Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 1, Nr. 2, S. 57

Holländische Landschaft Wünsche (Amicis, Edmondo deSchaukal, Richard)

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Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 1, Nr. 2, S. 57

Text

GEDICHTE.
HOLLÄNDISCHE LANDSCHAFT.

Weit läuft das Land, unendlich weit und eben
Im tiefen athemlosen Mittagschweigen.
Erstorbne Felder; rings Gewitterreigen
Am dunkelgrauen Horizonte schweben.

Brausende Wasser; zarte Gräser beben;
Die schlanken Erlen ihre Häupter neigen;
Auf allem liegt es brütend bang und eigen,
Wie künftges Weinen, nahen Unglücks Weben

Dort unten nur, hart an dem Wasserringe,
Raucht’s aus dem Haus, durch Pappeln halb verborgen,
Und eine Mühle hebt die Riesenschwinge.

Und in dem Grün, das keine Grenzen findet,
Nachtwandelnd, einsam, in Gedankensorgen —
Ein weisses Segel gleitet hin und schwindet

Rom. Edmondo de Amicis.

Deutsch von Paul Wertheimer.


WÜNSCHE.

Zwischen blonden, juwelengeschmückten Frauen,
Schlanken Gestalten in glänzenden, reichen Seiden,
Möchte ich sitzen und Qualen des Wählens leiden,
Wenn schmeichelnde Augen fragen unter den dunkeln Brauen.

Zitiervorschlag

Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 1, Nr. 2, S. 57, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-01-01-02_n0057.html)