Gesamtsitzung am 23. December 1848
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A. 18.
Kaiserliche Akademie der Wissenschaften.
Protokoll
der Gesammtsitzung am 23. December 1848.
Anwesend: Der Präsident Freiherr v. Hammer-Purgstall
" Vice-" Baumgartner
"General- Secretär v. Ettingshausen
" zweite " Wolf.
Die wirklichen Mitglieder: Prechtl
Arneth
Chmel
Schrötter
Hyrtl
Auer
Bergmann
Kollar
Fenzl
Pfizmaier
Diemer
Heckel
Diesing
Verhandlungen.
I. Der Secretär macht
bemerk-
lich, daß Exemplare des gedruckten
Verzeichnisses der Sitzungen im
Jahre 1849 zur Vertheilung an
die Mitglieder vorliegen.
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II. Von den Herren Burnouf, Fuchs
in München, Gmelin in Heidelberg
sind Dankschreiben für ihre
Ernen-
nung zu correspondirenden
Mit-
gliedern eingegangen.
Berzelius's Wittwe zeigt den
Todesfall ihren Gemahls an.
Es wird im Erwägung der hohen
Verdienste des Verewigten um die
Wissenschaft beschlossen, an die
Frau Baronin ein Beileidschreiben
ergehen zu lassen.
III. Der Secretär ersucht um
die Ermächtigung im Namen der
Akademie an sämmtliche Mitglieder
ein Ersuchschreiben um Mittheilung
autobiographischer Notizen zu richten.
Wird zugestanden.
IV. Die mathematisch-naturwissen-
schaftliche Classe sucht durch ihren
Secretär um nachstehende
Geld-
bewilligungen aus der Dotation
für des Verwaltungsjahr 1849 an:
a. für Hrn Martin zu weiterer
Unterstützung seiner
photographi-
schen Arbeiten, von welchen eine
sehr gelungene Probe vorgezeigt
wird, 100 fl.Gulden;
b. an das wirkliche Mitgliedw. M. HerrnHrn. Diesing als
Honorar für die ersten Abtheilung
seines auf Kosten der Akademie
in Dank zu legenden und von
der-
selben herauszugebenden Werkes:
"System der Helminthen", 1500 fl.Gulden;
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c. zum Ankauf des Pöppig'schen
Her-
bars zum Gebrauch des w. M. Hrn
Fenzl, 1500 fl.Gulden;
d. für Hrn v. Morlot zur
Ausfüh-
rung eines Apparates und Anstellung
von Versuchen über Dolomitbildung, 300 fl.Gulden;
e. zum Ankaufe von Material für
anatomische Untersuchungen des w. M.
Prof.essor Hyrtl, 500 fl.Gulden, dann für
Be-
zahlung eines Zeichners während des
Jahrs, monatlich 20 fl.Gulden;
f. zur Unterstützung einer
chemischen Arbeit der Hrn Patera, 100 fl.Gulden
Sämmtliche Ansuchen werden
einstimmig zugestanden.
V. Bezüglich des Ansuchens, die
Unterstützung für Hrn Patera
betreffend, macht der Secretär die
Bemerkung, daß die
mathematisch-
naturwissenschaftliche Classe dieses
Ansuchen auf Anregung des Hrn
Bergrath Haidinger gestellt
habe, daß jedoch aus dem
dieß-
fälligen Vorträge des Hrn
Berg-
rathes entnommen worden sey,
daß die Vorlegung von Arbeiten,
durch welche die Würdigkeit des
Hrn Patera zu einer
Berücksichti-
gung von Seite der Akademie
be-
thätiget wird, zuerst in der
Gesell-
schaft der Freunde der
Naturwissen-
schaften stattgefunden habe. Dem
gemäß hat sich der Wunsch kund
gegeben, daß Arbeiten, welche die
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Akademie unterstätzen soll, ihr
zu-
erst vorgelegt werden; es dürfte daher
zur Beseitigung aller
Mißverständ-
nisse für die Folge zweckmäßig seyn,
wenn die Akademie den Grundsatz
aussprechen wollte, daß sie nur
jene Arbeiten zu veröffentlichen
und mit Unterstützungen zu
bethei-
len gesonnen sey, die ihre zuerst
vorgelegt werden.
Dieser Grundsatz wird
einstim-
mig anerkannt.
Es entsteht weiter das
Verlan-
gen, daß derjenige, welcher von der
Akademie eine Unterstützung
emp-
fängt, auch gehalten sey, der
Aka-
demie zuerst die Ergebisse der
damit-
vollführten Arbeit vorzulegen,
woran sich die Frage knüpft, ob diese
Bedingung dem Hrn Patera in der
Zuschrift, worin ihm die Ertheilung
der oben bezeichneten
Unterstüt-
zung kundgegeben wird, ausdrücklich
zu stellen sey, wobei es dem
Gene-
ral-Secretär überlassen bliebe,
das Schreiben dergestalt abzufassen,
daß es Hrn Patera nicht verletzend
erscheint, oder ob jede Hinweisung
auf diese Bedingung im
vorlie-
genden Falle noch wegzubleiben habe.
