Gesamtsitzung am 21. Juli 1849
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A. 28.
Kaiserliche Akademie der Wissenschaften.
Protokoll
der Gesammtsitzung am 21. Juli 1849
Der Vice-Präsident Baumgartner als Stellvertreter
Anwesend:
des Präsidenten
Der General-Secretär vonv. Ettingshausen
Der" zweite Sekretär-:- Wolf
Die wirklichen Mitglieder Arneth
Stampfer
haidinger
Chmel
Redtenbacher
Hyrtl
Bergmann
Kollar
Burg
Doppler
Fenzl
Pfizmaier
vonv. Karajan
Fitzinger
Diemer
Kudler
Heckel
Diesing
Rokitansky
Skoda
Springer
Brücke.
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Verhandlungen.
I. Der Herr Vice-Präsident
eröffnete die Sitzung mit einigen
einleitenden Worten worin er die
Veranlassung auseinandersetzte, aus
welcher diese Sitzung, welche
ur-
sprünglich auf den 28. d. M. bestimmt
worden, am heutigen Tage Statt finde.
Seine Majestät haben nämlich, wie
bereits in den Classensitzungen Kund
gegeben wurde, den bisherigen Herrn
Präsidenten auf sein Ansuchen seiner
Stelle zu entheben geruht. Nach der
Geschäftsordnung trete der Vice-Präsi-
dent vorläufig in die Functionen
des Präsidenten. Da er jedoch seit
län-
gerer Zeit die auf eine bevorstehende
Urlaubsreise sich beziehende
Vorkeh-
rungen getroffen habe, und eine
Änderung hierin ihm und Anderen
sehr beschwerlich geworden wäre,
so sey er genöthiget gewesen zu
die-
sem Auskunftsmittel zu schreiten,
wel-
ches gewiß keines der verehrten
Mit-
glieder belästigen dürfte.
II. Der Herr Vice-Präsident
theil-
te hierauf mit, daß ihm eine Zuschrift
des Hrn Prof.essor Stampfer zugekommen
sei, welcher darauf aufmerksam
ma-
che daß unser Ehren-Mitglied Gauss
kürzlich sein 50jähriges Doctor-Jubi-
läum gefeiert habe und den Antrag
stelle diesen hochstehenden Gelehrten
von Seite der Akademie deßhalb,
mit-
tels eines eigenen Schreibens zu
bei-
glückwünschen.
Der Antrag wird einstimmig
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angenommen und der General-
Secretär mit Abfassung dieses
Schrei-
bens beauftragt.
III. Der Secretär legt folgende
eingegangenen Stücke vor:
a) Einen Erlaß des Ministers
und Curator-Stellvertreters wegen
Genehmigung der Aufnahme von
Fuss als corresp. Mitglied der
mathematisch-naturwissenschaft-
lichen Classe.
b) Einen Erlaß des
Ministe-
riums des Handels wegen
Verstän-
digung der auswärtigen Consulate
die Zwecke der Akademie in Bezug
auf Aquisition von Naturalien
und Alterthümer zu fördern.
Zur Kenntniß genommen.
c) Ein Schreiben des Prof.essor Cäsar
zu marburg worin er statt der
berliner Universität die dortige
Akademie in das Tauschverhältniß
der Schriften aufzunehmen
vor-
schlägt.
Wird bestimmt das
Tauschver-
hältniß auch mit der berliner-
Universität aufrecht zu erhalten.
d) Ein Antrag des historischen
Vereines zu luzern etc. zum
gegen-
seitigen Austausch der Schriften.
Wird zugestanden.
IV. Der General-Secretär
trägt folgende Ansuchen der
philoso-
phisch-historischen Classe vor:
a) Herr Regierungsrath Chmel
knüpfte an seinen sehr anerkennen-
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den Bericht über das von Herrn
Dor Heider, Assistenten bei der
Bib-
liothek der Akademie der bildenden
Künste, der Akademie überreichte
Werk über die Thiersymbolik die
Be-
merkung, daß der Verfasser ein
grö-
ßeres Werk, wovon jenes
eigent-
lich nur eine Probe, über die
Alter-
thümer von schongrabern
vorberei-
tet habe, das nach dieser Peobe zu
urtheilen und nachdem was er sonst
davon gesehen nicht nur für die
Al-
tertumskunde Oesterreichs
son-
dern des Mittelalters überhaupt
von großer Bedeutung sei, daß
aber der Verfasser aus Mangel
an Unterstützung nicht erscheinen
lassen könne. Er glaube daher,
daß sich die Akademie ein Verdienst
um die vaterländische Archäologie
und um die Wissenschaft
über-
haupt erwerben dürfte, wenn sie
durch einen
Unterstützungsbei-
trag die Erscheinung dieses
Wer-
kes ermöglichte.
