Gesamtsitzung am 9. Jänner 1849
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A. 20.
Kaiserliche Akademie der Wissenschaften.
Protokoll
der Gesammtsitzung am 9. Jänner 1849
Der Präsident Freiherr Hammer-Purgstall
Der" GeneralGeral-Secretär vonv. Ettingshausen
Der" zweite Sekretär" Wolf
Anwesend:
die wirklichen Mitglieder Prechtl
Partsch
Arneth
haidinger
Chmel
Schrötter
Koller
Kollar
Burg
Fenzl
Pfizmaier
Fitzinger
Diemer
Heckel
Diesing
Freiherr Feuchtersleben
Rochleder
Die correspondirenden Mitglieder Boller
Goldenthal
Hessler
Löwe
Reméle
reissek
Salomon
Wertheim Theodor
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Verhandlungen.
Der Gegenstand dieser au-
ßerordentlichen Sitzung, wozu nachdem
am 28. December gefaßten Beschluße
auch die correspondirenden Mitglieder
eingeladen wurden, war die Bericht-
erstattung über die von den Mitglieerstattung über die von den Mitglie-
dern gemachten Anträge zu Vorlesundern gemachten Anträge zu Vorlesun-
gen an der Universität in Folge der
Aufforderung des Unterrichts-Ministe-
riums und die Beschlußfassung über
die demselben zu ertheiltende Antwort.
Der General-Secretär gab
eine Übersicht der in Betreff des ge-
nannten Gegenstands eingegangenannten Gegenstands eingegange-
nen Erklärungen. Diese waren fol-
gende:
A. Von den wirklichen Mitgliedern
ist HerrHr. Custos Partsch erbötig im
nächsten Winter über Meteoriten
und Characteristik der Gebirgsarten
jedoch nur im Mineralien-Cabinete
und für nicht mehr als 16-20 Zuhörer
vorzutragen.
HerrHr. Regierungsrath Arneth
weiset darauf hin daß er seine
Vorträge ohnedieß schon freiwillig
erweitert habe, ist aber dennoch
zu einer Vermehrung des Gegen-
standes durch Verdoppelung der Vorstandes durch Verdoppelung der Vor-
lesestunden erbötig.
HerrHr. Bergrath haidinger
macht bemerklich, daß in seinen
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Vorträgen für die kaiserlich-königlichenk. k.
Bergbeam-
ten, welche am montanistischen
Museum gehalten werden, noch
für andere Zuhörer Raum sey, und
daß ein Gleiches auch von den
übrigen Vorträgen am
montani-
stischen Museum gelte, über
wel-
che er ein Verzeichniß beischließt.
Professor Schrötter bereit
eine Reihe von Vorträgen über
in Theorie der Chemie zwei Mal
in der Woche abzuhalten, für ein
Auditorium, welches bereits mit
den wichtigsten chemischen
Thatsa-
chen bekannt ist.
HerrHr. Regierungsrath Koller
erbietet sich zu Vorträgen über
wissenschaftliche Astronomie
zu-
nächst über sphärische Astronomie.
HerrHr. Custos Bergmann
er-
bietet sich die Lectüre aus der
griechischen Literatur, welche er
mit Homer jetzt schon in
Lyce-
al-Classe am Schotten-Gymna-
sium beginnt, nach Eröffnung der
Vorlesungen an der Universität
daselbst fortzusetzen.
HerrHr. Custos Kollar ist bereit,
jedoch für jetzt erst vom April an,
über Classen wirbelloser Thiere,
Cru-
staceen, Arachniden, Insecten 2
Stunden wochentlich im Naturalien-
Cabinete vorzutragen.
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HerrHr. Regierungsrath Burg ist
zwar jetzt nicht in der Lage dem
ge-
machten Ansinnen zu entsprechen,
je-
doch wenn es seine Berufsgeschäfte
gestatten werden in der Folge
er-
bötig, sich an außerordentlichen
Vorlesungen an der Universität über
Gegenstände der reinen oder
ange-
wandten Mathematik zu betheiligen.
