklär-
ren daß der historische Verein von
der Akademie Unterstützungen im
Gelde beziehe, denn es hätten in sol-
chem Falle die in den Provinzen be-
findlichen Vereine das Recht ein Glei-
ches zu fordern, wodurch die Dotation
der Akademie zu sehr belastet würde.
Der HerrHr. Vice-Präsident be-
merkt, daß der Zweck, welchen der

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beantragte historische Verein erfül-
len solle, kein anderer sey, als der
der historischen Classe selbst. Deßhalb
erscheine ihm die Nothwendigkeit die-
ses Vereines nicht begründet.


Herr Regierungsrath Chmel
vertheidiget den von ihm gemachten Vor-
schlag. Die historische Classe der Aka-
demie zählt nur wenige Mitglieder;
diese können der großen Menge der
nöthigen Hilfsarbeiten nicht genügen;
die Akademiker stehen auf einer höheren
Stufe, auf welche man Alle setzen
könne, welche doch an historischen Forschun-
gen auf eine verdienstliche Weise Theil
zu nehmen vermögen. Die Ausschlie-
ßung von der Akademie wurde sol-
che Männer der Wissenschaft entziehen,
wenn nicht ein mit der Akademie in
Verwendung, ja unter ihrem Schutze
stehender Verein diese schätzbaren
Kräfte aufnimmt und einiget. Ein
historischen Verein wird in wien
in langer Zeit, vielleicht gar nicht
zu Stande kommen, wenn nicht die
Akademie dahin wirkt, ihn ins Leben
zu rufen. Und doch bedarf unser Land
unter der Enns einer besonderen
Pflege Massen von Material liegen
noch unberührt da. Es wäre auch
eine des historischen Vereines
würdige Aufgaben das österreichi-
che Kaiserthum zum Gegenstande
seiner Arbeit zu machen, nicht bloß
die Geschichte vor der Vereinigung
der österreichischen Länder und seit
1526, sondern auch die neueste Geschich-

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te desselben seit Maria Theresia
ist bei weitem nicht hinreichend be-
arbeitet. Im Herzen der Akademie
soll die Geschichte allerdings ihre vor-
züglichste Pflege erhalten, aber auch
nicht versäumt werden zahlreiche Mit-
arbeiten zu gewinnen; hiezu führt
vornehmlich ein historischen Verein.


Der Präsident frägt, ob nicht
ein solcher Verein mit dem bereits be-
stehenden innerösterreichischen in
Verbindlung zu bringen wäre, an
den er sich anschließen könnte.


Herr Regierungsrath Chmel
entgegnet, daß es zweckmäßiger
erscheine, wenn ein wiener Verein
selbstständig wirkt.


ProfessorProf. Schrötter spricht sich für
die Ansicht des Herrn Vice-Präsi-
denten aus, die historische Classe
solle durch ihre eigenen Kräfte die
Geschichte pflegen Gibt es in wien
zwölf oder fünfzehn Männer, wel-
che hiezu geeignet sind, so solle sich
die Classe mit selben vermehren. Die
Bewilligung hiezu wird sie erhal-
ten, wenn sie sich darum bewirbt,
gerade so wie wir uns neue Mit-
glieder für Philosophie, Staatswissen-
schaft und theoretische Medicin ver-
schafft haben. So ausgerüstet braucht
dann die historische Classe keinen
besonderen historischen Vereine ne-
ben sich ins Leben rufen.


