Gesamtsitzung am 27. October 1849
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A. 29.
Kaiserliche Akademie der Wissenschaften.
Protokoll
der Gesammtsitzung am 27. October 1849
Der Herr Vice-Präsident Baumgartner
Der" Herr- GeneralGen.Secretär vonv. Ettingshausen
Der" zweite Sekretär-"- Wolf
Anwesend:
Die wirklichen MitgliederMitgl. FreiherrFreih. Hammer-Purgstall
Prechtl
Partsch
Arneth
Stampfer
Chmel
Schrötter
Frherr v. Münch
Redtenbacher
Kollar
Burg
Doppler
Pfizmaier
v. Karajan
Fitzinger
Diemer
Kudler
Heckel
Boué
Diesing
Skoda
Springer
Brücke
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Verhandlungen.
I. Der General-Secretär
las das Protokoll der
Gesammt-
sitzung vom 21. Juli gegen
welches keine Anstand erhoben
wurde.
II. v. Ettingshausen las,
durch einen beleidigenden
Aufsatz in der Beilage zur allg.
Zeitung vom 15 d. M. dazu
ver-
anlasht ein Ansuchen vor, um
die Erlaubniß alle Stellen der
akademischen Actenstücke
wel-
che die Beziehung zwischen dem
vormaligen Präsidenten und
dem General-Secretär betreffen,
in einer besonderen Schrift
wörtlich abdrucken zu lassen.
Der Herr Präsident fordert
die Anwesenden auf ihre
Stim-
men darüber abzugeben, ob
die Sitzungsprotokolle der
Aka-
demie und andere Actenstücke
dem General-Secretär, seinem
Ansuchen gemäß, zur Disposi
tion gestellt werden sollen.
Professor Brücke erklärt
daß der Gegenstand um den
es sich handle ihm, der erst
kürzlich in die Akademie
ge-
treten, ganz fremd sei, er
sich sonach der Abstimmung
enthalten müsse.
Der Präsident bemerkt,
es handle sich nicht um die
An-
gelegenheit des General-Secre-
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in welche die Akademie nicht
einzugehen habe, sondern es
ste-
he nur die Bewilligung in Frage,
ob der General-Secretär von
den Stellen der Protokolle den
Gebrauch, welchen er für gut
fin-
det, machen dürfe; Es könnte
ebensogut ein anderes Mitglied
zu irgend einem Zwecke eine
Veröffentlichung der selbes
be-
treffenden Stellen wünschen und
darum ansuchen.
Prof.essor Schrötter verlangt das
Wort: Er schlage vor, daß die
bei-
den Actenstücke, von welchen
in dem Protokolle der
vorher-
gehenden Sitzung die Rede sei
und die in dieser Sitzung nicht
gelesen wurden, jetzt
vorge-
lesen werden, damit sämmtliche
Mitglieder von dem Gegenstande
wegen dessen der Herr General-
Secretär die Drucklegung verlangt,
genauer unterrichtet würden;
auch habe er bei der Durchsicht
der seit seiner Abwesenheit
eingegangenen Stücke ein
Schrei-
ben des Hrn Dor Boué gesehen
welches ebenfalls nicht vor die
Akademie gebracht worden ist
und jetzt gelesen werden sollte.
Der HerrHr. Präsident
entgeg-
net, der so eben gestellte Antrag
setze voraus, daß die Akademie
selbst an dem Gegenstande sich
betheiligen solle, er sei nicht
da-
für; es habe ihn wohl bei Lesung
des Aufsatzes ein unheimliches
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Gefühle befallen, jedoch könne
er nur bedauern, daß Baron
Hammer seine Vertheidigung in
so ungeschickte Hände gelegt habe,
und keiner andern Meinung
Raum geben, als daß die
Akade-
mie dem Gegenstande des
Strei-
tes fern bleiben solle. Er möchte
das Begehren des General-Se-
cretär nur principiell
behan-
delt wissen, so daß es sich nur
um die Bewilligung des
Ge-
brauches der Protokolle handle,
abgesehen von dem Gegenstande
und dessentwillen sie benützt
werden.
HerrHr. Regierungsrath Prechtl
stimmt dieser Ansicht bei,
wel-
che den Standepunct
vollkom-
men bezeichne, auf den die
Akademie sich zu halten habe.
