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Burgtheater. »Jugend-
freunde«, Lustspiel in vier Auf-
zügen von Ludwig Fulda.
So erleben wir nun das erfreuliche
Schauspiel, dass das Unmoderne, wo
immer es sich zeigt, im rapiden, schon
von Tag zu Tag merklichen Nieder-
gange erblickt werden kann; dass
selbst das stark zusammengeschmol-
zene Stammpublicum des Herrn
Fulda, der Herren Blumenthal und
Kadelburg u. s. w. sich nicht mehr
ohne eine gewisse Verschämtheit
bei deren Stücken amüsirt, während
dieser Theil des Publicums vor
nicht so langer Zeit sich noch
brüstete, »das Lachen nicht ver-
lernt« zu haben. Insbesondere in
dieser Saison offenbart sich ein
entschiedener kritischer Fortschritt.
Hierin sind wir sogar dem Berliner
Publicum voraus. Freilich sind un-
sere Darsteller unfreiwillige Helfers-
helfer dieser Geschmackswandlung
gewesen. Berlin besitzt Schauspieler,
die sich jeden Augenblick in Ulk-
schauspieler verwandeln können,
welche sich über die Humor-
losigkeit ihrer Rollen lustig machen
und damit beim Zuschauer eine
freudige Heiterkeit erzeugen, dass
man das Veraltete nunmehr hinter
sich sieht. Unsere Darsteller haben
noch nicht so festen Fuss auf moder-
nem Boden gefasst, dass sie ris-
kiren könnten, über ein noch kaum zu-
rückgelegtes Stadium sich lustig zu
machen. Sie sind hiefür noch zu
ängstlich, sie haben Furcht, im
Rückschritt wieder stecken zu blei-
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ben. Fulda bedarf aber der Schau-
spieler, die über seinen Figuren
stehen. Das moderne Drama hat
schon zu tief Wurzeln geschla-
gen, als dass er noch wagen
würde, seine Stücke so zu dra-
piren. Er hat sich jetzt eine an-
dere Methode zurechtgelegt. Er
gibt seinen Producten nun den
Anstrich von übertrieben Ver-
altetem; durch unkünstlerisches
Contrastiren sucht er seine Aus-
geschriebenheit zu verbergen. In
den »Jugendfreunden« handelt es
sich um die Besiegung jener vagen,
bereits kindisch gewordenen Ehe-
feindlichkeit, die vom »Joch« nichts
wissen will. Diesen naiven Charakter
aber hat die Stellung zwischen
Mann und Weib längst verloren;
ein ganz anderer Humor umspielt
heute die geschlechtlichen Be-
ziehungen. Denn mit dem Ernst
ändert sich auch dessen Wider-
spiel. Wie schwach noch dazu
das ganz äusserliche Charakterisi-
rungsvermögen Fulda’s ist, geht
beispielsweise daraus hervor, dass
eine so vortreffliche Wiener Dialect-
komikerin wie Frau Schratt die
grössten Anstrengungen machen
musste, um innerhalb der ihr vom
Autor gezogenen Rollelinien als
Wienerin kenntlich zu bleiben.
F. Schik
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Deutsches Volkstheater.
Die »Bürgermeisterwahl« des Herrn
Burckhard ist als Glied einer
allgemeinen und nothwendigen
Entwicklung bemerkenswert!!. Die
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