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Burgtheater. »Der Liqui-
dator.« Schwank in vier Aufzügen
von Friedrich Gustav Triesch.
Wieder eines jener Stücke, bei
dem man mehr den Theaterdirector,
der es aufführt, tadeln muss, als
den, der es geschrieben. Es gibt
so mannigfaltige Ursachen und un-
glückselige Zufälle, warum Jemand
ein Stück macht, aber es sollte
nur eine Richtschnur für den,
der es zur Aufführung annimmt,
geben: Respect vor der Kunst.
Wozu denn zu Herrn Triesch
schweifen, wenn die veralteten
Stücke ohnehin noch am Reper-
toire stehen, aus denen dieser
»schöpft«? Freilich, wenn man dieses
armselige Repertoire des Burg-
theaters betrachtet, so ist nichts
natürlicher, als dass Herr Triesch
auf den Gedanken geräth, nun sei
endlich seine Zeit gekommen. Dem
Burgtheater wäre vielleicht wohler,
wenn es den in Durchfällen grau
gewordenen Herrn Triesch zum
Director hätte, dann liesse er seine
Stücke in einem anderen Theater
aufführen. Was frommt es, wenn
ein Bühnenleiter auf der einen
Seite den Frauen Vorlesungen über
Staatsrecht hält, sie aber auf seinem
Theater von einem Menschenbildner,
wie Herrn Triesch, als hirnlose Ge-
schöpfe hinstellen lässt?
S—k.
Carltheater. »Ledige
Leute«, Wiener Stück von Felix
Dörmann. Aus einem über-
schwänglichen Lyriker und dilet-
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tantischen Dramatiker ist ein guter
Beobachter geworden, der ohne
jede Rücksicht heutige Menschen
und Zustände auf die Bühne stellt.
Obwohl Dörmann sich in den »Le-
digen Leuten« ein nunmehr oft
geschildertes Milieu wählte, wusste
er dieses doch noch eindringlicher
zu erfassen, als es bisher geschehen,
und Worte zu finden, die auszu-
sprechen noch nicht gewagt wurden.
Er ist somit kein blosser Nach-
treter; er malt ohne Rücksicht
die Consequenzen, die zu ziehen
bisher dem Publicum überlassen
blieben. Noch äussert sich bei ihm
weder Trieb noch Kraft, unbetretene,
literarische Pfade zu beschreiten.
Aber er hat die Gabe, deutlicher zu
machen, was Andere vor ihm nur
zaghaft streiften. In den »Ledigen
Leuten« handelt es sich um ein
junges Mädchen aus verkommener
Familie, das eben am Kreuzweg
des Lebens steht. Zum Laster
lockt sie ein Greis, der Schützling
ihrer eigenen, kupplerischen Mutter,
zur Ehrbarkeit ein kaum der Schul-
bank entwachsenes Muttersöhnchen.
Männliche Reinheit und weiblicher
Makel prallen zusammen, um sich
bald wieder als unvereinbar ab-
zustossen. Der Greis erhält nun
seine Beute vielleicht als Entschä-
digung für ein ähnliches Jünglings-
abenteuer, welches jetzt seinem
jungen Nebenbuhler widerfahren.
Das Freudenhaus, in dem sich die
Geschichte abspielt, wird bis in
die verborgensten Ecken beleuchtet,
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