Gesamtsitzung am 29. Mai 1850

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A. 36.


Kaiserliche Akademie der Wissenschaften.


Protokoll


der Gesammtsitzung am 29. Mai 1850.


Anwesend: Der Vice-Präsident vonv. Baumgartner
Der" General-Secretär vonv. Ettingshausen
Der" zweite Sekretär" Wolf


Die wirklichen Mitglieder vonv. Prechtl
Partsch
Arneth
Stampfer
haidinger
Unger
Schrötter
Redtenbacher
Hyrtl
Auer
Koller
Bergmann
Kollar
Burg
Doppler
Fenzl
Pfizmaier
vonv. Karajan
Fitzinger
Diener
Kudler
Heckel

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Boué
Diesing
Rokitansky
Skoda
Springer
Petzval
Brücke.


Verhandlungen.


Der Vice-Präsident erklärt,
er habe sich veranlaßte ge-
funden die heutige Sitzung, ob-
gleich selbe in dem gedruckten
Sitzungsverzeichnisse nicht vor-
gemerkt erscheint, aus dem
Grunde zu veranstalten, weil
die Sitzungen, welche dem Ende des
Mai zugedacht waren, nun nicht
Statt finden, die nächste ordent-
liche Gesammtsitzung aber erst
zu Ende Juni angesetzt ist, was
die Erledigung der laufenden
Geschäfte zu lange verzögern
würde. Auch sei die nunmehr
erfolgte Genehmigung des
Ansuchens des General-Se-
cretär
s um Enthebung von
seinem Amte für sich schon ein
hinreichender Grund zur Ab-
haltung einer außerordentlichen
Sitzung, unter wegen der Stell-
vertretung Vorsorge zu treffen
ist.


1.

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Das Protokoll der Sitzung
von 2. Mai wird gelesen und
angenommen.


2.


3.


Der Secretär legt der Aka-
demie Exemplare der nunmehr
fertig gewordenen ersten Bän-
de der Denkschriften beider
Classen vor und erwähnt, daß
die große Anzahl der Zeichnun-
gen zu den Druckschriften der
mathematisch-naturwissenschaft-
lichen Classe und ihr größeres
Format genöthigt habe die-
selben abgesondert binden zu
lassen.


4.


Der Secretär liest den
Erlaß des hohen Curators vom
27. l. M. Z 2890/M.I. an die
Akademie, worin derselben er-
öffnet wird, daß Sr. Majestät
die Bitte des General-Secre-
tär
s um Enthebung von diesem
Amte mit Allerhöchster Ent-
schließung vom 4. Mai unter
Bezeigung der Zufriedenheit
mit dessen Leistungen zu ge-
währen geruhte haben.
In Bezug auf die Andeu-
tung des Herrn Curators
wegen Einleitung einer einst-
weiligen Stellvertretung
des General-Secretärs
beantragt der Herr Vice-
Präsident
diesen Gegenstand

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erst nach Erledigung der übringen
für die heutigen Sitzung be-
stimmten Geschäfte in Ver-
handlung zu nehmen.


5.


Nachbenannte hohe Mi-
nisteral-Erläße werden
von der Akademie zur
Kenntniß genommen.


a. Das hohe k.k. Ministerium
des Äußern ertheilt unter dem
17. Mai Z. 5317/C auf Grund-
lage eines Berichte der k.k.
Gesandtschaft zu Madrid die
von der Akademie angesuchte
Auskunft über Hrn Sainz
de Baranda damit, daß der-
selbe über seine Ernennung
zum corresp. Mitgliede der
kaiserlichen Akademie sehr
erfreut sei, aber außer einem
Schreiben des Hern Secretärs
Wolf bis jetzt keine Sendung
von Seite der Akademie er-
halten habe.


b. Das hohe k.k. Ministerium
für Handel übersendet mit
Zuschrift von 18. Mai Z. 2794/H.
der Akademie die durch Ver-
mittelung des österreichischen
Geschäftsträgers zu Copenhagen
eingegangenen Schreiben und
Sendungen der königl. Gesell-
schaft für dänische Sprache und
Geschichtsforschung, dann der

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dortigen Akademie der Wissen-
schaften.


6. Der Herr Minister für
Landescultur und Bergwesen,
ferner der Herr Minister
des Handels haben an die Aka-
demie für die denselben unter
dem 7. Mai überreichten
Fortsetzungen der akademischen
Druckschriften Dankschreiben
erlassen.