HerrHr. Custos DoctorDr. Fenzl macht
sich anheischig vom Mai
angefan-
gen jedem Samstag Eine Stunde
über botanische Organographie nd
Morphologie zu lesen, auch
Excur-
sionen in die Umgebung von wien
vorzunehmen.
vonv. Karajan erklärt sich
bereit über altdeutsche Literatur
und Sprachen an der Universität
vorzutragen, in einem Semester
wöchentliche 2 Stunden, mit Beihilfe
der Erklärung eines anziehenden
altdeutschen Denkmals.
HerrHr. Custos-Adjunct Fitzinger
ist bereit über Wirbelthiere überhaupt,
oder nach Verlangen über einzelne Zweige
dieses Theiles der Zoologie, während der
Sonmermonate wochentlich 2-3 Stunden
im kaiserlich-königlichenk. k. zoologischen Museum zu lesen.
HerrHr. Scriptor Diemer ist
Willens außerordentliche
Vorlesun-
gen über deutschen Sprache und
Li-
teratur des 11. u. 12. Jahrhunderts
mit besonderer Rücksicht auf
Oesterreich zu halten und bei
gün-
stigem Erfolge bereit, selbe in
Vorlesungen über altdeutsche
Lite-
ratur überhaupt zu erweitern.
HerrHr. Custos-Adjunct Heckel
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will wochentlich 1 Stunde auf
Vor-
träge über Ichthyologie in den
Loca-
litäten der ihm anvertrauten
Samm-
lung verwenden. Diese würden im
Mai beginnen und nach drei
Mona-
ten beendigt seyn.
HerrHr. Custos-Adjunct DoctorDr. Diesing
sieht sich genöthigt seine
Vorlesun-
gen bis zur Vollendung seiner
Arbeit "Systema Helminthum" zu
verschieben.
Baron Feuchtersleben will
seine frühern Vorträge über
An-
thropologie, jedoch in einem
kleine-
ren Cyclus und mit Beseitigung
des speziell-ärztlichen Zweckes
wie-
der aufnehmen.
vonv. Ettingshausen erbietet
sich, außer den ihm obliegenden
Vorle-
sungen, in einigen Stunden
wochent-
lich noch Vorträge über seltener
vertretene höhere mathematische
Fä-
cher als höhere Arithmetik,
Wahr-
scheinlichkeitsrechnng, Mechanik
des Himmels u. d. gl. zu halten,
und würde zunächst über höhere
Arithmetik nach Gauss und Legendre
vortragen.
B. Von den correspondirenden
Mitgliedern ist HerrHr. DoctorDr. Boller
be-
reit, neben seinen bisherigen
Vorlesungen über Sanscritsprache
noch über Mythologie des Orients,
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dann über Hesiods Theogonie in
je-
dem Gegenstande 2 Stunden wochentlich
vorzutragen. Sollte kein griechischer
Klassiker gelesen werden, so würde er
statt Hesiod, Bruchstücke aus Homer
oder Sophokles vornehmen.
Professor DoctorDr. Gintl ist, sobald
es seine Amtsgeschäfte erlauben werden
zu Vorträgen über Electromagnetismus
mit Rücksicht auf Telegraphie erbötig.
HerrHr. DoctorDr. Goldenthal ist bereit
täglich wenigstens 1 Stunde zu geben
und zwar: über vergleichenden
Gram-
matik der hebräischen Sprache; über
ein rabbinisch-philosophisches
Litera-
turwerk; über Texte der heiligen
Bü-
cher in cursorischem Durchlesen
vor-
zutragen, jeden dieser Gegenstände
in 2 Stunden wochentlich.
Ritter v. Hauer erbietet sich
außer seinen Vorträgen über
Paläon-
tologie am montanistischen
Muse-
um noch zu einem Wintercurs
von 2 Stunden an der Universität,
über Geologie der geschichteten
Ge-
birge unter voraussetzung der
Beischaffung des nöthigen
Hilfsma-
terials.
