|
Traumgekrönt. Neue Ge-
dichte von René Maria Rilke.
Leipzig bei P. Friesenhahn.
Der liebenswürdige Sänger der
»Larenopfer« bringt uns in diesem
geschmackvoll ausgestatteten Bänd-
chen neue Proben seines dichteri-
schen Könnens. Jeder einzelne
Vers besagt uns deutlich, dass wir
es hier mit einem Dichter zu thun
haben, dessen ganzes Innere in
seinen Werken restlos aufgeht. Die
Sammlung enthält kurze, höchstens
vierstrophige Gedichte, die jenen
feinen Stimmungsreiz, jenen Hauch
des Selbsterlebten, Selbstempfun-
denen, jene höchste Subjectivität
besitzen, die wir Modernen nun
einmal nicht missen können. Nicht
grelle Leidenschaften, nicht heisse,
verzehrende Sinnengluth: süsses,
wehmüthiges Träumen, sehnendes
Lieben klingt uns aus seinen me-
lodischen Versen entgegen. Leider
hat den Dichter das gewiss lobens-
werthe Bestreben, für die alten,
abgeleierten Bilder und Zusammen-
setzungen neue einzuführen, zu
einigen gewagten und etwas ge-
suchten Neologismen verleitet. So
klingt es wohl befremdend, wenn
Rilke vom »nassen Räderrinnen-
säumen« spricht oder gar vom
»Blondköpfchen, das ins Stäubchen-
treiben sternt«.
W. W.
In Phanta’s Schloss. Von
Christian Morgenstern. Ri-
chard Taendler, Berlin.
Wie in der jüngsten Renais-
sance der Künste Darstellungs-
kreise und Motivgestaltung mit der
frohen Kraft sehnenden Schönheits-
suchens über altgesteckte Grenzen
ineinanderflutheten und vornehm-
lich der modernen Dichtung reiche
Einflüsse aus der Plastik und
|
Malerei zuströmten, bezeugt neuer-
dings Christian Morgenstern’s Lyrik.
Mit blinkenden Worten, kühl und
silbern, wie Marmor, tief und be-
seelt, von der purpurglühenden
Weinfarbe des Edelgesteins, hat
er sich, ein Meister der Form,
ein Schloss gebaut, und innen hat
es Phanta Sia, seine Göttin und
sein Liebchen, ausgemalt. Was auf
den einsam-klaren Höhen, so nahe
der Sonne, sein trunkenes Auge
sieht, was in Nebelfernen als
Weltenlauf und Menschenleben
sich vorüberwälzt, das sind ihre
Bilder und seine Träume. Zum
Licht erwacht, empfindet er sein
Menschenkönigthum, seine Gewalt
und Macht als Werthe schaffender
Allgebieter, und eine stille Heiter-
keit singt durch seine Seele, das
spielende Lachen eines Riesen-
kindes, das mit Sonne und Sternen
Kurzweil treibt. Einiges in den
Gedichten ist von der unberührten
Feierschönheit griechischer Chöre,
heilige, reine Kunst, noch diesseits
vom Leben, Manches von dem
selig unseligen Erkenntnisskampf
des heutigen Menschen, Vieles
schon von Zarathustras Zukunfts-
sonne und alle Schwere über-
windendem Tanzschritt, jenseits
des Alltags. Es ist ein stolzes
Buch und sein Dichter ein starker
Künstler. Dem Geiste Friedrich
Nietzsche’s hat er es gewidmet.
H. H.
Richard Wrede. Vom
Baume des Lebens. Berlin,
Kritik-Verlag.
Die Früchte, die Richard Wrede
vom Baume seines Lebens streift,
sind Producte einer gluthend-rothen
Sonne, der Sonne seiner warmen,
brennenden Natur. Etwas Stürmi-
sches, Drängendes ist in ihr, etwas
|