7. Die philosophisch-historische
Classe richtet an die Gesammt-
akademie folgende 4 Ansuchen:


Erstes Ansuchen.


Die Akademie wolle sich
aussprechen, wie sie sich in Be-
treff der Ertheilung des ausge-
schriebenen philologischen
Preises, wofür eine preiswür-
dige Arbeit vorliegt, zu ver-
halten gedenke, ob die Aka-
demie, da gegenwärtig die
feierliche Sitzung, in welcher
so wie es der §. 9 der Ge-
schäftsordnung vorschreibt,
unter Mitwirkung der aus-
wärtigen Mitglieder, der
Preis hätte zuerkannt wer-
den sollen, nicht Statt findet,
die Ertheilung des Preises
bis zur nächsten feierlichen
Sitzung vertagen; oder ob

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sie die auswärtigen Mitglie-
der nun ungesäumt zu einer
Gesammtsitzung einberufen
wolle; oder ob sie sich für be-
fugt halte unter den gegen-
wärtigen Ausnahmsver-
hältnissen die Entscheidung
über die Preisertheilung
auch ohne die auswärtigen
Mitglieder in einer Gesammt-
sitzung vorzunehmen?


Bei Erörterung dieser
Fragen wird von mehreren
Mitgliedern die Verpflichtung
der Akademie hervorge-
hoben, die von ihr den Preise-
bewerbern gemachte Zu-
sicherung in Betreff des
Termins der Preisertheilung
nicht aus dem Auge zu lassen,
und die Nothwendigkeit einer
möglichst baldigen Einbe-
rung der auswärtigen
Mitglieder und im Folge dessen
beantragt bei dem Herrn
Curator dießfalls sogleich
die geeigneten Schritte zu
machen. ProfessorProf. Hyrtl
schlägt vor, wenigstens den
Grund der Nichteinhaltung
des Termines durch die
Zeitung bekannt zu geben;
der Vice-Präsident dagegen
bemerkt, daß ja die

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Einberufung der Gesammt-
Akademie, wie es aus den Er-
lässen des Herrn Curators
deutlich erhelle, ohnedieß
demnächst bevorstehe und
stellt den Antrag: die Aka-
demie wolle noch die nächste
Gesammtsitzung abwarten,
bis zu welcher wohl die bereits
angekündigte Verfügung des
Herrn Curators herabge-
langt sein wird. Zugleich er-
klärt der Vice-Präsident,
daß er, falls die Akademie
diesem Antrage beipflichte,
die genannte Frist nicht un-
genutzt vorbeigehen lassen,
sondern den Herrn Curator
mündlich auf die Sachlage
aufmerksam machen werde.


Der Antrag des Vice-
Präsident
en wird mit 27
Stimmen gegen 4 (welche
letzteren die unverzügliche
Anfrage von Seite der
Akademie bei dem Herrn
Curator bezüglich der Ein-
berufung der auswärtigen
Mitglieder verlangen)
angenommen.


Der General-Secretär
glaubt an die soeben ge-
pflogene Verhandlung so-
gleich die Anzeige knüpfen

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zu sollen, daß von Seite der
Herren wirklichen Mitglie-
der Reuss und Rochleder zu
prag ein Protestations-
schreiben gegen den Vorgang
der Nichteinberufung der
auswärtigen Mitglieder
der Akademie eingegangen
sei. Auf die Äußerung
des Herrn Präsidenten,
daß eine solche Protesta-
tion in dem vorliegenden
Falle keinen rechten Grund
habe, unterblebt die Vor-
lesung des Schreibens.


Zweites Ansuchen.


Die Akademie wolle den
Hrn ProfessorProf. Kollar, falls er
die Drucklegung seines der
Akademie handschriftlich vor-
gelegten und von der phi-
losophisch-historischen Classe
gewürdigten, aber doch nicht
zur Herausgabe durch die
Akademie geeignet befun-
denen Werkes "Staroslo-
vanska Italie" (das sla-
wische Alt-Italien) selbst
unternehme, dazu einen
Unterstützungsbeitrag
von 1500 fl.Gulden CM. bewilligen.


Der General-Secretär,
der zweite Secretär, dann

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HerrHr. Dor Pfizmaier sprechen
den Zweifel aus, daß den
Wünschen des Hrn ProfessorProf.
Kollar mit diesem Antra-
ge nicht entsprochen werde,
da die Drnkbasten sich viel
höher als auf 1500 fl.Gulden be-
laufen und ein Verleger
für ein solches Werk schwer
zu gewimmen sein dürfte.