HerrHr. General vonv. Hauslab
gegenwärtig durch Dienstgeschäfte
in Anspruch genommen, ist in der
Folge nicht abgeneigt an der
Univer-
sität über die Naturgesetze der Be-
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schaffenheit der Erdoberfläche,
gewöhn-
lich Terrainlehre genannt, Vorträge zu
halten.
Professor Hessler will an der
Universität über die Wärme mit
Rücksicht auf Bedürfnisse des practischen
Lebens vortragen, etwa vom April
oder Mai angefangen durch wochentlich
3 Stunden.
Dr. Redtenbacher erbietet
sich zu demonstrativen Vorträgen am
Hof-Naturalien-Cabinete über
Termi-
nologie und Systematik der Insecten
während der Sommermonate, doch wegen
Geschäften erst in der Folge.
HerrHr. Custos-Adjunct reissek
will während der Sommermonate
3 mal in der Woche über die Flora
und Vegetationsverhältnisse der
österreichischen Monarchie, dann eben
so oft über angewandte Botanik im
botanischen Universitätsgarten
vor-
tragen. Über beide Vorträge legte
er ein Programm vor.
Professor Salomon ist
er-
bötig über einen der nachbenannten
Zweige der Mathematik, jenachdem
sich das Bedürfniß ausspricht,
vor-
zutragen. a) Differenzial und
In-
tegral-Rechnung, 2 Semester,
wo-
chentlich 3 Stunden, vornehmlich für
Studirende der Physik. b) Arithmetik,
Algebra, Wahrscheinlichkeitsrechnung
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4 Stunden, vornehmlich für
Camerali-
sten. c) Goniometrie, Trigonometrie,
analytische Geometrie, 2 Semester 3
Stun-
den. d) Gesammte Elementar-Mathe-
matik, wochentlich 5 Stunden.
HerrHr. Theodor Wertheim erbietet
sich über gerichtliche Chemie, 2-3 Stunden
wochentlich vorzutragen; ist jedoch,
wenn es gewünscht wird, auch zu
an-
dern chemischen Vorträgen bereit.
Die Herren Bauernfeld,
Birk, Löwe, Reméle, Schott und
Seidl haben mit Berufung auf
ihre-
besonderen Verhältnisse ablehnend
geantwortet.
HerrHr. Bergrath haidinger,
wel-
cher schon früher einen Antrag über
die dem Ministerium des
Unter-
richtes zu erstattende Antwort
angezeigt hatte, erhielt nun das Wort.
Er äusserte, daß bei der
Beantwor-
tung der an die Akademie
ergange-
nen Aufforderung Alles auf die
Stellung der Akademie zum Ministe-
und ankomme. Bei ihrer
Grün-
dung hatte die Akademie eine
excep-
tionelle Stellung der Staatsgewalt
ge-
genüber; bei nunmehr gänzlich
ge-
änderten Verhältnissen sey es aber
an der Zeit zu fragen, welche Stellung
die Akademie nun einnehmen solle,
insbesondere, welche ihrer Stellung zum
Unterrichts-Ministerium sey. Die Auf-
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gabe der Akademie sey Förderung
der Wissenschaft durch Erweiterung
derselben; das Unterrichts-Mini-
sterium hat die Pflicht für Verbreitung
der Wissenschaft zu sorgen. Der
Akade-
mie muß wohl eine unabhängige
Stellung zugestanden werden. Nun
aber fordert man die Akademiker auf
zu Vorlesungen an der Universität
sich herbeizulassen, ohne daß ihnen
dafür eine Entschädigung zugesagt
wird; dieß heißt den Akademikern
ohne weiters eine Steuer auflegen,
die sehr beträchtlich ist: Es erscheint
nothwendig diesen Puncte in dem
Ant-
wortschreiben nicht unberührt zu lassen.
