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lich nach der Tiefe zuzusteigern. Die
Farbe verwendete er, wie den Stift,
durchaus zeichnerisch.
Durch eine unendliche Reihe von
Stadien geht die Durchbildung der
Formen zu einer schließlich so ge-
schlossenen und überzeugenden Er-
scheinung der Materie, dass die Ent-
stehung eine räthselhafte wird. Wunder-
bare Analogie des Entstehens einer
bildnerischen Vorstellung aus der Be-
obachtung und der Erinnerung an un-
gezählte, vorübergehende, zufällige Mo-
mente, die, bewusst gesehen, beurtheilt
und dem innerlichen Schatz an Form
einverleibt, eine Auslese der typischen
Formen entstehen lassen, deren Proji-
cierung auf die Bildtafel Menschen von
räthselhafter Herkunft, unbekannter
Rasse und Schönheit gebiert, mit den
Verwandlungen und der endlichen
Bannung der Materie! — Dieselbe
Stufenleiter von allem noch Zufälligen
oder Ungenügenden bis zum einfach-
sten, sprechendsten, natürlichsten Aus-
druck macht der Entwurf, wie von der
Beobachtung in der Wirklichkeit, so
in sich wieder auf dem Papier durch,
und in ihm wiederum jede einzelne
Figur. »Man könnte sagen, dass Marées
in seiner Malerei verschiedene, ein und
dieselbe Gestalt betreffende bildnerische
Gedanken accumulierte und ihrer mit
der Zeit so viele zusammentrug, dass
daraus Resultate entstanden, welche
das Wesen der Gestalt zu erschöpfen
schienen.« (P.) Er baut also mit Kör-
pern, Massen, Richtungen und Linien.
(Man muss hier an Degas denken, den
Einzigen, der, ganz frei von gegenständ-
lichem Interesse an seinen Objecten,
mit Massen und Richtungen (Menschen,
Thieren und Landschaften) und mit
leeren Flächen der Leinwand selber
componiert (wozu bei ihm noch das
directe Interesse am Aufbau eines
Farbenaccords kommt), kurzum, mit
den eigentlichen Elementen malerischer
Arbeit.
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Marées betrachtet die Arbeit an der
Bildtafel als Surrogat für die Wand-
malerei, welche die eigentliche Arbeit
des Meisters sei. Er stellte diese Art
Malerei über alle anderen. Er erkannte,
dass Bilder am meisten dadurch leiden,
dass sie in gänzlich unpassende Um-
gebungen versetzt werden. Diese Er-
kenntnis ist es auch, die heute die
Einen bestimmt, das »Bildermalen« zu
beschränken oder ganz aufzustecken,
um sich nach Möglichkeit erst wieder
der Schaffung neuer und entsprechender
Umgebungen für künftige Bilder zu
widmen, den Zusammenhang zwischen
Nothwendigem in Architektur und Ein-
richtung mit dem eigentlichen Schmuck
wieder herzustellen; die Anderen suchen,
wie Marées auch schon, einen Noth-
behelf für die fehlende Wandfläche und
die architektonische Angliederung der
Bildfläche an die Umgebung in dem
Entwerfen von zusammenhängenden
Bilderreihen, die ein ornamentaler,
architektonischer Rahmen um- und nach
außen abschließt. (Klinger: »Christus
im Olymp«.) Pidoll sagt sogar: »Ja,
man könnte behaupten, dass die völlige
Ausführung der erwähnten Bilderreihen
(Helena-Legende, Hesperiden) nur an
dem Umstande gescheitert ist,
dass es keine wirklichen Wand-
malereien waren. Hätten sie sich
in gewissen Stadien ihrer Durchführung
an der Wand befunden — und das
konnten sie auch, in Ansehung ihres
Materials* — so wäre ihr völliger
Abschluss die Sache von wenigen Tagen
gewesen, und Marées hätte sich wahr-
scheinlich gehütet, diese Darstellungen
mit Mitteln weiter treiben zu wollen,
welche seiner künstlerischen Natur
ebensowohl, wie dem Wesen der Wand-
malerei widerstrebten.«
Es wäre also der heilsame Zwang
des Materials gewesen, der uns Marées’
Gemälde, hätten sie sich auf der Wand
statt auf der transportablen Bildtafel
befunden, in jener gerühmten, zerstörten
Schönheit bewahrt hätte, die sie hatten,
bevor Marées die Arbeit mit der Ölfarbe
begann! Doch verwendete Marées, nach
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