Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 2, Nr. 17, S. 664
Die skandinavische Literatur und ihre Tendenzen Die Verzauberung Merlin’s (Herzfeld, MariePerzynski, Friedrich)
Text
müde und schüchtern, doch mit inniger Freude dem Leben und seinen
Lockungen lauscht. Er will für’s Erste noch nicht führen, sondern sich
führen lassen. Nur dem Willen und den Winken des Daseins gehorchen
und die Wege gehen, die es ihm weist. Erst sich selber finden und
dann das Werk, das ihm zu leisten aufgetragen.
(Schluss folgt.)
DIE VERZAUBERUNG MERLIN’S.
(Gemälde von Edward Burne-Jones.)
Er hört ein Flüstern, träumerisch und leise;
Wie es verschwebt in kleinen Intervallen
Und wieder naht: gleich glühenden, suchenden Krallen
Umtanzen ihn züngelnde Feuerkreise. —
Des lächelt sie so überlegen-weise,
Schneller bewegen sich die Blutkorallen
Der vollen Lippen, ihre Locken wallen:
Sein stolzer Muth erliegt der Zauberweise.
Und seine Hand tastet nach ihrem Kleide:
Nur einen Stützpunkt auf der weiten Fläche,
Dass er den Leib aus seinem Starrkrampf wecke! —
— Auf flammt am Himmel erstes Sterngeschmeide,
Und jede Form rinnt ihm in Dämmerungsschwäche:
Der Wald, das Weib, die blühende Weissdornhecke
Charlottenburg. Friedrich Perzyński.
Zitiervorschlag
Wiener Rundschau: Jg. 1, Bd. 2, Nr. 17, S. 664, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-01-02-17_n0664.html)