Der Werth des Akademiker wird hier
sehr gering geschätzt, man nimmt
ihre Zeit, ihre Kraft, für Vorlesungen
in Anspruch, für eine Leistung,
wel-
cher jüngere Kräfte auch schon
gewach-
sen sind die noch nicht auf dem
Höhe-
puncte der Akademie stehen, während
die Akademiker selbst für Erweiterung
der Wissenschaft, wie es ihre eigentliche
Bestimmung fordert, viel
ersprieß-
licher thätig seyn könnten. Wenn sich
Akademiker zu Verlesungen
hierbei-
lassen, so muß dabei ihre eigene
völ-
lig freie Bestimmung gesichert
blei-
ben, jeder wie immer geartete Zwang
ferne gehalten werden. In diesen Sinne
habe er die leitenden Gedanken für die
Antwort an das Unterrichts-Ministerium
zu Papier gebracht.
Der General-Secretär
ersuch-
te den Hrn Bergrath um Einhändigung
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des Aufsatzes und las denselben vor
(Siehe Z. 28.)
HerrHr. Prof.essor Schrötter hatte dem
Ge-
neral-Secretär vor der Sitzung den
Aufsatz eines Antrages (Siehe Z. 27)
über-
geben. Da dieser Antrag dem Secretär
mit dem vorhergehenden in naher
Be-
ziehung zu stehen schien, so erachtete es
für angemessen
derselbe bevor die Debatten beginnen,
auch diesen vorzulesen, womit sich
HerrHr. Prof.essor Schrötter einverstanden
er-
klärte.
Nach einer Besprechung zwischen
dem Hrn Präsidenten, Baron
Feuchters-
leben und Prof.essor Schrötter über die Art,
wie die beiden Anträge in
Verhand-
lung zu nehmen seyen, äußerte der
General-Secretär:
Es liegt hier ein bestimmter
Gegenstand vor; das Unterrichts-
Ministerium hat die Akademiker
eingeladen sich bei Wiedereröffnung
der wiener Universität durch
außer-
ordentliche Verlesungen an derselben
zu betheiligen. In der Sitzung vom
28. December wurde einstimmig
be-
schlossen dieser Einladung Folge zu
geben und dem gemäß sämmtliche
wirkliche und correspondirende
Mit-
glieder um die schiftliche
Erklärung-
zur Übernahme solcher Vorlesungen
anzugehen. Eine namhafte Anzahl
hie-
von erklärte die Bereitwilligkeit hiezu;
die verehrte Versammlung hat soeben
den Bericht hierüber vernommen. Für
jetzt scheint also nichts weiter zu thun,
als das Unterrichts-Ministerium von
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den gemachten Anträgen der Herren
Akademiker durch eine genaue
Mitthei-
lung derselben in Kenntniß zu setzen.
Er bitte, das hierauf sich beziehende
Antwortschreiben verfassen und
unver-
züglich, an das Unterrichts-Ministerium
abgehen lassen zu dürfen.
Allein, da das Unterrichts-Mini-
sterium sich nun an die Akademie
ge-
wendet hat, so könnte die Akademie
allerdings diesen Anlaß ergreifen
um eine nähere Beziehung der Akademie
zu dem Ministerium anzubahnen. Er
müsse gesehen, daß er bei Lesung des
Ministerialerlasses eine ganz andere
Anforderung an die Akademie erwartet
habe. Es sey ihm dabei die Stellung der
Akademien anderer Länder, den
Ministe-
rien gegenüber, vor Augen gewesen.
