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sollten, die Wahrheit herbeizuwünschen
und zu suchen. Ich will hier nicht auf-
zählen, was die Bienenkunde ihm alles
verdankt, ich konnte leichter sagen,
was sie ihm nicht verdankt. Seine »Nou-
velles observations sur les Abeilles«,
von denen der erste Band im Jahre 1789
in Form von Briefen an Charles Bonnet
erschien — der zweite folgte erst
25 Jahre später — sind der unerschöpf-
liche, untrügliche Schatz für alle Bienen-
forscher. Gewiss enthält das Werk auch
Irrthümer und Unzulänglichkeiten, es
sind seit diesem Buche in der mikro-
skopischen Bienenkenntnis und prakti-
schen Bienenzucht, der Behandlung der
Königinnen u. s. w. manche Fortschritte
gemacht worden, aber nicht eine seiner
Hauptbeobachtungen ist widerlegt oder
als irrig erwiesen worden; sie sind im
Gegentheil die Grundlage unseres heu-
tigen Wissens.
III.
Nach Hubers Entdeckungen herrscht
einige Jahre Schweigen, aber bald ent-
deckt ein deutscher Bienenzüchter, der
Pfarrer Dzierzon, die jungfräuliche Zeu-
gung (Parthenogenesis) der Bienen und
erfindet den ersten Kastenstock mit
beweglichen Waben, durch den der
Imker befähigt wird, seinen Antheil an
der Honigernte zu gewinnen, ohne seine
besten Völker zu zerstören und die
Arbeit eines ganzen Jahres in einem
Augenblick zu vernichten. Dieser noch
sehr unvollkommene Kastenstock ist
dann von Langstroth meisterhaft ver-
vollkommnet worden. Er erfand den
eigentlichen beweglichen Rahmen, der
in Amerika Verbreitung fand und außer-
ordentliche Erfolge erzielte. Root, Quin-
bij, Dadant, Cheshire, de Layens, Cowan,
Heddon, Houward u. a. brachten dann
noch einige wertvolle Verbesserungen
an. Endlich erfand Mehring, um den
Bienen Arbeit und Wachs, also auch
viel Honig und Zeit zu sparen, Kunst-
waben, die sie alsbald benutzten und
ihren Bedürfnissen anpassten, während
Major von Hruschka die Honigschleuder
erfand, eine Centrifugalmaschine, die
den Honig ausschleudert, ohne dass
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die Waben zerstört werden. Damit er-
öffnet sich eine neue Periode der Bienen-
zucht. Die Kästen sind von dreifachem
Fassungsvermögen und dreifacher Er-
giebigkeit. Überall entstehen große,
leistungsfähige Bienenwirtschaften. Das
unnütze Hinmorden der arbeitslustigsten
Völker und die »Auslese der Schlech-
testen«, welche die Folge davon war,
hören auf. Der Mensch bekommt die
Bienen wirklich in seine Gewalt, er
kann seinen Willen durchsetzen, ohne
einen Befehl zu geben, und sie gehorchen
ihm, ohne ihn zu kennen. Er über-
nimmt die Rolle des Schicksals, die
sonst in der Hand der Jahreszeiten
lag. Er gleicht die Ungunst der ein-
zelnen Jahreszeiten aus. Er vereinigt
die feindlichen Völker. Er macht Reich
arm und Arm reich. Er vermehrt oder
verringert die Geburten. Er bestimmt
die Fruchtbarkeit der Königin. Er ent-
thront und ersetzt sie in schwer errun-
genem Einvernehmen mit dem beim
bloßen Argwohn einer unbegreiflichen
Einmischung rasenden Bienenvolke.
Er versehrt, wenn er es für nützlich
hält, ohne Kampf das Geheimnis des
Allerheiligsten und kreuzt die kluge
und weitblickende Politik des könig-
lichen Frauengemaches. Er bringt sie
fünf- oder sechsmal hintereinander um
die Früchte ihrer Arbeit, ohne sie zu
verletzen, zu entmuthigen und arm zu
machen. Er passt die Honigräume und
Speicher ihrer Wohnungen dem Ertrage
der Blumenernte, die der Frühling über
die Berghänge austreut, an. Er zwingt
sie, die üppige Zahl der Bewerber,
welche auf die Geburt der Prinzessinnen
harren, herabzusetzen. Kurz, er thut
mit ihnen, was er will und erreicht von
ihnen, was er fordert, vorausgesetzt,
dass seine Forderungen mit ihren
Tugenden und Gesetzen übereinstimmen,
denn sie sehen über den Willen des un-
verhofften Gottes hinaus, der sich ihrer
bemächtigt hat und der zu ungeheuer
ist, um erkannt, zu fremd, um begriffen
zu werden, weiter, als dieser Gott selbst,
und sind nur darauf bedacht, in uner-
müdlicher Selbstverleugnung die geheim-
nisvolle Pflicht gegen die Gattung zu
erfüllen.
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