HerrHr. Regierungsrath Chmel
entgegnet, daß auf untergeordne-
te Leute dadurch, daß sie Geschichts-

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quellen ausfindig machen, was Ge-
fahr läuft verloren zu gehen erhalten,
der Wissenschaft sehr nützliche Hilfe
leisten können; bei der Akademie
findet mehr Ausschließung statt
als bei einem Vereine; überhaupt
findet ein wissenschaftlicher Verein
mehr Theilnahme; nicht jedes Mit-
glied eines solchen Vereins wäre
schon geeignet Akademiker zu seyn.
Der vorgeschlagenen Verein würde
die Akademie ergänzen und die
Wissenschaft populärer machen.
Palacky ergreift das Wort.
Der Verein soll sich auf wien und
Unterösterreich beschränken, Alter-
thümer sammeln und bewahren. Ich
bin dafür, daß das Werk entstehe, a-
ber nicht die Akademie soll sich da-
bei betheiligen. Entweder ist Sinn
für ein solches Unternehmen im Volk
vorhanden oder nicht. Findet das
erstere statt, erkannt man das
Bedürfniß, so wird sich ein histo-
rischer Verein bilden lassen; ich wün-
sche, daß er sich bilde, jedoch außer-
halb der Akademie. Hat die Akade-
mie Fonde, so mag sie den außer-
halb ihr zu bildenden Verein einige
Zeit unterstützen; der Verein soll
sich aber jedenfalls authonomisch
constituiren. Seit dem letzten Male
meines Hierseyns hat sich gar Man-
ches ergeben, was für uns nur in
einer fernen Zukunft zu liegen
schien. Die Akademie kann ihre Auf-
gabe höher fassen, ihren Arbeiten einen

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größern Umfang geben, sie findet
für sich hinreichend zu thun und mag
das Uibrige dem selbst thätigen Stre-
ben Anderer überlassen.


HerrHr. Vice-Präsident erklärt,
daß er sich mit der Unterstützung
anderer Vereine durch Geldbeiträ-
ge von Seite der Akademie nicht
vereinigen könne; eine solche Ver-
wendung der Geldmittel streitet
gegen den Zweck der Akademie.
Wenn von unserer Seite andere
Körperschaften, wie die geognosti-
schen Vereine Geldbeiträge erhalten
haben, so ist dieß gegen meine
Ansicht geschehen, die Mehrheit der
Stimmen, welcher ich mich gerne
füge, war dafür, aber es hätte
meiner Meinung nach durchaus
nicht geschehen sollen. Jeder Geld-
verwendung muß ein bestimm-
ter Zweck zum Grunde liegen. Die-
sen festzustellen ist eben Sache der
Akademie. Sie soll selbst thätig
seyn. Gibt sie aber Anderen Geld,
und überläßt ihnen zugleich die
Wahl wofür es verwendet werden
soll, so beweist sie dadurch, daß
sie nicht hinreichend versteht selbst
zu arbeiten. Hiedurch wird sich am
leichtesten die Ansicht verbreiten,
daß die Akademie nicht hinrei-
chend thätig sey.


haidinger: Da den geogno-
stischen Vereinen auf meinen Vor-
schlag Geldbeitrage bewilliget wor-
den sind, so muß ich mich rechtfer-

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tigen, diese Art der Unterstützung
ist ganz dem Sinne des §. 1 der Sta-
tuten gemäß. (Er liest die hier auf
sich beziehende Stelle; der HerrHr. Vice-
Präsident bestreitet, daß selbe ge-
nau auf diesen Fall passe).


Fenzl: Es wird sich hier viel-
leicht ein medius terminus finden
lassen. Die Akademie soll ihre Fonde
nicht für Gesellschaften außer ihr
verwenden, aber dieß hindert nicht,
daß einzelne ihrer Mitglieder als
Centralpuncte der Arbeiten Ande-
rer wirken; diese Thätigkeit kann
sie unterstützen, sie kann die sol-
cher Weise entstehenden Arbeiten
in ihre Schriften aufnehmen und
durch ihre Geldmittel fördern.


Palacky: Vor Allem, so glau-
be ich soll die Akademie die För-
derung der Wissenschaft wünschen.
Dieses Ziel steht höher als die Form
in welcher es angestrebt wird. Was
namentlich die Archäologie des
Mittelalters betrifft, so ist eine
Anregung hiezu allerdings noth-
wendig. Die Wissenschaft soll sich
erst bilden, sie ist im Werden, die
Zeitverhältnisse sind nicht günstig,
aber sie ist nothwendig; daher
vergeudet die Akademie ihre Fonde
nicht zwecklos wenn sie darauf
einwirkt und Opfer bringt Ver-
eine zu solchem Zwecke ins Leben
zu rufen; aber diese Vereine sol-
len sich authonomisch bewegen;
Die Akademie soll nicht bloß Local-

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Zwecke verfolgen, sondern die Wis-
senschaft sich vor Augen halten.


