Gesamtsitzung am 2. Mai 1850
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A. 35.
Protokoll
der Gesammtsitzung am 2. Mai 1850.
der Vice-Präsident Baumgartner
" General-Secretär v. Ettingshausen
" zweite " Wolf
Anwesend:
Die wirkl. Mitglieder v. Prechtl
Partsch
Arneth
Stampfer
Unger
Schrötter
Redtenbacher
Hyrtl
Auer
Koller
Bergmann
Burg
Doppler
Fenzl
Pfizmaier
vonv. Karajan
Fitzinger
Diemer
Kudler
Heckel
Boué
Diesing
Skoda
Springer
Petzval
Brücke
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Verhandlungen.
I. Das Protokoll der
Sitzung von 4. April wurde
gelesen und angenommen.
II. Der Erlaß des Herrn
Minister-Curators vom 18. April
worin derselbe das
Unterblei-
ben der feierlichen Sitzung
für dießmal genehmigt und
den Wunsch ausspricht, daß
bis zur Feststellung einiger
seit der Gründung der
Akade-
mie nothwendig gewordenen
Reformen die Besetzung der
erledigten Stellen und alle
auch die Verfassung der
Aka-
demie Bezug habenden
Ge-
schäfte vorläufig
unterblei-
ben, wurde zur Kenntniß
genommen.
Der Antrag des Secretärs
die auswärtigen wirklichen
Mitglieder, welche der
Beru-
fung nach wien im Mai
ent-
gegensehen dürften zu
ver-
ständigen, daß es hievon
für jetzt sein Abkommen habe,
wurde genehmigt.
III. Uiber einen weiteren
Erlaß des Herrn Curators vom
20. April, worin derselbe
vor-
zieht, daß ihm bloße Abschriften
der Sitzungsprotokolle zur
blei-
benden Aufbewahrung bei dem
Curatorium zu kommen und
eine frühere Mittheilung we-
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nigstens der Protokolle der
Classensitzungen wünscht, wurde
verfügt diesem Verlangen zu
ent-
sprechen.
IV. Der Herr Minister des
öffentlichen Unterrichts dankt
mit Erlaß vom 13. April der
Akademie für die an ihn gelangte
erste Sendung der akademischen
Druckschriften zur Betheilung der
öffentlichen Bibliotheken der
hö-
heren Unterrichtsanstalten und
ersucht über die dießfalls
ge-
machte Anfrage, die Akademie
wolle die Uibermittelung dieser
Schriften an die Bibliotheken der
Universität und des polytechnischen
Institutes in wien, wie bisher,
unmittelbar veranlassen.
V. Der General-Secretär
trug nachstehende Ansuchen der
beiden Classen um
Geldbewilligun-
gen vor.
A.
tisch-naturwissenschaftlichen Classe:
a) um 100 fl.Gulden C.M. zur Unterstützung
des in prag kürzlich ins Leben
getretenden naturhistorischen
Vereins "Lotos", welcher die
Bei-
hilfe der Akademie
angespro-
chen hat,
b) um 300 fl.Gulden C.M. zur Verfügung
des wirkl. Mitgliedes Dor Boué
um in Italien Auszüge aus ver
schiedenen Zeitschriften und
Wer-
ken Behufs einer von ihm
unter-
nommenen bibliographischen
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Arbeit machen zu lassen.
B.
historischen Classe:
c) um ein weiteres Honorar für
die auf etwa 20 Druckbogen sich
belaufenden beiden letzten
Liefer-
ungen des Werkes des wirkl.
Mitgliedes Bergmann "Medail-
len auf berühmte und
ausgezeich-
nete Männer des österreichischen
Kaiserstaates etc." mit 40 fl.Gulden C.M.
für den Druckbogen;
d) um eine fernere
Unter-
stützung von 1000 fl.Gulden C.M. an den
im Oriente reisenden Herrn
Alfred v. Kremer zur Fortsetzung
seiner Arbeiten während eines
zweiten Jahres.
Sämmtliche vier Ansuchen
wurden einstimmig bewilliget.