In Frankreich ist es die Akademie der
Wissenschaften, welche von den
Mini-
stern zu Rathe gezogen wird, wenn es
sich um Einrichtungen von
Lehranstal-
ten und Besetzung von Lehrkanzeln
handelt: In diesem Verhältnisse stand
die pariser Akademie zu den
Machtha-
bern unter den Königen, wir zur Zeit
der ersten Republik, ferner unter
dem Kaiserreiche, unter der Julius-
Dynastie, und auch jetzt ist dies
Ver-
hältniß kein anderes. Sonach war zu
erwarten, daß unser Unterrichts-Mini-
sterium auch der Akademie fragen
werde, wir die Studienanstalten
ein-
zurichten, welches die geeignetsten
Män-
ner seyen, die an die wiener-Lehr-
stühle zu berufen wären, nicht aber uns
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selbst einladen, die Stellen der
Profes-
soren zu vertreten. Nun ist es aber
nicht so gekommen, wir sollten daher
die Sachlage nehmen, wie sie ist, kein
Unterrichts-Ministerium idealisiren,
sondern dem gestellten Ansinnen im
Interesse der guten Sache mit aller
Be-
reitwilligkeit entgegen kommen, also
für jetzt einfach, wie soeben
vorgeschla-
gen worden, antworten. Was noch
wei-
ter zu bemerken wäre, können wir
später nachfolgen lassen, jedoch
müß-
te dieses wohl überlegt werden; die
Vorsicht gebietet einen guten Rath nur
dann zu ertheilen, wenn man die
ge-
hörige Fähigkeit ihn zu würdigen
voraussetzen darf.
Baron Feuchtersleben erklärt,
daß er dem General-Secretär
bei-
stimme. Für den Augenblick
erwie-
dere man die Einladung des
Ministe-
riums durch Mittheilung der Anträge
der Mitglieder: In Folge der Berathung
hierüber ist aber die
Aufmerksam-
keit der Akademie einer Frage
theor-
tischer Natur zugewendet worden.
Es handelt sich um einen Gegenstand
der an die Wurzel des Lebens der
Akademie greift, um die Frage nach
dem Verhältnisse der Akademie der
Wissenschaften überhaupt, zu dem
Mi-
nisterium überhaupt. Im Ganzen
und die Akademien freie
Körperschaf-
ten zur Erweiterung und höchsten
Aus-
bildung der Wissenschaften; das
Mini-
sterium ist die gesetzliche Oberbehörde
für die Organisation des Unterrichtes.
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Genauer betrachtet kann die
Ausbil-
dung des Unterrichtes nicht
zweckmäßi-
ger bedacht werden, als wenn dabei
auch die Erweiterung der Wissenschaft
in Auge behalten wird; daher bilden
die Akademien ganz eigentlich die
Kör-
per, an welche die Ministerien des
Unterrichtes zur Einholung des Rathes
dessen sie bedürfen, gewiesen sind.
Es ist also nur höchst wünschenswerth
bei uns einen Zustand herbeizuführen,
wie er anderwärts, namentlich in
Frankreich besteht. Er habe sich, während
er das Amt der Unterstaats-Secretärs
im Ministerium des Unterrichts
be-
gleitete, immer die Akademie als
die Autorität gedacht, an welche auf
das Ministerium zu wenden habe,
und sey Willens gewesen sich vom
Ministerium aus an die Akademie
zu adressiren. Da das Ministerium
hier nun nicht die Initiative
er-
giffen, so möge die Akademie dies
gelegenheitlich thun. Die jetzige
Aufforderung des Unterrichts-Mini-
steriums hat offenbar nur den Zweck,
einem augenblicklichen Bedürfnisse
abzuhelfen. Es wird hier nur
zeit-
weilig die Gefälligkeit der Akademie
in Anspruch genommen. - Der
zwei-
te Antrag, um den es sich
gegen-
würdig handle, könne so gefaßt
werden, daß die Akademie
beschlie-
ßen wolle, des Verhältniß, in
wel-
chem sie zu dem Unterrichts-Mini-
sterium zu stehen hat, in Überlegung
zu ziehen und in einer darnach zu
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entwerfenden Eingabe auseinander
zu setzen.
Der Herr Präsident stellte nun
die Frage, ob Niemand dagegen etwas
einzuwenden habe, daß dem
Unter-
richts-Ministerium in der vom
Ge-
neral-Secretär beantragten Weise
beantwortet werde?
HerrHr. Regierungsrath Chmel spricht
den Wunsch aus, daß man in der
Antwort an das Unterrichts-Mini-
sterium darauf hinweis, welche
Mühewaltung die Akademiker mit
Vorträge an der Universität
über-
nehmen, und daß eine Entschädigung
dafür billig sey.