Die Akademie entscheidet
einhellig, es sey in dem
Schrei-
ben an Hrn Patera darauf
hinzu-
weisen, daß die Akademie
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der unmittelbaren Mittheilung
der Resultats entgegen sehe.
VI. Der General-Secretär
ersucht zur Revision seiner
Geld-
verrechnungen, für die zweite
Hälfte das abgelaufenen
Ver-
waltungsjahres, zwei Censoren,
von jeder Classe Einen, zuernennen.
Die Herren Kollar und
Bergmann werden angegangen,
diesem Geschäfte sich zu
unter-
ziehen, wozu dieselben ihre
Be-
reitwilligkeit erklären.
VII. Die vier Beamten des
Universal-Cameral-Zahlamtes,
welche die Cassegeschäfte der
Akademie besorgen, ersuchen
um Ertheilung einer
Remune-
ration für des
Verwaltungs-
jahr 1848, und bringen dazu eine
Gesammtsumme von 500 fl.Gulden in
Antrag, mit dem Beisatze, daß
sie sich auch der künftighin
ver-
mehrten Geschäften mit diesem
Remunerationsbetrage
be-
gnügen wollen.
Der Secretär liest die Stelle
aus dem Erlasse Sr. kaiserlichen
Hoheit des Herrn Erzherzog
Curators vom 9. Jänner l. J.
worin auf Ertheilung von
Re-
munerationen an die
Casse-
beamten hingewiesen wird,
und entwickelt ausführlich
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einwenden, daß die Akademie bereits
an das Universal-Cameral-Zahlamt
gewiesen sey und sich an diese
Ver-
fügung zu halten habe, ferner
bemerkt HerrHr. Regierungsrath
Auer, daß man dann vielleicht
einer Remuneration an die
Be-
amten des Zahlamtes erst nicht
entgehen würde, weil die gesammte
Dotation nicht auf einmal, sondern
nur nach Bedarf in geringeren
Beträgen vom Unversal-Cam-
ral-Zahlamte an die Casse des
Institutes verabfolgt werden dürfte.
Schlüßlich vereinget man sich dahin,
die Ertheilung der Remuneration
an die Beamten des Universal-
Cameral-Zahlamtes, da die Geschäfte
sich nicht gleich bleiben und auch das
Personal einem Wechsel
unter-
worfen ist, nicht nach einer
fort-
während giltigen Normen zu
bestim-
men, sondern von Jahr zu Jahre
abge-
sondert zu beschließen, für die bis
zum Ende des Verwaltungsjahres
1848 vorgefallenen Geschäfte,
deren Anfang thatsächlich
gerin-
ger war, aber 300 fl.Gulden zu bewilligen.
VIII. Nunmehr war der Bericht
des Secretärs über die
Verhandlun-
gen der, vermöge Beschlußes der
Akademie vom 11. Septenber
verstärk-
ten Revisions-Commission für
Sta-
tuten und Geschäftsordnung an der
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Tagesordnung.
Der HerrHr. Präsident erklärte, daß die in
der ohne sein Vorwissen
veranstalte-
ten Sitzung am 11. September
ge-
faßten Beschlüße ihm fremd seyen,
und er es sonach für angemessener
erachte, die Sitzung jetzt zu
ver-
lassen und die Leitung der
Verhandlun-
gen an den Hrn Vice-Präsidenten, der
damals den Vorsitz führte, abzutreten.
Der Secretär berichtet wie folgt:
Obgleich die Commission nach dem
Be-
schluße der Akademie von 25. November
nunmehr bloß Maßregeln, welche
eine Vervollkommnung der
Geschäfts-
ordnung betreffen, hätte vornehmen
sollen, so haben sich doch in der
Zusammentretung am 2. December
gewichtige Gründe herausgestellt,
die Reformangelegenheit der
Sta-
tuten nicht ganz fallen zu lassen.
Die Commission meinte von der
be-
reits begonnenen Arbeit nicht abgehen
zu können, ohne die Akademie dem
allgemeinen Tadel bloß zu stellen.
Früher habe nen Reformen für
dringend erkannt, daher könne man
jetzt nicht das Gegentheil annehmen,
gerade jetzt müsse man Reformen,
eben, weil sie wirklich nöthig sind, in
Antrag bringen, sonst wird die
Akademie der Vorwurf treffen
sie habe sich nur so lange thätig
zei-
gen wollen, als sie Angriffe von
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Seite der demokratischen Partei zu
besorgen hatte. Auch sey es ganz gegen
parlamentarische Regeln, eine
Com-
mission zu ernennen, und sie dann, ohne
ihren Bericht gehört zu haben, wieder
ihrer Arbeit zu entheben.