Prof.essor Schrötter erklärt,
daß der dieselbe Ansicht habe,
je-
doch wünsche er, daß die
Acten-
stücken gelesen werden und
er-
suche die Akademie sich
dar-
über auszusprechen.
Der General-Secretär
er-
klärt, daß sein Ansuchen aus
der Absicht hervorgegangen
sei, sich von allen
Persönlich-
keiten fern zu halten. Die
Sitzungsberichte hätten nach
seiner Ansicht, schon vom
Ur-
sprunge der Akademie her
die Protokolle der Sitzungen
enthalten und die in denselben
vorgetragenen wissenschaft-
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lichen Aufsätze als Beilagen
ge-
ben sollen. Die Akademie seit dem
Publikum über ihre Verhandlungen
Rechenschaft schuldig, sie sein keine
ge-
heime Gesellschaft. Allein gar bald
haben die Sitzungen einen
Character-
angenommen, der die vollständige
Veröffentlichung die Protokolle,
zumal in der dermalige Zeit
keineswegs wünschenwerth
er-
scheinen ließ. Eine gewisse
Rück-
sicht auf Schicklichkeit habe ihn
ver-
anlaßt die Sitzungsberichte soviel
als möglich auf das
wissenschaft-
liche Material zu beschränken.
Jetzt wäre es gut, wenn
sämmt-
liche Protokolle gedruckt vorlägen;
er würde deren Druck
nachträg-
lich beantragen, wenn dieß
über-
haupt zweckmäßig wäre.
Künftig-
hin soll dieß, so weit die
Redac-
tion der Sitzungsberichte von
ihm abhängt auch geschehen.
Da nun das, was hätte gedruckt
werden sollen nicht gedruckt ist,
so müsse er jetzt um die
Befug-
niß dazu ansuchen um der
Form zu genügen. Die
Verant-
wortung die er falls dieses
Ansuchen Gewährung findet
übernimmt, besteht lediglich
in der Haftung dafür, daß der
Abdruck der benützten Stellen
ein wörtlicher sei.
Der HerrHr. Vice-Präsident äußert
daß die Protokolle nur dann
ge-
druckt werden könnten, wenn
die Akademie beschließen würde
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daß sie ganz zu veröffentlichen
seien. Er glaube nicht, daß der
vollständige Inhalt das Publikum
interessiren könne. Es handle sich
nun zunächst um den Antrag
des Herrn Prof.essor Schrötter, die
er-
wähnten Acten zu verlesen.
HerrHr. Dor Boué bemerkt er
sei gar nicht um seine
Zustim-
mung gefragt worden, daß
seine Mittheilungen nicht
ge-
druckt werden. Es scheine ihm
daß der Präsident und Secretär
nicht befugt seien hierüber
nach Gutdünken zu verfügen.
Der Secretär erwidert
es könne sich hier nur um
den letzten Vortrag des
verehr-
ten Mitgliedes in der
mathema-
tisch-naturwissenschaftlichen Classe
handeln; das Heft der
Sitzungs-
berichte, in welches dieser
Vor-
trag gehört, kommt eben erst
zum Drucke; in dasselbe kann
der Vortrag, wenn es der Herr
Doctor verlangt, noch immer
aufgenommen werden.
Der Herr Vice-Präsident
wiederholt die Anfrage, ob die
von Prof.essor Schrötter genannten
Acten gelesen werden sollen.
Der General-Secretär
spricht sich gegen die Lesung
derselben aus, als zur
vorlie-
genden Frage nicht gehörig.
Übrigens würden diese Stücke
ohnedieß gedruckt.
Prof.essor Schrötter erklärt auf
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die Bemerkung des General-
Secretärs seinen Antrag
zu-
rückzuziehen.
Der HerrHr. Vice-Präsident
kommt nun auf die Frage
zu-
rück ob die Akademie dem
Ge-
neral-Secretär die Benützung
der Protokolle, soweit er selbe
für angemessen finde,
zuge-
stehen wolle und ersucht Herrn
Prof.essor Brücke nochmals um
sei-
ne Stimme.
Prof.essor Brücke äußert um
zu entscheiden, ob die verlangte
Veröffentlichung zuzugestehen
sei, wäre es nöthig den Inhalt
dessen zu kennen, was gedruckt
werden soll, da er nun damit
nicht bekannt sei, so bleibe ihm,
wenn er durchaus eine
bestimm-
te Erklärung abgeben soll,
nichts übrig als mit "Nein"
zu antworten.