Die Classe beschloß in Folge
die-
ses Berichtes und dieser
Auffor-
derung einstimmig bei der
Gesammtakademie den Antrag
zu stellen, Herrn Heider durch
einen Unterstützungsbeitrag von
300 fr. CM. die Herausgabe des
ob-
genannten Werkes möglich zu
machen.
Der Antrag wird ohne
Ein-
spruch angenommen.
b) Herr Doctor Letteris hat
an die kaiserliche Akademie das
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Ansuchen gestellt, ihm zur
Her-
ausgabe von Rabbi-Ha-Kohen's
Geschichte der Judenverfolgungen
eine Unterstützung von 100 fr CM.
zu bewilligen, wofür er sich
ver-
pflichte, ihr 50 Exemplare davon
zur Verfügung zu stellen.
Die mit der Begutachtung
dieses Gesuches beauftragte
Commis-
sion hat sich dahin geäußert, daß
das fraglichen Werk zwar nicht den
hohen Werth und die Seltenheit habe,
die ihm der Bittsteller beilegt,
und daß dessen Mühewaltung
bei Herausgabe desselben sich nur
auf die Besorgung, Überwachung
und Correctur der Druckes
be-
schränken könne, da er es völlig
zum Druck vorbereitet, mit
Vorrede und Anmerkungen
ver-
sehen von dem berühmten
He-
bräisten Luzzato erhalten habe;
daß aber eben die Sorge und die
Ausstattung, die dieser Gelehrte
darauf verwandt, schon die
Erschei-
nung dieses Werkes
wünschens-
werth machen, und daß Herr
Dor Letteris seine sonnstigen
Ver-
dienste um die hebräische Literatur
durch die Mühe die er auf dessen
Drucklegung verwenden wolle,
immer auf eine
unterstützungs-
würdige Weise vermehren werde.
Die phil.-hist. Classe hat daher
beschlossen, zwar nicht auf volle
Gewährung des Gesuches des
Bittstellers anzutragen; jedoch
bei der Gesammtakademie da-
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hin sich zu verwenden, daß
ihm 50 fr. CM. als Beitrag zur
Bestreitung der Druckkosten
be-
willigt werden, ohne ihn zur
Über-
lassung von 50 Exemplaren zu
verpflichten
Dieser Antrag veranlaßte
den Herrn Vice-Präsidenten zu
der Bemerkung daß um die
Aka-
demie von dem Vorwurfe zu
si-
chern, als unterstütze sie Jemand
in der unbefugten Herausgabe
der Arbeit eines Andern, es
nö-
thig sei dem Bittsteller die
Be-
dingung zu setzen, daß er auf
dem Titelblatte oder in der
Vor-
rede den Antheil klar ersichtlich
mache, den er an dem Werke habe;
unsererseits
ohne jedoch hierin weiter in
eine vorläufige Censur, wie er
dieser Bedingung genügen werde,
einzugehen.
Herr Regierungsrath Chmel
bemerkt dagegen, daß es wohl
genüge, wenn der Sachverhalt
in den Sitzungsberichten berührt
werde, wolle man dem
Bitt-
steller eine Bedingung
vorzeich-
nen, so wäre es billig, ihm
den vollem Betrag der
Unter-
stützung um die er gebeten
nämlich 100 fr. zuzuerkennen.
Der Herr Vice-Präsident
stellt nun zuerst die Frage, ob
irgend ein Betrag dem Doctor
Letteris unbedingt oder nur
gegen die angeführte Bedingung
zuzusprechen sei?
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Bei der Abstimmung
erklär-
ren sich bloß Chmel und Wolf
für unbedingte Bewilligung,
und ersterer nur imsofern für
eine bedingte, wenn 100 fl.Gulden
gege-
ben würden. Alle übrigen
Stim-
men sprechen sich für die
vorge-
schlagene Bedingung aus.
Der Herr Vice-Präsident
fragt nun weiter, ob unter der
zu stellenden Bedingung nach dem
Vorschlage der Classe 50 fr, oder wie
jetzt eine Stimme angedeutet,
100 fr zugestanden werden.
Bei der Abstimmung
er-
klären sich bloß Brücke, Kudler,
Fenzl, Chmel für die Bewilligung
von 100 fl.Gulden, die übrigen aber
für 50 fl.Gulden
Somit wurde die Bewilligung
einer Unterstützung von 50 fr
für Dor Letteris unter der
Bedin-
gung, daß er seinen Antheil an
dem Werke ersichtlich mache,
zu-
gestanden.
V. Der General-Secretär
trägt nun ein Ersuchen der
ma-
thematisch-naturwissenschaftli-
chen Classe vor, um Bewilligung
von 250 fl.Gulden für die in der Sitzung
dieser Classe vom 14. Juni
beschlos-
sene Bereisung des östlichen
Ab-
hanges der Manhartsberges zur
Untersuchung des dortigen
ter-
tiären Beckens durch Herrn Cziczek,
k. k. Rechnungsofficial.