VI. Des General-Rech-
nungsdirectorium unterstützt
mit Einbegleitung vom 15. April
das Gesuch des
Rechnungsoffi-
cialen der Cameral-Haupt-
buchhaltung, Herrn Joh. Spitzka
um Ertheilung einer
Remune-
ration für dessen Mühewaltung
bei Verfassung des
Gebahrungs-
abschlusses für die Akademie,
bezüglich der Periode vom
1. Juli 1847 bis Ende October 1848,
wofür der Cameral-Haupt-
buchhaltung auf 100 fl.Gulden C.M.
an-
trägt.
Der General-Secretär
bemerkt, daß in Folge der von
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der Akademie in der
vorher-
gehenden Gesammtsitzung
er-
theilen Ermächtigung zur
Auf-
nahme eines
Buchhaltungsbeam-
ten für die Buchführung und
das Verrechnungsgeschäft der
Akademie gegen eine
Remune-
ration jährlicher 200 fl.Gulden diese
Ar-
beiten einverständlich mit dem
Herrn Vice-Präsidenten dem
obengenannten
Rechnungsoffi-
cial übertragen worden seien.
Da es billig erscheine dem
Gesuche des Herrn Spitzka zu
willfahren, so beantrage der
Secretär demselben, obgleich
dessen Dienstleistung
erst-
mit April l. J. begann die
zugestandene Remuneration
schon vom Anfange des
gegen-
wärtigen Verwaltungsjahres
also vom 1. November 1849 an
zuzusprechen, wodurch Herrn
Spitzka ein der
bevorworte-
ten Remuneration gleicher
Betrag zuwachse.
Dieser Antrag wurde
genehmiget.
VII. Der General-Secre-
tär setzte die Akademie in
Kenntniß, daß er sich
verbun-
den gefühlt habe, bei dem Herrn
Curator um Enthebung von der
bisher bekleideten Secretärstelle
anzusuchen. Der Beweggrund
zu diesem Schritte liegen einzig
und allein in der Unmöglichkeit
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den dießfälligen Arbeiten
neben jenen zu welchen ihn
seine Stellung als Professor an
der Ingenieur-Akademie
ver-
pflichte, fernerhin auf
ent-
sprechende Weise zu genügen.
Der Secretär sprach gegen die
Akademie seinen Dank aus für
das ihm stets geschenkte
Zutrau-
en und stellte die Bitte die
Akademie wolle für die nöthig
werdende Substitution
umso-
mehr Vorsorge treffen, als
sein Herrn College auf den nach
§ 51 der Geschäftsordnung die
Verrichtungen des General-Se-
cretärs überzugehen hätten,
hierin sich durch seine
weite-
ren Dienstesverhältnisse
ge-
hindert fühle. Zugleich
erklär-
te der General-Secretär die
Geschäfte bis zur Bestellung des
Stellvertreters pflichtgemäß
fortführen zu wollen.
Herr Secretär Wolf
bestä-
tigte die über seine Verhältnisse
gemachte Angabe und äußerte,
daß er zwar bereit sei, sich der
Verpflichtung, welche die
Geschäfts-
ordnung vorschreibt, zu
unter-
ziehen, nur müsse er die
Nach-
sicht der Akademie in Anspruch
nehmen, wenn seine
ander-
weitigen Amtsgeschäfte es nicht
erlauben, dem neuen Dienste,
so wie es erforderlich ist,
nach-
zukommen. Jedenfalls aber
würde er bitten, ihn möglichst
bald wieder von dieser Last zu
befreien.
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Der Herr Vice-Präsident
schlägt vor, sobald die
Genehmi-
gung der Enthebung des
Gene-
ral-Secretärs von seinem
Po-
sten herabgelangt sein wird,
bei dem Herrn Curator
anzu-
suchen, von dem Inhalte des
§. 51 der Geschäftsordnung in
der Art abgehen zu dürfen,
daß die Functionen des
Ge-
neral-Secretärs, dem zur
Besorgung der Geschäfte des
Secretärs der
mathematisch-
naturwissenschaftlichen Classe
zu bestimmenden
Stellver-
treter übertragen werden;
nach erflossener dießfälliger
Bewilligung aber
unverzüg-
lich eine Gesammtsitzung zur
Wahl des Stellvertreters
abzu-
halten.
