Sitzung der phil.-hist. Klasse am 29. März 1848

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C. 13.


Kaiserliche Akademie der Wissenschaften.


Protokoll


der Sitzung der historisch-philologischen Classe


am 29. März 1848.


Anwesend: Der Herr Präsident Baron von Hammer-Purgstall.
Die wirklichen Mitglieder Herr Grillparzer
Herr - Arneth
Herr - Chmel
Herr - Auer
Herr - Bergmann
Herr - von Karajan
Herr - Pfizmaier
Der Secretär Herr - Wolf
Die correspondirenden Mitglieder Herr - Vuk-Stefanovich
Herr - Kaiblinger
Als Gast Herr General-Secretär von Ettingshausen.


(317) Der Secretär liest ein Schreiben
de dato dto 10. März 1848 des vormaligen
Obersten Kanzlers nebst einer Ab-
schrift von dessen Circulare an die
Länder-Chefs vor, wodurch die Mit-
glieder der historischen Commission
verständiget werden, daß die
Länder-Chefs bereits aufgefordert
worden seyen, ihnen den Zugang
zu den Archiven der landesfürstli-

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chen Städte und Gemeinden zu er-
mitteln; ferner die von der Hof-
kanzlei mitgetheilten, ihr neuer-
dings zugekommenen Eingaben der
Länderstellen (von Steiermark
und Dalmatien), der Bisthümer
(des Erzbisthums von Wien, und
der Bisthümer von Linz, Seckau
und Trient) und der Stifter und
Klöster (der von Sankt St. Peter in


Salzburg, Schotten zu Wien, Sankt St.
Florian
, Michaelbeurn, Sankt St. Paul
in Kärnthen, Neureisch, Lilien-
feld
, Herzogenburg, Neukloster
in Neustadt und Melk), worin
der historischen Commission
Nachrichten über den Zustand
der Archive, die bereits vorge-
nommenen archivalischen und
historischen Arbeiten und die
Bereitwilligkeit, ihre Zwecke
zu unterstützen, bekanntgegeben
werden.


Hierauf erstattete der Herr
Regierungsrath Chmel seinen
Bericht ab, über das der Akade-
mie zur Beurtheilung zuge-
sandte Werk des Herrn Xavier X.
Boyer aus Colmar: Rodolphe
de Habsbourg
.


Herr Doctor Dor Pfizmaier liest
seine für die Denkschriften be-

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stimmte Abhandlung: "über das chinesische
Geschichtswerk Tso-tschuen", wo-
rin zuerst über den Ursprung
und die Eigenthümlichkeiten des
ältesten chinesischen Geschichts-
werkes, des Tschün-tsieu von
Khung-tse (Confucius) berichtet
wird. Dann wird gezeigt, daß
dieses Werk ohne Commentar
nicht einmal den Chinesen selbst
mehr verständlich ist, und daß
die speciellere Kenntniß der
Geschichte jener Zeiten aus andern,
den nämlichen Zeitraum behan-
delnden Geschichtschreibern, unter
welchen Tso-shi der Verfasser
von Tso-tschuen, den ersten
Rang einnimmt, geschöpft werden
müsse. Es wird hierauf die
Wichtigkeit des letzteren Wer-
kes in dieser Beziehung speci-
eller nachgewiesen und Proben
daraus in deutschen Übersetzung
nebst den nöthigen Erläuterun-
gen mitgetheilt.


Herr Regierungsrath
Arneth theilt ein Schreiben des
Herrn von Jabornegg aus
Klagenfurt über die von ihm
herausgegebenen: "Römischen
Alterthümer in Kärnthen" mit,
worin er sich zugleich anfrägt,
ob die Akademie die Fortsetzung

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dieses Werkes unterstützen wolle, was
dahin beantwortet wird, daß die Aka-
demie in der von ihr herauszu-
gebenden "Quellensamlung zur
österreichischen Geschichte (Fontes
rerum Austriacarum)" eine
eigenen Abtheilung den in der Mo-
narchie vorfindlichen Inschriften, so-
wohl griechischen und römischen als
auch mittelalterlichen (bis zum 17ten
Jahrhundert Jahrh. ) widmen, und in, nach den
Provinzen abgesonderten Rubriken
herausgeben werde mit Nennung der
Einsender und Beschreiber. Fer-
ner legt Herr Arneth Zeich-
nungen von neugemachten
archäologischen Fünden vor, näm-
lich zwei Zeichnungen von griechi-
schen Gefäßen, welche unlängst
in der Krimm unweit Kertsch,
dem alten Panticapaeum, ge-
funden wurden, deren Dar-
stellungen sich auf Dionysos
und Ariadne beziehen und an
Vortrefflichkeit der Zeichnung
und Ausführung denen von
Groß-Griechenland gleich-
kommen; und die Zeichnung
einer Silberschale, die vor drei
Monaten bei Neuburg an der
Donau
in Baiern gefunden
wurde und zu den seltensten


Monumenten dieser Gattung
gehört, die darauf befindliche
Darstellung, bestehend aus 22
großen Figuren, drei kleinen

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Kindern und einem Siegeszeichen,
scheint sich auf die Siege des
Germanicus oder des Severus
Alexander zu beziehen.


Endlich überreicht Herr
Regierungsrath Auer ein
Exemplar seiner "Sprachenhalle",
deren Entstehung, Einrichtung
und Zwecke er erläutert, und
ein Exemplar der "Sanskrit-Gram-
matik" des correspondirenden
Mitgliedes Doctor Dr Boller und
liest ein Schreiben des Profes-
sors Brockhaus aus Leipzig,
worin diese Grammatik als
eines der trefflichsten Werke
dieses Faches beurtheilt wird.


Hammer-Purgstall
FWolf
Aug. Pfizmaier
Jos. Chmel
Jos. Arneth
Auer