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ist der Einzige aus der Gruppe der
P. R. B., den man bei uns in Wien nicht
nur dem Namen nach kennt. Einst Arm
in Arm mit MORRIS und BURNE-JONES,
hat er im Anschlusse an die junge Tra-
dition der Pfadfinder ROSSETTI, MILLAIS,
HUNT und RUSKIN durch eine fast über-
menschlich vielseitige Kunstbethätigung
(Ölgemälde, Aquarelle, Fresken, Glas-
malereien, Zeichnungen, Holzschnitte,
Kinderbücher, Kalender, Einbände, Bilder-
rahmen, Stickereien, Gobelins, Tapeten,
Vorhänge, Buntpapiere, Kattune, Kleider-
stoffe, Cravatten und sonstige Manufac-
turen) und namentlich durch die Begrün-
dung der Arts and Crafts Society in London
ganz unvergleichlich viel zur Neu- und
Wiedergeburt aller hohen und »niederen«
Künste beigetragen. Der radicalen Um-
bildung des englischen Kunstgeschmacks,
die zum großen Theil auf sein organisa-
torisch-künstlerisches Wirken zurückgeht,
hat die artistische Cultur Europas bekannt-
lich Grundlegendes zu danken. Man grüße
ihn in Verehrung.
Wie ROSSETTI und MORRIS darf auch
Crane den Doppelruhm des »Maler-Poeten«*
für sich in Anspruch nehmen. Wie bei
ROSSETTI und MORRIS kommt auch in
Cranes Gedichten neben den beabsichtigten
Anklängen an die Renaissance-Lyrik Italiens
jener transcendental-decorative Formalis-
mus zum Durchbruch, der sich in ALGER-
NON CHARLES SWINBURNE zur edelsten
Vollendung steigert.
Im übrigen wäre es sehr an der Zeit,
dass endlich auch unserer trägen Stadt
Bildschöpfungen der P. R. B. in nicht zu
spärlicher Zahl gezeigt werden. Hier könnte
die Secession eines guten Amtes walten!
Denn durch Darbietungen solch edler Art,
die in ihrer organischen Gesammtheit den
unwiderstehlichen Zauber einer ganzen,
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großen, festlichen Cultur ausströmen,
ist unendlich mehr gewonnen für unsere
Sinne und unsere Seele, als durch eklek-
tische Compilationen, die vor dem Auge
des Betrachters in ihre Elemente zer-
fallen und beim Verlassen der Aus-
stellung in unserem gehetzten Hirn im
Grunde nur ein Sammelsurium fremdlän-
discher Namen und Titel zurücklassen.
Man schwinge sich auf zu der That
und frage die Zöllner nicht erst lange,
die an den Grenzwällen der freien Kunst
vor Contrebande warnen. Man bringe
ROSSETTI nach Wien und lasse BURNE-
JONES ihm eilig folgen. Haben wir erst
die überschlanken, biegsamen, großäugigen
und gleichsam entmaterialisierten Frauen
ihrer unvergleichlichen Bilder in unserer
Mitte, um täglich zu ihnen zu pilgern
und unseren kleinen, rundlichen Mädchen
im Angesichte dieser Tafeln das Wesen
der Grazie zu erläutern, dann wird das
Leben unserer Seele um eine neue
Anmuth reicher sein. Edleres lässt sich
von den Wirkungen der Kunst wahrhaftig
nicht wünschen.
Warum also sollte der Arbeitsausschuss
der Secession Das nicht zustandebringen
können, was vor 1½ Jahren der Hof-
Kunsthandlung Ernst Arnold in Dresden
auf das glücklichste gelungen ist? Damals
gab es in den Kunstsalons auf dem Alt-
markt nahezu fünfzig Originalwerke, die
mit dem Signum BURNE-JONES einige
Wochen vor dem Tode des Meisters nach
Dresden gekommen waren.
Wie durch ein Wunschgärtlein schritt
man dahin inmitten dieser tausendfältigen
Wunder und ward königlicher mit jedem
Schritt — und wären die Gaffer nicht
gewesen, man hätte vor Schönheit
bitterlich aufgeschluchzt.
ANTON LINDNER.
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