Demge-
mäß hat die Commission ihre Revision der
Statuten wieder aufgenommen und zu
Ende geführt. Sie erkannte es aber für
passender auf die urspüngliche Form
des Antrage des Hrn Bergrath
Hai-
dinger zurückzukehren, wornach Sr
Majestät nicht neue Statuten zur
Sanction vorzulegen waren, sondern
es sich nur darum handelte, um
Ab-
änderungen gewisser Puncte der
Sta-
tuten anzusuchen. Bei der zweiten
Zu-
sammentretung am 9. December, als die
Besprechung der in den Bereich der
Geschäfts-
ordnung fallenden Anträge an die Reihe kam,
stellte sich in der Commission die Ansicht fest,
daß es durchaus nicht dringend sey, jetzt auf
diesen Gegenstand einzugehen, sondern
derselbe füglich einer späteren
Gelegen-
heit überlassen werden könne, da von der
Beziehung der auswärtigen Mitglieder,
wozu erst die Feierliche Sitzung im Mai
Gelegenheit bietet, keine neuen
Geschäfts-
normen, wie sie hier gewünscht worden
sind, als ein zweckmäßigerer
Wahlmo-
dus u. dgl. in Ausübung zu bringen sind.
Als der Secretär zum Vortrage der
für Puncte der Statuten von der Commission
beantragten Abänderungen schreiten wollte,
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beantragte HerrHr. Prof.essor Schrötter aus dem Grunde, weil
die Urheber der wichtigisten Vorschläge, nämlich
HerrHr. Bergrath haidinger wegen Krankheit und
Baron v. Münch wegen Geschäften nicht
zuge-
gen seyen, die Verhandlung über diesen
Gegen-
stand der nächsten Sitzung vorzubehalten.
Dieser Vorschlag fand allgemeine Zustimmung
wobei der HerrHr. Vice-Präsident noch den Wunsch
aus-
sprach, daß die beiden Hrn Mitglieder von
Se-
cretär darauf aunfmerksaun gemacht werden
mögen, wie sehr ihre Gegenwart bei der nächsten
Sitzung erwünschlich sey.
Der Secretär brachte nun den von der
Commission beschlossenen Antrag vor, die
Angelegenheit wegen Unterordung der
Hofsammlungen unter Leitung der Akademie durch
eine Eingabe an der Ministerrath neuerdings
in Gang zu bringen. In dieser Eingabe sollte
vorzüglich der Ministerrath darauf
auf-
merksam gemacht werden, daß die
Aka-
demie das Eigenthumsrecht dieser
Samm-
lungen ganz außer Augen lassen, sondern
bloß die Verwaltung derselben entspreche,
ferner sollte zur Beseitigung eines mit
Grund zu besorgenden Anstands
hervor-
gehoben werden, daß die Akademie
ledig-
lich der wissenschaftlichen Theil des Haus- Hof-
und Staats-Archivs in Obhuth zu nehmen
wünsche, und sich keine Einsicht in den
offi-
ziellen, noch geheim zu haltenden, anzumaßen,
die Absicht habe. Auch sollte in der Eingabe
der Unterschied zwischen der Akademie als
An-
stalt zur Erweiterung der Wissenschaft,
und den Unterrichtsanstalten, recht in
das Licht gestellt und darnach auch die
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Verschiedenheit der den beiden Zwecke dienen-
Sammlungen
den Anstalten dargelegt werden.
HerrHr. Dr. Fenzl sey von der Commission mit der
Abfassung dieser Eingabe betraut worden.
Nachdem HerrHr. Custos Fenzl seinen
Auf-
satz vorgelesen hatte, äußerte sich
allge-
mein die Besorgniß, daß eine längere, wenn
auch vortrefflich geschriebene Eingabe, leicht
das Schicksal erfahren könnte, von den so
sehr beschäftigten Ministern, ungelesen
bei Seite gelegt zu werden, auch wäre nicht
das so verbrauchte Mittel der Abordnung
einer Deputation, zur Übergabe eines
solchen Gesuche zu ergreifen, mit weit
größerem Erfolge würde der HerrHr. Vice-
Präsident mit Beziehung auf die frühere
Eingabe, sich bei dem Hrn Minister-Präsidenten
und dessen Geneigtheit für das Anliegen der
Akademie mündlich bewerken, wobei er bloß
ein kurz gefaßten Promemoria zu
über-
reichen hätte.
Da der HerrHr. Vice-Präsident diesem
Ansin-
nen der Akademie zu entsprechen sich
be-
reit erklärte, auch HerrHr. Dr. Fenzl die
Herstellung des nöthigen kurzen
Aufsat-
zes übernahm, so wurde die
Angele-
genheit den beiden Herren überlassen
und hiemit die Sitzung geschlossen.
Hammer-Purgstall
ABaumgartner
AvEttingshausen
FWolf