Dieser Antrag wurden
einstimmig gut geheißen.
VIII. Der General-Secre-
tär zeigt an, er habe zu
An-
fang des Monates April dem
Kanzlisten Lippka auf dessen
persönlich gestellte Bitte zur
Erholung von einem
Unwohl-
sein für einige Tage den
Be-
such der Kanzlei der Akademie
erlassen. Seitdem habe Lippka
während des ganzen Monates
keinen Dienst geleistet,
ob-
wohl dessen körperlicher
Zu-
stand wie glaubwürdige
Zeu-
gen versicherten nicht von
der Art schien, daß er nicht
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hätte arbeiten können,
und nur mehr eine zum Theile
aus Verlegenheiten wegen des
Andranges von Gläubigern
entstandene Zerrüttung des
Gemüthes obwaltete. Der
Ge-
neral-Secretär meinte
deß-
halbe bei dem mit Eintritt
des Monates erfolgen
Wie-
dererscheinen Lippka's dessen
Quittung zur Gehaltserhebung
für den Monat April nicht
unbedingt vidiren zu können
und erbitte sich nun hierüber
so wie über die weitere
Be-
handlung Lippka's, sofern
des-
sen Verwendbarkeit als
Kanz-
list der Akademie durch sein
Benehmen in Zweifel gestellt
werde, die Weisung der
Aka-
demie. Uibrigens habe sich
Lippka vordem stets als
ein gewandter und
brauch-
barer Arbeiter gezeigt.
Die Akademie
entschei-
det einstimmig:
a) dem Kanzlisten Lippka sei
der Gehalt für den Monat
April auszufolgen; b) die bei
dessen Aufnahme festgesetzte
sechswochentliche
Aufkündi-
gungsfrist sei falls derselbe
ferner im Dienste nicht
be-
lassen werden könne, vom
1. Mai an zu zählen und
Lippka der Gehalt für sechs
Wochen von diesem Zeitpuncte
an als Abfindung anzuweisen.
c) die dießfällige Behandlung
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Lippka's bleibe dem Ermessen
des General-Secretärs anheim
gestellt.
IX. Der General-Secretär
legt eine Broschüre des
israeli-
tischen Spitalarztes Brecher zu
Proßnitz "Die Beschneidung
der Israeliten etc." vor, welche
der Verfasser der Akademie
mit dem Ansuchen um eine
Beurtheilung eingereicht hat,
und die bereits von der
philo-
sophisch-historischen Classe an
die mathematisch-naturwis-
senschaftliche gewiesen wurde.
Es wird entschieden auf
die Beurtheilung dieser
Druck-
schrift nicht einzugehen.
X. Der General-Se-
cretär ersucht um
Entschei-
dung über die Fassung der
bereits beschlossenen und den
beiden Secretären
übertrage-
nen Vorrede zu den
Denkschrif-
ten, da zwischen ihm und
sei-
nem Herrn Collegen darin
eine Meinungsdifferenz
be-
stehe, daß letzterer eine
Auf-
zählung der von der Akademie
ausgegangenen
Geldbewilli-
gungen darin aufgenommen
wissen wolle, während der
Ge-
neral-Secretär der Ansicht
sei, daß diese in die
Sitzungs-
berichte gehöre, worin
ohne-
dieß die Verrechnung der
Dotation zeitweise bekannt
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gemacht werde, womit, so
wie mit einer geschichtlichen
Nachweisung des
Entwickelungs-
ganges der Akademie
dem-
nächst begonnen werden solle.
Die Akademie erklärt
sich mit überwiegender
Stimmenmehrheit für die
Ansicht des General-Secre-
tärs.
Hiemit wurde die
Sitzung geschlossen (7 Uhr)
ABaumgartner
AvEttingshausen