Wiener Rundschau: Jg. 5, Nr. 18, S. 343

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Wiener Rundschau: Jg. 5, Nr. 18, S. 343

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WIENER
RUNDSCHAU

HERAUSGEGEBEN VON FELIX RAPPAPORT

30. SEPTEMBER 1901

V. JAHRGANG, NR. 18


Wir theilen hiedurch unseren Lesern
mit, dass diese Zeitschrift aufhört, in
der bisherigen Form zu erscheinen. Es
begründet sich dies — was für Lügen
auch immer diesbezüglich in Umlauf
kommen mögen — einfach aus dem
Umstande, dass die Absichten, welche
die Gründung des Blattes herbeiführten,
in der Hauptsache vorläufig genugsam
zum Ausdrucke gebracht erscheinen;
wir hatten eben nicht vor, die Zahl
der periodischen literarischen Über-
flüssigkeiten zu vermehren, sondern
bestimmte neue Erkenntnisse zu ver-
mitteln. Wir haben die Möglichkeiten
der Begründung einer modernen Kritik
untersucht, welche, auf die Fortschritte
der occulten Psychologie, auf die Er-
kenntnistheorie und die transcendentale
Physik gestützt, ihren Urtheilen eine
sichere und wissenschaftliche Basis
geben kann, während fast alle bisherige

nur oberflächlich willkürliches Geschwätz
ist. Wir haben gezeigt, dass es absurd
ist, sich mit Kunst zu beschäftigen,
wenn man gerade diejenigen Theile
des menschlichen Organismus, welchen
sie entstammt, nicht kennt und, auf
den Dogmen einer überwundenen Bio-
logie fußend, deren Existenz grund-
sätzlich nicht kennen will, und dass
nur die Kenntnis der verborgenen mathe-
matischen Grundverhältnisse exacte
Kunstbeurtheilung ermöglicht. Wir
haben all dies übrigens nicht aus
eigenem Antriebe, sondern lediglich als
Organe der Evolution gethan. Die
Leiter derselben kennen die Wege, die
sie zu wählen haben, und es ist mög-
lich, dass ihnen angesichts des Geistes-
tiefstandes im heutigen Europa die
Veröffentlichung jener Untersuchungen
verfrüht erschien, deren erste Serie
hiemit abgeschlossen ist.

Zitiervorschlag

Wiener Rundschau: Jg. 5, Nr. 18, S. 343, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-05-18_n0343.html)