Professor Springer ist
der Meinung, daß zu wünschen
wäre, die Akademie könnte
die-
sem Streite gänzlich fremd
blei-
ben, zu welchem Ende und um auch
den Schein einer Theilnahme
dar-
an zu vermeiden, es gut wäre,
dem gestellten Ansuchen um die
Gestättung einer Veröffentlichung
der fraglichen Actenstücke die
Zustimmung nicht zu geben.
Der HerrHr. Vice-Präsident
bemerkt: Indem die Akademie
weiß, wozu die Acten gebraucht
werden, sei es doch billig zu
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unterscheiden ob ein
offensi-
ver oder nur ein defensiver
Gebrauch davon gemacht wird.
Es scheint als könne man einem
Mitgliede der Akademie ein
Mittel zu seiner Vertheidigung
nicht wohl verweigern.
Bei Fortsetzung der
Abstim-
ung erklären sich alle
nach-
folgenden Stimmen dafür,
daß das Ansuchen des Gen.-
Secretärs zu bewilligen sei.
Baron Hammer-Purgstall
enthielt sich der Abstimmung,
Professor Stampfer hatte an
der Verhandlung mich Theil
ge-
nommen.
Der HerrHr. Vice-Präsident
äu-
ßert, daß er nur noch auf die
Anschuldigung die Herr Dr Boué
gegen ihn vorgebracht habe
zu-
rückkommen müsse.
HerrHr. Dr Boué erklärt, daß
er hier nur das Princip im
Auge habe und von dem was
seine Person angehe, ganz
ab-
sehe. Da nach der
Geschäfts-
ordnung §. 52 als in die
Aka-
demie gerichteten Zusendungen
an den General-Secretär gehen,
so habe er ein Schreiben an den
Gen.-Secretär gerichtet; es könne
doch diesem nicht freistehen
Eingereichtes zu lesen oder nicht.
Der HerrHr. Vice-Präsident
ent-
gegnet, daß eine Zuschrift an den
General-Secretär wohl nicht als
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an die Akademie gerichtet zu
betrachten sei.
Der GeneralGen.-Secretär erkennt
die Richtigkeit der Bemerkung
des HerrnHrn. DoctorDr Boué an, meint
aber, daß sein Benehmen in
diesem besonderen Falle wohl
dadurch Entschuldigung finden
dürfte, daß der Inhalt des
Schrei-
bens für ihn, nicht aber für ein
anderes Mitglied vortheilhaft
laute; ein gewisses Gefühl von
Delikatesse habe ihn abgehalten
das Schreiben zu lesen. Jetzt bitte
er darum es thun zu dürfen.
Der Secretär liest dieses
Schreiben und fügt hinzu, daß
nunmehr die Akademie wohl
sehe warum er den Brief
zurück-
gehalten habe.
III. Ansuchen der
mathe-
matisch-naturwissenschaftli-
chen Classe:
a) Die mathematisch-natur-
wissenschaftliche Classe der
kaiser-
lichen Akademie der
Wissenschaf-
ten hat in ihrer Sitzung am
18. October dieses Jahresd. J. über den Antrag
des HerrnHrn. Prof.essor Skoda beschlossen
den Herrn DoctorDor Semmelweis in
seinen Versuchen: die wahre
Ursache der häufigen
Erkrankun-
gen der Wöchnerinnen auf der
Abtheilung des wiener
Gebärhau-
ses, welche für den Unterricht
der Mediciner bestimmt ist
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zu constatiren, durch die
vor-
läufig anzuweisende Summe
von 100 fl.Gulden zu unterstützen.
Die Classe stellt dießfalls
das Ansuchen an die
Gesammt-
akademie die Summe von 100 fl.Gulden CM.
zu dem oben genannten Zwecke
bewilligen zu wollen.
Ferner sucht die
mathema-
tis-naturwissenschaftliche
Classe an, dem Herrn Professor
Dr Brücke, welcher sich über
ihre Aufforderung zu Versuchen
über denselben Gegenstand
bereitwillig erklärte, zur
Be-
streitung der dabei nöthig
werdenden Auslagen
vorläu-
fig einen Vorschluß von 100 fl.Gulden
ausfolgen zu dürfen.
