Sitzung der phil.-hist. Klasse am 17. Oktober 1849
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C. 54.
Kaiserliche Akademie der Wissenschaften.
Protokoll
der Sitzung der historisch-philologischen Classe
am 17. October 1849.
Anwesend: Der Alters-Präsident Freiherr Hammer-Purgstall
Die wirklichen Mitglieder
HerrHr.
Arneth
Herr
"
Chmel
Herr
"
Freiherr
Freih.
von
v.
Münch
Herr
"
Bergmann
Herr
"
von
v.
Karajan
Herr
"
Pfizmaier
Herr
"
Diemer
Herr
"
Springer
Der Secretär
Herr
"
Wolf.
Als Gäste die Herren Schuller
Fesl
Zimmermann
Schrötter
Auf die Anzeige des
Se-
cretärs, daß die
mathematisch-
naturwissenschaftliche Classe
be-
schlossen habe, die Sitzungs-Pro-
tokolle statt wie bisher
unter-
zeichnen, in der darauffolgenden
Sitzung vorlesen
zu lassen,
be-
schließt die philosophisch-historische
Classe, diese Art der Genehmigung
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auch bei ihren Sitzungs-Protokollen
von nun an einzuführen; dem zu
Folge liest der Secretär
das Protokoll
der vorhergehenden Sitzung, welches
ohne Bemerkung genehmigt wird.
Doch kommt bei dieser
Gele-
genheit der in dem Beschluße der
vorhergehenden Sitzung nicht
hin-
länglich präcisirte Zeitpunkt: von
wann an
die Sitzungsberichte
ho-
norirt werden sollen, nochmals zur
Sprache, und auf die Bemerkung
mehrerer Mitglieder, daß dafür der
Beginn
der Sitzungsberichte
anzuneh-
men und daher alle bisher
er-
schienenen noch nicht honorirten
Aufsätze, Mittheilungen und
Be-
richte in den "Sitzungsberichten" nach
dem in der vorhergehenden Sit-
zung bestimmte doppelten
Maß-
stabe zu honoriren, nicht nur
nichts im Wege stehe, sondern daß
dieß auch billiger und von der
an-
dern Classe bereits in Anwendung
gebracht worden sei, läßt der
HerrHr.
Alters-Präsident
nochmals
darüber abstimmen, und durch
Stimmenmehrheit beschließt die
Classe:
Alle seit Beginn
der
Sitzungs-
berichte darin abgedruckten und
noch nicht honorirten Aufsätze,
Mittheilungen und Berichte in der
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angenommenen Weise zu honoriren,
und beauftragt ihren Secretär, den
Herrn
Hrn.
General-Secretär
davon zu
verständigen und diesen Beschluß
vollziehen zu lassen.
Der Secretär legt dann vor:
(711) a Einen Bericht des
correspondirenden
corresp.
Mitglie-
des
Miklosich über ProfessorProf.
Kollar's
Abhandlung über die Inschrift von
Perugia, worin Berichterstatter
sich für incompetent erklärt.
Es ist daher der Bericht des
an-
deren dafür ernannten Commissions-
mitgliedes
Herrn
Hrn.
Regierungsrath
Reggsrath
Arneth
abzuwarten.
(902) b. Die von
Herrn
Hrn.
Doctor
Dor
Fesl der Aka-
demie zum Geschenk gemachten
Werke Bolzano's mit einem einbe-
gleitenden Schreiben, das der
Secre-
tär im Namen des
Doctor
Dr
Fesl vorliest.
Die Classe drückt dem anwesenden
Geschenkgeber ihren besten Dank
für diese werthvolle Gabe aus und
beschließt, sein Einbegleitungsschreiben
in ihren "Sitzungsberichten" abdrucken
zu lassen.
(875) c. von dem correspondirenden Mit-
gliede
Herrn
Hrn.
ProfessorProf.
Kopp in Lucern,
ein Dankschreiben für seine Er-
nennung mit der Bitte, ihn dem
für die Untersuchung der römischen
Bibliotheken und Archive bestimmten
österreichischen Gelehrten beizugesellen.
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Auf die Bemerkung des
Herrn
Hrn.
Regierungsrathes
Reggsth.
Chmel, daß der "österreichische
Ge-
lehrte", welchen man dafür im Sinne
hatte, HerrHr. Franz Baumgartner
leider durch den Tod zu frühe der
Wissenschaft entrissen worden sei,
und daß er nun dazu keinen
geeig-
neteren wissen, als den jetzt ohnehin
der Akademie als correspondirendes
Mitglied verbundenen
Herrn
Hrn.
Kopp
selbst, bevollmächtiget und ersucht
die Classe
Herr
Hrn.
Chmel, bei
Herrn
Hrn.
ProfessorProf.
Kopp
brieflich anzufragen: ob, wann
und unter welchen Bedingungen
er selbst
sich diesem Auftrage der
Akademie unterziehen wolle?
(862
und
u.
883) d. Von Freiherrn
von
v.
Ankershofen
den ersten Band von dessen "Hand-
buch der Geschichte von Kärnten"
und Fortsetzung seiner Urkunden-
Regesten.
Letztere (durch die Kanzlei)
Herrn
Hrn.
Regierungsrath
Chmel
für das
"Archiv" zuzustellen.
(887) e. Eine von 22 hiesigen Schrift-
stellern unterzeichnete Petition
um Herausgabe einer Literatur-
und Kunstzeitung durch die
kaiserliche Akademie.