Das Ansuchen wird ohne
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weitere Bemerkung
zugestan-
den.
VI. Der General-Secretär
macht bemerklich, daß die von
der mathematisch-naturwis-
senschaftlichen Classe zur
Zuer-
kennung der Honorare für die
während des vorigen Jahres zu
den Denkschriften gelieferten
Abhandlungen, bestellte
Commis-
sion sich veranlaßte gesehen habe
auf die Arbeiten für die
Sitzungs-
berichte Bedacht zu nehmen,
um-
somehr, als später, bei der
Abfas-
sung der Normvorschläge für die
folgenden Jahre die Classe
ausdrück-
lich anerkannt hat, daß auch die
in die Sitzungsberichte
aufzu-
nehmenden Arbeiten, wenn
die Classe es so verfügt, honorirt
werden sollen und eigens
deß-
halb der Honorar-Betrag auf
2000 fl.Gulden statt 1500 präliminirt
wurde. Da jedoch in dem
Voran-
schlage für das Jahr 1847/8 diese
Vorsorge nicht getroffen worden
ist, so mangelt der zur
Hono-
rirung der in den
Sitzungsbe-
richten für genanntes Jahr
befind-
lichen und eines Entgeltes
wür-
digen Aufsätze erforderliche Betrag,
welcher sich nach dem Ermessen
der Commission auf 140 fl.Gulden
be-
lauft. Der Secretär bitte sonach
im Namen der Commission
und sofern laute die letzten Sitzung
vor den Ferien Statt hat, auch im
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Namen der Classe um die
Er-
mächtigung diesen Betrag zu
ver-
ausgaben.
Diese Ermächtigung wird
einstimmig zugestanden.
VII. Der General-Secretär
legt einen neuerlichen Überschlag
des Tischlers vor, in Betreff
ei-
nes anzufertigenden und im
Sitzungslocale aufzustellenden
Kastens für die Büchersammlung
der Akademie. Ein Kasten aus
weichem Holze, angestrichen, mit
Thüren ohne Gläsern würde in
den erforderlichen Dimensionen
auf 140 fl.Gulden zu stehen kommen.
Über die Bemerkung des
Herrn Vice-Präsidenten, daß
man bei einem solchen
Einrich-
tungsstücke immer eine
soli-
dere Arbeit vorziehen solle,
ge-
nehmigt die Akademie den
ur-
sprünglichen Voranschlag von 200 fl.Gulden
unter der Bedingung, daß die
Arbeit von dem Tischler in der
gehörigen Vollkommenheit
aus-
geführt werde
VIII. Der General-Secretär
bemerkt, daß noch zwei an die
Akademie eingerichte Stücke
vor-
liegen, eines von ihm selbst
das andere von dem Actuar
Hrn Dor Schmidl, Bemerkungen
über den am Schlusse der letzten
Sitzung stattgefundenen Vortrag
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enthaltend. Er bitte die Akademie
ihm unter den nunmehr
eingetre-
tenen Umständen den Vortrag
dieser Stücke zu erlassen, da wohl
weder er noch der Actuar sich vor
der Akademie zu rechtfertigen haben
werden.
Wird zugestanden.
IX. Der Herr Vice-Präsident
stellt die Frage, ob die Akademie
wünsche, daß jetzt schon wegen der
Wahl der erledigten Stelle des
Präsidenten durch Einberufung
der auswärtigen wirklichen
Mitglieder auf künftigen
Octo-
ber Vorkehrungen getroffen
werden sollen, oder ob diese
Angelegenheit bis zur
ohne-
dieß vorgeschriebenen
Einbe-
rufung der Mitglieder im
künftigen Mai zu verschieben
sei und unterdessen die
Stell-
vertretung nach der
Anord-
nung der Geschäftsordnung
zu bestehen habe?
Der General-Secretär
bemerkt, daß ein Aufschub
dem Geschäftsgang der Akademie
keinen Eintrag thun könne und
überdieß einen bedeutenden
Geldaufwand beseitigen würde;
und Herr Bergrath haidinger
fügt hiezu, daß die
Zwischen-
zeit gestatten dürfte, vorher
noch einiges schon angeregte aber
wieder bei Seite gelegt Fragen
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über gewisse auf die Stellung des
Präsidenten sich beziehende
Refor-
men in Erwägung zu ziehen.
Bei der Abstimmung
er-
klaren sich sämmtliche Anwesende
dafür, daß für jetzt die genannte
Angelegenheit aufzuschieben sey.
Hiemit wurde die Sitzung
geschlossen.
ABaumgartner
AvEttingshausen