Bei der Abstimmung
erklären sich sämmtliche übri-
gen Mitglieder für die Ge-
nehmigung des Antrages
so wie er von der philosophisch-
historischen Classe gestellt
worden.


Auf die Anfrage des
zweiten Secretärs ob dieser
Beschluß in die Sitzungs-
berichte aufzunehmen sei,
erfolgte allseitig eine be-
jahende Antwort.


Drittes Ansuchen.


Die Akademie wolle Hrn.
A. Pichler, Ritter des
Ordens der eisernen Krone,
zur Drucklegung eines
Aufsatzes "über das mittel-
alterliche Drama in Tirol"
eine Unterstützung von
100 fl.Gulden CM. zuerkennen.

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Dieses Ansuchen wird ein-
stimmig genehmigt.


Viertes Ansuchen.


Die Universitäts-Biblio-
thek zu Basel, aus welcher die
philosphisch-historische Classe
eine Handschrift, enthaltend
Johannes de Ragusio Ini-
tium et prosecution concilii
Basiliensis, zum Behufe der
Anfertigung einer Abschrift
geborgt zu erhalten wünscht,
hat die Bedingung gestellt,
daß die kaiserliche Akademie
für den Fall des Verlustes
dieser Handschrift sich zu einer
Entschädigung von 3000 Gulden
verpflichte Die philosophisch-
historische Classe fragt sich
nun aus den Grunde, weil
die Erklärung der Haftung
von der Gesammtakademie
anzugehen habe, hierwegen
an, obgleich die Classe zugesteht,
daß sie die Haftung für
sich allein zu tragen habe.
Der Ansuchen wird unter
der Bedingung, daß im Falle
eines Verlustes die Classe für
sich allein den Ersatz zu
leisten habe, zugestanden,
zugleich aber nach dem An-
trage des Hrn. Vice-Präsidenten

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beschlossen, zu völligen Beseiti-
gung jeder Gefahr eines
Verlustes der Handschrift, das
hohe Ministerium des Handels
um Vermittelung einer sicheren
Übersendung anzugehen.


8. Die königlichkönigl. bayerische Aka-
demie der Wissenschaften
zu München ersucht die kaiser-
liche Akademie in einer Zu-
schrift von 18. Mai l.J. sich
dahin zu verwenden, daß dem
Rector KarlK. Halm aus der
k. k. Hofbibliothek eine Hand-
schrift des Cicero zur Verglei-
chung auf kurze Zeit ge-
liehen werden möge.


Das Ansuchen wird der
philosophisch-historischen
Classe zur Berichterstattung
zugewiesen.


HerrHr. Ministerialrath
vonv. Kremer ersucht um
Vergütung des Silber-Agio
bezüglich der seinen Sohne
Alfred, Reisenden im Orient,
von der kaiserlichen Aka-
demie bewilligen Unter-
stützung von 1000 fl.Gulden


9.


Wird der philosophisch-
historischen Classe, welcher
die Unterstützung zufällt
zur Verhandlung zugewiesen.


Die Künstler Libay und


10.

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Stöckler haben jeder für sich
der Akademie ein Gesuch über-
reicht, bei der projectirten
Erdumseglung als Zeichner
verwendet zu werden.


Es wird verfügt die
Bittsteller anzuweisen ihre
Ansuchen bei dem hohen
Handelsministerium an-
zubringen.


11.


Der Actuar der Aka-
demie DoctorDr Schmidl stellt
in einem Gesuche die Bitte
um Bewilligung eines Vor-
schußes von 240 fl.Gulden CM.Conventionsmünze zur
Bestreitung dringender
häuslicher Ausgaben gegen
Rückzahlung durch Gehalts-
abzüge im 12monatlichen Ra-
ten.


Dieses Ansuchen wird
einstimmig bewilligt.


12.


Der General-Secretär
zeigt an, daß der Kanzlist
Lippka seinen Dienst wieder
regelmäßig verrichte und
fleißige Verwendung ange-
lobt habe. Derselbe versiche-
re in einem Schreiben an
den General-Secretär, daß
seine aus früheren widrigen
Verhältnissen entsprungene
Schuldenlast mit 90 fl.Gulden CM.Conventionsmünze ge-
tilgt würde und bittet die

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Akademie wolle ihm diesen
Betrag als einen Vorschluß
gegen geringe monatliche
Abzahluung von seinem Ge-
halte zugestehen.