Beide Ansuchen werden
ohne Anstand genehmiget.
IV. Ansuchen der
philoso-
phisch-historischen Classe.
a) In Folge eines von Herrn
Regierungsrath Chmel
mit-
getheilten Schreibens des Hrn
Prof.essor Schuller über den
gegen-
wärtigen Zustand der
histori-
schen Studien in Siebenbürgen,
woraus einesheils der rege
Eifer der deutschen Bewohner
Siebenbürgens und besonders
die ersprießliche Thätigkeit des
Vereins für siebenbürgische Lan-
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eskunde für die Erforschung
der vaterländischen Geschichte
er-
hellt, anderntheils aber, wie es
in Folge des Bürgerkrieges dort
fast an allen Mitteln gebricht
dieses rühmliche Streben zu
un-
terhalten und die bereits
be-
gonnenen Arbeiten fortzusetzen,
beschloß die philosophisch-histori-
sche Classe einstimmig bei der
Gesammtakademie den Antrag
zu stellen, "
benbürgische Landeskunde" gleich
dem ähnlichen in Tirol, durch
einen Beitrag von 200 fl.Gulden CM.
unterstützen zu wollen.
Wird ohne Widerrede
zu-
gestanden.
b) Da Herr Regierungsrath
Chmel als Referent der
histo-
rischen Commission der
philo-
sophisch-historischen Classe die
Anzeige machte, daß bei dem
bedeutenden Vorrath und von
allen Seiten eingehenden
Zu-
wachs von Material für das
Archiv und die Fontes eine
Vermehrung der dafür von
der Akademie bereits
bewil-
ligten 100 Druckbogen um so
dringender sich herausstelle,
als nur durch schnellen
Ab-
druck der Einsendungen die
auch in den Provinzen für
die historischen Arbeiten der
Akademie rege gewordene Theil-
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nahme unterhalten werden
könne, und da überdieß die
von der Akademie gutgeheißene
Herausgabe der Habsburgica
(1496-1576) eine Erweiterung
dieser beiden Publicationen
erfordere, so stellt die Classe,
überzeugt von der
Nothwen-
digkeit und Nützlichkeit
ei-
ner solchen Vermehrung den
Antrag:
Die Gesammtakademnie
wolle für das "Archiv" und
die Fontes der historischen
Commission, zu den bereits
bewilligten jährl. 100
Druck-
bogen noch 50 bewilligen, und
zwar unter denselben
Bedin-
gungen, was also nur eine
Mehrauslage von 750 fl.Gulden CM.
ausmachen würde.
Wie ohne Bemerkung
angenommen.
c) Da die
philosophisch-
historische Classe von Seiten
historischer und
archäologi-
scher Vereine ersucht wurde,
nur sie betreffende Geschenke
durch Zusendung der nur von
ihr ausgehenden
Publicatio-
nen der Akademie zu
er-
wiedern, und Zweifel darüber
entstanden, ob sie
gige Anfrage bei der
Gesammt-
akademie hiezu berechtiget
sei, ihre auch der in dieser Hin-
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sicht von der anderen Classe
be-
obachtete Gebrauch unbekannt
war, so stellt sie an die
Gesammt-
akademie das Ersuchen, ein für
allemal darüber entscheiden
zu wollen, und erlaubt sich den
unmaßgeblichen Vorschlag zu
ma-
chen, zur Abkürzung des
Geschäfts-
ganges und zur Vermeidung
blo-
ßer Formalitäten, jede Classe zu
berechtigen, in einem solchen
Falle über die nur von ihr
aus-
gehenden Publicationen, d.h. über
die getrennt gedruckten
Denk-
schriften, Sitzungsberichte, in
Bezug auf die philosophisch-histo-
rische Classe das Archiv und die
Fontes, so wie über die von ihr
herausgegebenen Werke brevi
manu verfügen zu dürfen.
Wird ohne
Gegenbemer-
kung angenommen.
Der Gen.-Secretär
er-
greift die Veranlassung dieses
Ansuchens, an die Akademie
die Anfrage zu richten ob ihm
gestattet sei auch die correspon.