Da die eigentliche Discussion
und Beschlußfassung über
die-
sen Gegenstand ohnehin nur in
einer Gesammtsitzung stattfinden
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kann, so begnügt sich die Classe
vor-
läufig Notiz davon zu nehmen
(nur die Herren
von
v.
Karajan,
Diemer und Springer
erbitten sich
Mittheilung der Petition), und
die meisten Mitglieder sprechen
sich im Ganzen geneigt aus für
ein Eingehen der Akademie auf
den Vorschlag der Petenten.
(888) f. Von
Herrn
Hrn.
Doctor
Dr
Schmidl, ein Ge-
such um Unterstützung zur Fort-
setzung seines Werkes: "Kunst und
Alterthum in Österreich" nebst
Vorlage der bisher erschienenen
Hefte.
HerrHr. Regierungsrath
Arneth
be-
merkt, im Falle der Akademie
die Fortsetzung dieses Werkes
wünschenwerth scheine, werde sie
besser thun, sich mit der Akademie der
bildenden Künste dazu zu vereinen,
denn nur dadurch könne ein für
Wissenschaft und Kunst
ersprieß-
liches Resultat erzielt werden;
die vorliegenden Hefte aber seien
in keiner dieser beiden Beziehun-
gen befriedigend. Jedenfalls müsse
erst durch eine Commission unter-
sucht werden, ob der Herausgeber die
angesuchte Unterstützung ver-
diene?
HerrHr. Regierungsrath
Chmel ist
nicht gegen diese Art der Fort-
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setzung und Vereinigung mit der
Akademie der bildenden Künste,
indem dadurch das Werk gewiß
besser und vollkommener werde;
glaubt aber, daß, wenn die Akademie
das Werk übernehmen wolle, sie
auch den bisherigen Herausgeber für
die darauf verwendeten Kosten, die
er auf 350
Gulden
fl.
Conventionsmünze
CM.
angegeben, ent-
schädigen müsse, und vielleicht
wäre doch er unter Oberleitung
beider Akademien mit der Redac-
tion der Fortsetzung zu betrauen.
Die Herren
von
v.
Münch und
von
v.
Karajan meinen, man solle
sich vorerst überhaupt entscheiden,
ob man das Werk übernehmen
und dann den bisherigen
Heraus-
geber für die Überlassung
ent-
schädigen wolle oder nicht? Und
HerrHr.
von
v.
Karajan fügt bei, im
Falle der Fortsetzung durch
HerrHr.
Schmidl
möge sich die
Akademie immer vorerst Text
und Abbildungen vorlegen lassen.
Der Secretär
erlaubt sich
auf-
merksam zu machen, daß, wenn
die Sache einer Unterstützung
werth sei, auch die Person eine
Berücksichtigung verdiene.
HerrHr.
Diemer
entgegnet, er
glaube nicht daß HerrHr.
Schmidl auf
Entschädigung Anspruch habe, denn
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die vorliegenden Hefte seien nur
Einzelabdrucke aus dessen Zeitschrift,
bei dieser sei er aber ohnehin
durch Abnahme von 80
Exemplaren
durch den Staat unterstützt worden;
überdieß rühre weder der Text
noch die Zeichnung von ihm her; auch
halte er ihn nicht für geeignet die
Fort-
setzung zu besorgen; denn abgesehen
davon, daß HerrHr.
Schmidl
sich bei
so viele anderen
Unternehmun-
gen betheilige und ihm daher hiezu
fast keine Zeit bleibe, biete er
als Privat keine hinlängliche
Garantie für das Gelingen des
Unternehmens; ohnehin habe HerrHr.
Doctor
Dor
Schmidl
von der Akademie
für ein anderes Werk (seine
Geo-
graphie) erst eine
Unterstüt-
zung erhalten. Jedenfalls werde
die Akademie besser thun, ein
ähnliches Werk im Verein mit
der der bildenden Künste selbst zu
unternehmen.
Freiherr
Freih.
Hammer-Purgstall ver-
wundert sich wie die Akademie,
die jüngst erst von
Berück-
sichtigung der bildenden Kunst
nichts wissen wollte, nun auf
ein-
mal sich dafür interessire.
Wogegen HerrHr.
Chmel
be-
merkt, daß es sich hier um Kunst
in Verbindung mit vaterländisch-
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historischen Denkmälern handle,
und die Akademie in diesem
Sinne schon die Unternehmung
des
Herrn
Hrn.
Heider
unterstützt
habe. Jedesfalls möge man eine
Commission
zur Untersuchung
der Fragen ernennen, ob das
Werk und wie fortzusetzen und
ob der bisherige Herausgeber
zu entschädigen sei?
Diesem Antrag des
Herrn
Hrn.
Chmel
schließen sich die Herren
Arneth,
von
v.
Münch,
von
v.
Karajan
und
u
Wolf an.
In Folge dessen ernennt
Frei-
herr
Hammer-Purgstall
in
seiner Eigenschaft als
Alters-
präsident zu Mitgliedern diese
Commission: die Herren Arneth,
von
v.
Karajan und Diemer.
HerrHr.
Arneth
beginnt die Lesung
ei-
nes Aufsatzes des
wirklichen
w.
Mitglieds
M.
Jodok
Jod.
Stülz: "Die
Jugend und Wanderjahre des Grafen
Franz Christoph Khevenhiller
nach
sei-
nen eigenen Aufzeichnungen.
HerrHr.
Doctor
Dr
Zimmermann
liest als Gast
einen Aufsatz über "Bolzano."
Dieser wird zum Abdruck in den
Sitzungsberichten bestimmt.
FWolf