Diese Bitte wird ein-
stimmig gewährt und der
monatliche Gehaltsabzug
auf 5 fl.Gulden festgesetzt, so daß
der Vorschluß in 18 Monaten
getilgt sei.


13.


Der Vice-Präsident
richtet nun an die Akademie
die Anfrage, in welcher
Art die Stellvertretung
des General-Secretärs
einzuleiten sei. Der Herr
Curator deute zwar in
seinem Erlasse darauf hin-
daß der 2t Secretär er-
sucht werde für die kurze
Zeit bis zur Revision der
Geschäftsordnung das Amt
des General-Secretärs zu
versehen, stelle jedoch der
Akademie auch frei in an-
deren Weise vorzusorgen.


HerrHr. Secretär Wolf
erklärt, daß er nur
dann, wenn die Akademie
es ausdrücklich verlange
sich zu der gedachter Stell-
vertretung herbeilassen
würde, jedoch der Akademie

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sich zur Danke verpflichtet
sähe, wenn ihm die zur ihn
in seinen Verhältnissen be-
deutende Last nicht aufer-
legt werden möchte.


Der General-Secretär
bittet um das Wort und er-
klärt, daß er die soeben ge-
machte Äußerung seines
Collegen nur billigen könne,
zumal, da in dem gegenwär-
tigen Falle das Auskunfts-
mittel ganz nahe liege:


Es müsse ja ohnedieß ein
Stellvertreter des Secretärs
der mathematisch-naturwis-
senschaftlichen Classe bestimmt
werden; sobald dieser sich
geneigt erklärt auch das
General-Secretariat zu
führen, sei jede Verlegen-
heit beseitiget. In Betreff
der Person seines provisorischen
Nachfolgers erlaube er sich
einen Vorschlag zu machen:
Da keiner der Herren
Mitglieder der mathematisch-
naturwissenschaftlichen Classe
bisher gegen dem General-
Secretär
die Bereitwillig-
keit geäußerte habe die
Stelle aushilfsweise zu über-
nehmen mit Ausnahme
des Herrn ProfessorProf. Schrötter

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so müsse er voraussetzen,
daß außer demselben Nie-
mand dazu geneigt sei, denn
im Falle des Gegentheils
hätte zu gewiß eine vor-
läufige Rücksprache mit
dem bisherigen General-
Secretär
Stattgefunden.


ProfessorProf. Schrötter sei zu-
fälliger Weise in der Lage,
daß ihm diese Bürde minder
beschwerlich fallen dürfte
als jedem Anderen. Das
Laboratorium des Herrn
Professors befindet sich im
Gebäude des polytechnischen
Instituts; seine Wohnung
in dem an das Institut
anstoßenden Hause; es
sei daher am passendsten
Herrn ProfessorProf. Schrötter zur
fraglichen Stellvertretung
aufzufordern, umsomehr,
als er alle sonstigen hiezu
erforderlichen Eigenschaf-
ten in sich vereinige.


Der HerrHr. Vice-Präsident
unterstützt den Antrag
und ProfessorProf. Schrötter er-
klärte seine Bereitwillig-
keit zur Übernahme
der Stellvertretung.


Es wird nun bean-
tragt nach den bei den

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Wahlen üblichen Vor-
gange die Abstimmung durch
Zettel vorzunehmen. Von
den 32 Anwesenden stimmen
17 für Schrötter, 3 für Wolf,
3 für Unger, 3 für Hyrtl,
1 für Fenzl, 1 für Prechtl;
3 Mitglieder enthalten
sich des Stimmens.


Sonach wird Herrn
Professor Schrötter, auf
welchen die absolute Stim-
menmehrheit fiel, die
provisorische Verwaltung
des General-Secreta-
riats und jenes der mathe-
matisch-naturwissen-
schaftlichen Classe über-
tragen.


Der Vice-Präsident
beantragt, daß die Über-
gabe des Amtes von dem
abtretenden General-Se-
cretär vor einer Com-
mission von sich gehe, wo-
zu er die Herren Wolf
als zweiten Secretär und
Redtenbacher & Bergmann
als Vertreter der beiden
Classen bezeichnet, was
gutgeheißen wird


Die bezeichneten Herren
kommen mit Professor

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Schrötter und vonv. Ettings-
hausen
überein, daß diese
Übergabe Samstag den
1. Juni, Vormittag um
9 Uhr Statt finde.


Hiemit wird die Sit-
zung geschlossen. (:7 Uhr:)


ABaumgartner
ASchrötter
provisorischerprov. GeneralsecretärGen. Sec.