Mitglieder, welchen die
Geschäfts-
ordnung ausdrücklich nur die
Sitzungsberichte zuweiset, auch
mit den übrigen Zeitschriften
der Akademie zu betheilen, als
Archiv, Fontes, dann die
abge-
sonderten Veröffentlichungen
der mathematisch-naturwis-
senschaftlichen Classe, wie soeben
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eine über die Untersuchung der
Kohlen erschienen. Es verstehe sich
von selbst, daß Prachtwerke, wie
z. B. jenes des Herrn
Regierungs-
rathes Arneth, unter solcher
Er-
mächtigung nicht begriffen sein
können, sondern daß hierüber
von Fall zu Fall eigens
anzufra-
gen sei.
HerrHr. Regierungsrath Arneth
spricht den Wunsch aus, daß sein
Werk ausgezeichneten Gelehrten
wie auch Redactionen
gediege-
ner wissenschaftlichen Blätter
zukommen möge.
Der HerrHr. Vice-Präsident
stellt den Antrag die Akademie
möge sich in Bezug auf
periodi-
sche Schriften ein für allemal
dahin aussprechen, daß damit
auch die corresp. Mitglieder
betheilt werden sollen. Die
Be-
theilung mit nicht periodischen
Schriften und größeren
Wer-
ken solle von Fall zu Fall der
Entscheidung der Classe, in deren
Gebiet sie gehören, anheim
ge-
stellt werden, welche jedoch
hie-
von in der nächsten
Gesammt-
sitzung der Akademie die
An-
zeige zu machen hätte.
Beide Anträge werden
einstimmig angenommen.
d) In Beziehung auf Prof.essor
Seyffarth's Gesuch mit zwei
ge-
druckten Beilagen, welche der
Gesammtkademie vorzulegen
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das Princip festzustellen, ob die
Akademie auf solche Gesuche um
schiedsrichterliche Urtheile oder
Gutachten, wenn auch nur von
Privaten gestellt, sich einlassen
solle?
Der General-Secretär
be-
merkt, daß es sich im
Allgemei-
nen wohl nicht entscheiden lasse
ob die Akademie auf
schieds-
richterliche Urtheile einzugehen
habe oder nicht. Es wäre daher
jedesmal nach Beschaffenheit des
Falles hierüber eigens zu
be-
schließen.
Herr Regierungsrath Chmel
fügt hinzu dieser Beschluß sei
der Classe überlassen, welche um
das Urtheil angegangen wird.
Herr Regierungsrath Burg
pflichtet dieser Ansicht bei.
Freiherr v. Münch meint es
liege keine Nothwendigkeit vor
daß die Akademie als
Schieds-
richter auftrete. Beschränke sie
sich auf einzelne Fälle, so könnte
ihr daraus in andern ein
Vor-
wurf gemacht werden.
General-Secretär: Es gibt
aber Fälle, in welchen die
Aka-
demie ein solches Urtheil
nicht von der Hand weisen kann,
wenn sie nämlich von den
Be-
hörden dazu verpflichtet wird.
Sie könne daher ein solches
Ur-
theil auch Privaten nicht
un-
bedingt versagen.
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Herr Vice-Präsident macht
auf den Unterschied zwischen
Gut-
achten und schiedsrichterlichem
Urtheil aufmerksan. Es handle
sich in der Regel nur um
Gut-
achten; diese könne die
Akade-
mie allerdings geben.
Prof.essor Brücke meint die
Akademie solle sich noch weniger
auf Gutachten einlassen.
Herr Regierungsrath Arneth
bemerkt noch, daß das Ansuchen
Seyffarth's leicht einen Zwiespalt
zwischen der berliner- und
Wie-
ner-Akademie herbeiführen
könnte.
Herr Regierungsrath Burg
hebt hervor, daß doch Gutachten
in machen Fällen Nutzen
stiften, daher nicht unbedingt
zu versagen seien.
Bei der Abstimmung über
die Frage, ob Urtheile der
Aka-
demie nach Entscheidung von
Fall zu Fall gegeben oder
un-
bedingt abgelehnt werden
sol-
len erklären sich die Herren:
Brücke, Fitzinger, v. Karajan,
Freiherr v. Münch und Arneth
für unbedingte Ablehnung,
alle übrigen für Entscheidung
hierüber von Fall zu Fall.