Vice-Präsident: Ich muß mich
gegen eine solche Verwendung der
Galdmittel erklären. Mir scheint
die Akademie nicht berechtiget
einem Andern eine Geldsumme
zu übergeben, damit er sie nach
seinem Gutdünken verwende. Wenn
man einen Vereine in Vorhinein
etwas bewilliget ohne sein Wirken
nach zu kennen und bevor er um
eine Unterstützung ansucht, so ist
dieß der Akademie nicht ange-
messen. Sie kann nur ganz be-
stimmte Zwecke unterstützen,
nur zu einer bestimmten Arbeit
Geld bewilligen. Wenn Jemand um
Geld bittet, wird die Akademie
gewiß erst nach dem Zwecke fra-
gen zu welchem er es haben will.
Wenn wir einem Vereine Geld geben,
so ist dieß viel zu unbestimmt.
Wenn ein Verein ein bestimmtes
Erzeugniß ins Leben ruden will
und die Hilfe der Akademie dazu
anspricht, dann liegt es in der Be-
stimmung der Akademie zu ent-
scheiden, ob und in wie ferne hie-
zu hilfreiche Hand geboten wer-
den könne. Ich protestirt nur ge-
gen die Unbestimmtheit bei der
die Akademie die Verantwortung
der Geldverwendung von sich ab-
schiebt.


Palacky: Beim historischen
Fach ist das Erste, fast die Haupt-

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sache, das Sammeln. Dieß ist auch
das Kostspieligste. Der Archäolog
des Mittelalters kann nicht schon vor-
her die Früchte bringen wollen; sei-
ne Arbeiten werden daher vor der
Hand unbestimmt seyn, die Mühe,
die er sich erst geben wird, erfor-
dert schon Unterstützung, daher
mag die Akademie immerhin
einen Verein hiezu unterstützen,
jedoch soll sich dieser für sich selbst
und außer ihr bilden.


Chmel: In dem Augenblick,
in welchem die Akademie einen hi-
storischen Verein uns Leben rufe, ist
es unerläßlich, daß sie ihm mit
Geldmitteln zu Hilfe komme. Ohne
solche kann er keinen Wirksamkeit
entfalten und nichts drucken lassen.
Greift ihm aber die Akademie solcher
Weise unter die Arme, so gehört er
zur Akademie, er ist eine Erwei-
terung derselben. Ich bin überzeugt,
daß ein historischer Verein ohne die-
Akademie nicht zur Existenz gelan-
gen wird. Uibrigens verkenne ich
nicht, daß es auch dabei Schwierig-
keiten geben wird. Die Stimmung
ist jetzt mehr dagegen. Viele wol-
len davon nichts wissen, sie geben
vor nicht unter der Vormundschaft
der Akademie stehen zu wollen.


Arneth: Wir haben Staats-
sammlungen aller Art, worin
Material in Menge vorhanden
ist, welches zu vermehren man
sich eifrig bemüht, und gerne zu

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Studien hergibt. Es scheint also
auch aus diesem Gesichtspuncte
der angeregte Verein nicht so noth-
wendig zu seyn. Der durch ihn be-
absichtigte Zweck wird erreicht, wenn
sich die Akademie mit den erwähn-
ten Staatsanstalten in enge Ver-
bindung setzt.


Bergmann: Die niederöster-
reichischen Stifter wollten vorei-
niger Zeit zusammen treten um
vaterländische Geschichte zu pfle--gen. Jedes wollte 100 Ducaten
geben. Es sollten die Stifter auf-
gefordert werden diesen Plan
auszuführen. Wie ich mich selbst
überzeugt habe, ist von dieser
Seite her in Niederösterreich
noch sehr wenig für Geschichte
gethan worden.