Der HerrHr. Präsident erwidert,
daß ja, wenn eine Vergütung der
übernommenen Vorträge
angespro-
chen werde, das Verdienst des
frei-
willigen und uneigennützigen
Antrages der Akademie hinwegfalle.
HerrHr. Regierungsrath Chmel
entgegnet, daß in dieser Hinsicht
ein Auskunftsmittel zu Gebote
ste-
he. Die Akademie möge aus ihrer
Dotation einen Betrag etwa
eini-
ge Tausend Gulden zur Honorirung
der Akademiker bestimmen, welche
sich zu Vorträgen herbeigelassen
haben. Er spreche da nicht für sich,
denn er selbst sey nicht in der Lage
Vorlesungen zu geben, da ihm die mit
seiner Stellung verbundene Pflicht
des Amtsgeheimisses große Vorsicht
gebiete.
Der General-Secretär äußert,
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es sey zu vermuthen, ja ganz
ge-
wiß, daß für die Universitäts-
Vorträge Honorare gefordert
wer-
den können. Es seyen ihm zwei
Fäl-
le bekannt, daß das Unterrichts-
Ministerium auswärtigen Gelehrten
den Antrag gemacht hat, gegen eine
Besoldung von 1000 Gulden als
au-
ßerordentliche Professoren nach wien
zu kommen. Nun ist es aber klar,
daß ein Professor in wien mit
die-
sem Gehalte nicht bestehen kann. Es
ist unnöthig dieß hier weiter zu
begründen. Das Unterrichts-Mini-
sterium müßte, wenn es erlaubt
ist sich des Ausdruckes zu bedienen,
wahnsinnig geworden seyn, wenn
es annehmen wollte, daß ein
sol-
cher Professor keine weitern
Einkünf-
te als 1000 Gulden haben solle. Wenn
er das Unterrichts-Ministerium
auch in wissenschaftlichen Dingen
für incompetent halte, so könne
er ihm doch nicht eine solche
Außer-
achtlassung der offenbarsten
mensch-
lichen Verhältnisse zumuthen. Es ist
also gewiß, daß an der
Universi-
tät von den Zuhörern Honorare
be-
zahlt werden. Diese können sonach
auch von den vortragenden
Akade-
mikern gefordert werden.
Nach einigen geringfügigeren
Bemerkungen des Baron Feuchtersleben
und des General-Secretärs über
die-
sen Punct wiederholt der HerrHr.
Präsi-
dent seine frühere Frage bezüglich des
Antrages des General-Secretärs,
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und da Niemand etwas dagegen
erinnert, wird derselbe als
ange-
nommen erklärt.
Der Herr Präsident geht nun
auf die zweite Frage über und
be-
merkt, daß es zur Erledigung
der-
selben vor Allem wichtig sey zu
wis-
sen, welchem Ministerium der
Aka-
demie unterstehe. Auf keinen Fall
könne dieses das Unterrichts-Mi-
nisterium seyn. Es bleibt bloß die
Wahl zwischen dem Ministerium des
Innern, und wie jüngsthin
vor-
geschlagen wurde, jenem des
Hau-
ses. Er habe diesen Puncte
mehrma-
len zur Sprache gebracht und auch den
gegenwärtigen Herrn Minister des
Innern darüber zu sprechen
ge-
wünscht; derselbe sey aber bis jetzt
noch nicht für ihn zu sprechen
gewe-
sen. Es erscheint gedachter Punct um
so wichtiger, da der Curator
ferner-
hin nicht mehr bestehen kann. Unter
dem früheren System war Er der
Vermittler zwischen der Akademie
und dem Kaiser, im
constitutio-
nellen Staate hätte der Curator
zwischen der Akademie und dem
Mini-
ter zu stehen, was einerseits ganz
über-
flüssig, andererseits aber mit der Würde
des Erzherzoges unverträglich ist.
