Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 1, S. 27

Mittagstraum der Wandernden (Schmitz, Oskar A. H.)

Zum TEI/XML Dokument

Faksimile

Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 1, S. 27

Text

MITTAGSTRAUM DER WANDERNDEN.

Sie trägt die gelben Rosen in dem Kleide,
die hauchend ihren Morgenschlaf gewürzt,
es kost den Arm der Wurf aus blauer Seide,
den lässig ihre blasse Hand geschürzt.

aus einem dunkeln Hain ist sie getreten,
sie fürchtet nicht den sonnengelben Pfad:
wo müde Wanderer im Staube beten,
dass kühlend eine Mittagswolke naht.

ihr Schlummerkuss berührt die schweren Lider,
sie hüllt den Traum mit Morgenrosen ein:
»das ferne Haus und der Fontaine Lieder,
in einem Säulenhof aus weissem Stein.«

doch Winde spielen neckend um die Wange
und rufen wieder zu des Weges Müh’n,
ob in des Abends rothem Niedergange
die Zinnen einer weissen Stadt erglüh’n.

Paris.

Oscar A. H. Schmitz .

Zitiervorschlag

Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 1, S. 27, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-02-01-01_n0027.html)