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Im tiefsten Innern unbefriedigt, trotz
der täglich sich mehrenden Zahl natur-
wissenschaftlicher Entdeckungen; wirklich
wertvollen Gedankengängen gegenüber
voreingenommen, infolge der Gleich-
wertigkeit all dieser erkannten Thatsachen:
hat das gegenwärtige Zeitalter die Fähig-
keit verloren, auch den subjectiven
Gehalt von Natursystemen zu würdigen,
die Architektonik solcher Systeme nicht
bloß nach ihrer physikalischen, sondern
auch nach ihrer ästhetischen Bedeutsam-
keit aufzunehmen.
Wohl darf nicht in Abrede gestellt
werden, dass es — im allgemeinen —
um die Naturwissenschaft besser bestellt
ist, wenn sich der einzelne Forscher nur
mit dem Phänomenalen seines Forschungs-
gebietes befasst, und sich damit bescheidet,
den unerklärlichen Rest den speculativen
Disciplinen selbst zuzuweisen; und dass
einer ganz nebulosen, durch keinerlei
Grenzen eingeschränkten Naturdarstellung
Angel und Thor geöffnet sind in dem
Momente, da man von jeder Controlier-
barkeit des Erschlossenen absieht, und
dem Naturforscher die Freiheit lässt, ohne
jede Rücksicht auf das bereits Erkannte
oder Gefundene, seinen Phantasmen den
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Charakter objectiv wahrnehmbarer That-
sachen zu verleihen.
Ganz anders aber verhält es sich,
wenn es einem harmonisch fühlenden
Geiste gelungen ist, die Phänomene in
ihrer einfachen Größe anschaulich zu
beschreiben, die Gesetzmäßigkeit in ihrem
Ablaufe darzulegen, durch starre Formeln
den begrifflichen Operationen näher zu
bringen, und nunmehr an die stillen
Kräfte unseres Gemüthslebens anzuknüpfen;
wenn es ihm gelungen ist, zunächst die
von der Vernunft aufgeworfenen Fragen
zu beantworten, und dann zu zeigen, wie
es dieselben Relationen sind, in denen
der Verstand seine Beruhigung findet,
und unser Empfindungsleben. Dass der
Weg psychologisch der entgegengesetzte
ist, dass einem solchen Genius zunächst
klar und gegeben ist, wie sein Innenleben
auf den Kosmos reagiert, und dass er
dann erst darangeht, der logischen oder
physikalischen Berechtigung seiner Welt-
ansicht nachzugehen, und mit Erfolg auf
die Erklärung des Weltbildes anzuwenden
— darf wieder jene nicht anfechten, denen
es, wie sie stark hervorheben, um die
objective Giltigkeit und Controlierbarkeit
allein zu thun ist.
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