Baron Feuchtersleben erklärt
sich damit einverstanden, daß der
Cura-
vor wegfallen müsse. Welchem
Ministe-
rium aber die Akademie zugewiesen
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werde, erscheine ihm nicht von großem
Belange. Er halte dafür, daß das
Mini-
sterium des Unterrichts das passendste
wäre, so ferne es wünschenswerth ist,
daß die Akademie mit dem
Unterrichts-
wesen im Verbande stehe.
Der HerrHr. Präsident widerspricht
dieser Ansicht. Erweiterung der
Wissen-
schaft, und Ertheilung des Unterrichtes
sind verschiedene Zwecke. Die
Unterstel-
lung der Akademie unter das
Unter-
richts-Ministerium, würde die
Ge-
fahr beständinger Verwechslungen
beiden Zwecke herbeiführen und dadurch
die Wesenheit der Akademie gefährden.
Auch das Beispiel Frankreich, wo die
Akademie der Wissenschaften dem
Mi-
nisterium des Innern untersteht,
läßt keinen Zweifel hierüber übrig.
HerrHr. Prof.essor Schrötter spricht die
Meinung aus, daß sein Antrag die
Anträge der Herren haidinger und
Baron Feuchtersleben in sich fasse;
er bestehe durchaus nicht auf dem
Wortlaute seines Antrages, er trage
auf Ernennung einer Commission
an, welche unsere Unterichts-Ver-
hältnisse in Erwägung ziehen soll.
Indem dieß geschieht müssen alle
vorher berührten Fragen in Betracht
kommen; es könne der Commission
hierin der freieste Spielraum
ge-
lassen werden.
HerrHr. Regierungsrath Prechtl
meint, die Aufstellung der
beantrag-
ten Commission sey nicht nöthig; man
thut unseren Unterrichtsanstalten Un-
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recht, wenn man sie für so schlecht
aus-
gibt, daß sich sogar die Akademie mit
der Abhilfe der Uibel beschäftigen müsse.
Ein solches Unternehmen ist ein Eingriff
der Akademie in den Geschäftsbereich
des Ministeriums. Es genügt, wenn
die Akademie dem Ministerium im
Allgemeinen ihre Bereitwilligkeit
er-
klärt, ihm auch in jeder anderen
Hin-
sicht dienlich zu seyn.
Baron Feuchtersleben erinnert,
daß es sich nach seiner Ansicht nicht um
das Unterrichtswesen im Allgemeinen,
sondern nur um die Erörterung des
Verhältnisses der Akademie zum
Unter-
richts-Ministerium handle. Er trage
darauf an eine Commission zu
ernen-
nen, welche diesen Gegenstand in
Erwä-
gung ziehen und der Akademie das
Resultat berichten soll.
HerrHr. Regierungsrath Prechtl
erklärt sich auch gegen diese
Com-
mission. Er findet sie nicht an der
Zeit. Die Akademie kann sich dem
Unterrichts-Ministerium nicht
auf-
drängen, sie kann höchstens im
All-
gemeinen durch Erklärung ihrer
Be-
reitwilligkeit das Ministerium
an-
regen sich ihrer Beirathes zu bedienen.
Bergrath haidinger und Prof.essor
Schrötter erklären sich bereit, ihre
Anträge mit jenem des Baron .
Feuchtersleben zu vereinigen.
Da auf die Anfrage des Hrn
Präsidenten, außer Hrn
Regierungs-
rath Prechtl, Niemand sich gegen
die Commission ausspricht, wird zur
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Ernennung der Mitglieder
dersel-
ben geschritten. Als solche werden
be-
zeichnet die Herren Antragsteller
nämlich: haidinger, Schrötter und
Baron Feuchtersleben, dann der
General-Secretär, ferner Herr
Minsterialrath Exner und
Regier-
ungsrath Koller, endlich die Herren
Fenzl und Arneth.
Hiemit wurde die Sitzung
ge-
schlossen.
v. Hammer-Purgstall
ABaumgartner
AvEttingshausen
FWolf