Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 1, Nr. 4, S. 152

Der Fall Miss Vaughan (Panizza, Oscar)

Zum TEI/XML Dokument

Faksimile

Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 1, Nr. 4, S. 152

Text

152 PANIZZA.

trois-points.« 2 vols. Paris 1885. Dann erschienen noch andere: »Con-
fessions d’un ex-libre-penseur«, 1887, »La corruption fin de siècle«,
1890, »Les loges androgynes du maçonnerie« u. a., in denen er die
Freimaurer mit den schmutzigsten Invectiven verfolgte. Aber — ich
fürchte, die Herren Abbés haben eine schlechte Capitalsanlage in Taxil ge-
macht. Wenn sie glaubten, seine Bücher möchten eine ähnliche Verkaufs-
kräftigkeit aufweisen, wie »Le vrai Bénédictin« und »La grande Char-
treuse« — hier ist allerdings die grüne Sorte sehr beliebt — so
haben sie sich gründlich getäuscht. Taxil’s Bücher gingen nicht, denn
so dumm ist das Publicum doch nicht, sich vom selben Verfasser vor
1885 den Teufel weiss und nach 1885 den Teufel schwarz malen zu
lassen.

Nun hat Taxil mit jenem krankhaft-wahnsinnigen Eifer, der Con-
vertiten eigen zu sein pflegt, einen Hauptschlag gewagt und das
2000 Seiten starke, giftig-grüne, antideutsche, pseudonyme, mit den
amerikanischen Seidenunterhosen der Miss Vaughan pikant gemachte,
prachtvoll schwefel-blau-grüne Werk »Le Diable au dixneuvième siècle«
erscheinen lassen — ein Capitalhirsch von einem deutschen Verleger
druckt es nach — und nun ist der zeisiggrüne Teufel vor der ganzen
gebildeten Welt, ja vor Köchinnen und Dienstmädchen, vor französischen
Ministern und russischen Schiffen blamirt.


Zitiervorschlag

Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 1, Nr. 4, S. 152, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-01-01-04_n0152.html)