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Wenn man in der Geschichte verfolgt,
wie die Wissenschaft zu neuen Erschei-
nungen und Problemen sich verhalten
hat, dann findet man es begreiflich, dass
Professor Zöllner einmal sagen konnte:
»Zu allen Zeiten hat selbst bei den be-
deutendsten Vertretern der Wissenschaft
eine bis zur pathologischen Er-
regung gesteigerte Furcht vor
An-
erkennung
neuer Thatsachen
obgewaltet.« Man wird die Richtigkeit
dieser Behauptung schon zugeben müssen,
wenn man sich z. B. folgende Vor-
kommnisse vor Augen führt: Humphry
Davy lachte über die Vorstellung,
dass London jemals mit Gas beleuchtet
werden sollte; La Place erklärte als
Präsident der französischen Akademie
der Wissenschaften die Discussion der
Frage über die Realität der Meteorstein-
fälle für unanständig und einer so illustren
Gesellschaft unwürdig; Galvani wurde als
Tanzmeister der Frösche verspottet; der
Entdeckung des Blutkreislaufes wurde ein
allgemeiner Widerstand entgegengesetzt;
Martin Korky, ein Schüler Kepler’s, er-
klärte diesem: »Ich werde niemals jenem
Italiener aus Padua (Galilei) seine vier
Satelliten des Jupiter zugestehen, und
wenn ich deshalb sterben sollte«; als
Reis, der Erfinder des Telephons, die Re-
daction von »Wiedemann’s Annalen« um
Aufnahme einer Beschreibung seiner elek-
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trischen Fernsprechversuche bat, wurde
ihm die Antwort, dass ein ernsthaftes
wissenschaftliches Blatt für solchen Hum-
bug keinen Raum habe; Bouillaud er-
klärte in einer Sitzung der französischen
Akademie, nach reiflicher Prüfung stehe
es für ihn fest, dass beim Phonographen
nur Bauchrednerei im Spiele sei; Th. Gray
sollte in die Zwangsjacke gesteckt werden,
weil er die Durchführbarkeit der Eisen-
bahnen behauptet hatte; ein hübsches
Pendant hiezu ist der feierliche Protest
der medicinischen Facultät der Univer-
sität Würzburg gegen die Benützung der
Eisenbahn zum Transport von Menschen,
welcher Protest gelegentlich des Baues
der ersten deutschen Eisenbahn von
Nürnberg nach Fürth erhoben wurde;
der deutsche Arzt R. Mayer wurde that-
sächlich in die Zwangsjacke gesteckt,
weil er es mit der Begründung der
mechanischen Wärmetheorie gewagt hatte,
den Physikern von Fach in das Hand-
werk zu pfuschen.
Die Gründe, aus welchen die officielle
Wissenschaft fast regelmäßig geirrt hat,
wenn sie neue Erscheinungen ohne vor-
herige gründliche Untersuchung beurtheilt,
sind verschieden. Viele Gelehrte fürchten,
sich lächerlich zu machen und für un-
aufgeklärt zu gelten, wenn sie einer
radicalen Neuerung auch nur ein ernstes
Interesse entgegenbringen wollten. Andere
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