Schrötter: Alles was bisher
gesprochen worden bestätiget nur,
daß, was hier von einem Vereine
verlangt wird, die Mitglieder
der Akademie namentlich die cor-
respondirenden leisten sollen.
Dann wird auch die Akademie den
gebührenden Ruhm erndten.


Es wird um über die Frage
abgestimmt, ob eine Anregung
zur Bildung des vorgeschlagenen
historischen Vereines von der Aka-
demie ausgehen solle?


Für die Theilnahme der Aka-
demie stimmen: Pfizmaier, Fenzl,
Burg, Kollar, Bergmann, Haidin-
ger
, Stampfer.

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dagegen aber: Schrötter, Palacky,
Chmel, Arneth, Wolf, v. Ettingshausen.
Baumgartner, v. Hammer-Purgstall.
Der Gegenstand wurde so-
nach mit 8 Stimmen gegen 7
fallen gelassen.


III. Die General-Secretär
brachte nun die Ansuchen der ma-
thematisch-naturwissenschaftlichen
Classe vor.


a) Es hat Prof.essor Schrötter den
Vorschlag gemacht, eine für grö-
ßere Belastungen geeignete
Wage von größter Empfindlichkeit
durch den hiesigen Mechaniker Kusch
ausführen zu lassen. Hiedurch
wird theils erzweckt, dem Antrag-
steller sowie auch andern wissen-
schaftlichen Forschern ein Instrument
in die Hände zu geben, dessen sie
bisher, da sich ein solches in keinen
hiesigen Museum befindet, ent
behren mußten; andererseits
werde dadurch ein vorzüglicher
Künstler unterstützt, welchen
wir bei den gegenwärtigen miß-
lichen Zeitumständen, welche ei-
nen Mangel an Arbeit herbeige-
führt haben, für die Wissenschaft
zu verlieren Gefahr laufen wür-
den, soferne er gezwungen wä-
re eine andere Beschäftigung
zu suchen. Der Preise des ver-
langten Instrumentes dürfte sich
auf 6-700 Gulden belaufen. Die
Classe habe sich für den Ankauf

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einer solchen Wage unter der Vor-
aussetzung erklärt, daß es Hrn
Prof.essor Schrötter nicht gelingen sollten
die Unterrichtsbehörde zur Bewil-
ligung dieses Instrumentes für
das chemische Laboratorium des
polytechnischen Institutes zu ver-
mögen, zu welchem Behufe Prof.essor
Schrötter vorerst das gehörige
Ansuchen an das Unterrichts-Mi-
nisterium zu stellen habe.


Der Antrag wird unter
der soeben ausgesprochenen Be-
dingung einstimmig genehmi-
get.


b) HerrHr. Prof.essor Dr. Unger zu Gratz
hat der Akademie zwölf Bilder
mit erläuternden Texte unter
dem Titel "Landschaftliche Dar-
stellungen vorweltlicher Perioden"
mit dem Ersuchen dieselben her-
auszugeben, vorgelegt. Die Classe
hat den Gegenstand einer Com-
mission zugewiesen, doch ist es
noch nicht zu einem Berichte der-
selben gekommen, weil die Mit-
glieder derselben sich der Kosten
willen die ein solche Werk in
Anspruch nehmen würde und we-
gen des Umstandes, daß es doch
weniger dem Gebiete strenger
Wissenschaft angehört, sondern
mehr eine sinnreiche Hypothese
veranschaulicht, noch nicht zu ei-
nem bestimmten Entschlusse
über das Ansuchen Prof.essor Unger

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vereinigen konnten. Nun aber
sehgehe HerrHr. Prof.essor Unger in einer
vor wenigen Tagen angekomme-
nen Zuschrift von dem ursprüng-
lichen Ansuchen ab, und beschrän-
ke sich bloß darauf eine Beihilfe
von 400 Gulden zur Deckung sei-
ner eigenen vorauslagen anzu-
sprechen, wobei er sich anheischig
macht, selbst für die Herausgabe
seines Werkes zu sorgen, für
welches er bereits einen Verle-
ger in Aussicht habe.