V. Der Secretär geht zur
Vorlegung der eingegangenen
Stücke über.
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a) Eine Zuschrift des Herrn
Curators, worin derselbe für
die übersendeten Druckschriften
dankt und der Akademie
sei-
ne Unterstützung zusichert.
b) Eine Zuschrift des
Ministe-
riums des Kultus und
Unter-
richts, welches Abschriften des
eingereichten Voranschlages
für 1850 mittheilt und die
Akademie verständigt, daß
selbe der A.h. Genehmigung
unterbreitet worden seien.
c) Dankschreiben des Ehren-
Mitgliedes Gauss für den
Glückwunsch zu seinem Doctor-
Jubiläum.
d) Dankschreiben der
Her-
ren:
Barrande
panizza
für ihre Ernennung zu
correspondirenden
Mitglie-
dern.
e). Ein Schreiben des Herrn
Hofraths Anton Ritter v. Kraus-
Elislago, welcher der Akademie
ein Exemplar seiner
Autobi-
ographie einsendet.
f). Die handschriftliche
Autobiographie des
correspon-
direnden Mitgliedes
Russeg-
ger.
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Sämmtliche Gegenstände
werden zur Kenntniß
genom-
men.
VI. Der General-Secre-
tär stellt mit Beziehung auf
den im vergangenen Jahre
ge-
faßten Beschluß den Antrag
den mit der Gebarung der
Dotation betrauten Beamten
der k. k. Universal-Cameral-
Zahlamtes für das
Verwaltungs-
jahr 1849 die Remuneration
von 500 fl.Gulden C.M. zuzugestehen.
Wird einstimmig
ange-
nommen.
VII. Der General-Secretär
beantragt ihn zu ermächtigen
bei der jetzt vor sich gehenden
Einführung der Gasbeleuchtung
in Gebäude des k. k.
polytechni-
schen Instituts, dieselbe auch
in der Localität der Akademie
herrichten zu lassen.
Der Antrag wird von
Professor Schrötter und
Re-
gierungsrath Prechtl
unter-
stützt. Der Herr Vice-Präsi-
dent erklärt sich dagegen, weil
man jede nicht dringend
nöthi-
ge Auslage vermeiden solle.
Auch liege kein Kostenanschlag
vor.
Freiherr v. Münch wünscht
die Gasbeleuchtung darum
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eingerichtet, weil dann die
Sitzungen Abends stattfinden
können.
Prof.essor Redtenbacher schlägt
vor diesen Puncte zuerst zur
Abstimmung zu bringen,
wo-
gegen der Herr Vice-Präsid.
einwendet, daß eine solche
Änderung der
Sitzungsstun-
den doch wohl erst von jedem
Mitgliede im Überlegung zu
ziehen wäre, daher nicht
al-
sogleich darüber abgestimmt
werden könne.
Der General-Secretär
stellt den Antrag ihn jetzt
schon zur Herstellung der
Gasbeleuchtung unter der
Bedingung ermächtigen,
wenn die Totalauslage nicht
über 400 fl.Gulden beträgt.
Bei der Abstimmung
wird der Antrag einstimmig
gutgeheißen.
VIII. Nun kommt die
be-
reits in den Classensitzungen
vorgetragen Petition von 22
Literaten zur Sprache, wegen
Herausgabe des Kunst- und
Literaturblattes durch die
A-
kademie.
Freiherr v. Hammer-Purgstall
äußert, er habe bei Abfassung
der Geschäftsordnung die
Her-
ausgabe einer kritischen
Zeit-
schrift, jedoch nicht ganz in der
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im Gesuche angedeuteten Form
vorgeschlagen, sei aber
über-
stimmt worden.
Der Herr Vice-Präsident
be-
antragt den Gegenstand einer
Commission zur Berichterstattung
zuzuweisen und nennt hiezu
für die philosophisch-historische
Classe die Herren Chmel und v.
Münch, für die
mathematisch-
naturwissenschaftliche die Herren
Schrötter und Doppler und
über-
dieß noch Herrn
Regierungs-
rath Kudler.
Der Antrag wird
ange-
nommen und die genannten
Mitglieder sagen ihre
Bereitwil-
ligkeit zu diesem Geschäfte zu.
Hiemit wurde die Sitzung
geschlossen.
ABaumgartner
AvEttingshausen