Dieses Ansuchen wird ein-
stimmig genehmigt, und der Ge-
neral-Secretär ermächtiget dem
Prof.essor Unger die gewünschten 400 fl.Gulden
zu verabfolgen.


c.) HerrHr. Dr. Schmidl habe die
Theilnahme der Akademie für
ein von ihm beabsichtigtes unfas-
senderes Werk über die Geogra-
phie des österreichischen Kaiser-
staates angesucht. Hierüber ist
bereits in der mathematisch-na-
turwissenschaftlichen Classe verhan-
delt worden. (Der Secretär führt
hier die Hauptpuncte des Gesuches
und des vom Herrn Generalen von
Hauslab an die Classe erstatteten
Berichtes an).


Da der Gegenstand vor-
nehmlich auch das Gebiet der an-
deren Classe berührt, so sey beschlos-
sen worden, ihn vor die Gesammt-
Akademie zu bringen. Zunächst
handle es sich jetzt nur um den

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Punct des Gesuches, in welchem
Dr. Schmidl um eine Unterstützung
zur Vornahme einer Reise in bisher
noch nicht hinlänglich erforschte
Gegenden des österreichischen
Staates bittet, und worüber er sich
in einer Zuschrift dahin erklärt,
daß er gegenwärtig Siebenbür-
gen zu bereisen beabsichtige.


Nach einer kurzen Besprechung
in welcher die daran theilnehmen-
den Mitglieder ihre Abneigung,
diesem Gesuche unter den gegen-
wärtigen Verhältnissen zu will-
fahren an der Tag legen, beschließt
die Akademie auf des Ansuchen
für jetzt nicht einzugehen.


IV. HerrHr. Bambas zu Carnosic bit-
tet auf Grundlage einer an Hrn
Secretär Wolf eingesandten schrift-
lichen Arbeit um ein Zeugniß,
daß er sich mit Erfolg den Sprach-
studien zugewendet habe, damit
er sich dadurch vor der ihm drohen-
den Recrutirung schützen könne.


HerrHr. Secretär Wolf erklärt den
Aufsatz erst nach dem Schlusse der
historisch-philologischen Classen-
Sitzungen erhalten zu haben, weß-
wegen er nicht mehr vorgenommen
werden konnte.
Die Akademie ersucht Hrn
Wolf das Schreiben des Hrn Bambas
mit Bestätigung des Empfanges
seiner Arbeit zu beantworten.


V. Der General-Secretär
legt den gedruckten Commissions-

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Bericht über die Refornen der Sta-
tuten und der Geschäftsordnung
vor und vertheilt Exemplar dessel-
ben an die anwesenden Mitglie-
der mit dem Bemerken, daß der-
selbe auch sogleich den übrigen
wirklichen Mitgliedern mit der
Aufforderung zur Erstattung ih-
rer Äußerungen darüber zuge-
sendet werde.


Da Akademie ordnet zur
Fassung eines bestimmte Ent-
schlusses über diesen Gegenstand
nach Berücksichtigung der einge-
gangenen Gutachten eine außer-
ordentliche Gesamtsitzung der
im wien wohnenden wirklichen
Mitglieder auf Samstag den 7. Octo-.
ber an und beauftragt den Gene-
ral-Secretär in der Zuschrift an
die auswärtigen Mitglieder das
Ersuchen auszusprechen, ihre Bemer-
kungen vor Ablauf Septembers ein-
zusenden.


Herr Prof.essor Schrötter überreicht
ein versiegeltes Paket zur Aufbe-
wahrung.


Hiemit wurde die Sitzung
geschlossen.


v.Hammer-Purgstall


ABaumgartner


AvEttingshausen


FWolf