Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 2, S. 65
Text
Den Schluss des Heftes bilden die reichen und anregenden »Cor-
respondenzen«. Hier näher auf sie einzugehen, hätte, da man ja ihren
sachlichen Inhalt doch nicht wiedergeben könnte, wenig Zweck. Man
lese sie eben selbst, diese berichtenden Briefe, die aus aller Herren
Ländern einlaufen und Kunde bringen vom frischen Lenzesleben, das
überall erwacht, von den tausend Händen, die sich allerorten regen im
Dienste modernen, decorativen Gestaltens.
Ja, es pulsirt gesund und lebendig, seitdem die Kunst von ihrem
isolirenden Sockel herabgestiegen, seitdem sie sich wieder bewusst ge-
worden, dass es ausser den einsamen, himmelsnahen Höhen, auf die
nur die wenigen ganz Grossen ihr zu folgen berufen sind, noch andere
Stätten gibt, die ihres Nahens lange geharrt. Nun reicht sie dem Hand-
werker führend die göttliche Hand. Und in dieser »ihrer Rückkehr
zum Gewerbe, von wo jede starke künstlerische Epoche immer ihren
Anfang genommen hat, hier allein liegt der Weg, auf dem eine neue
Kunst in das Volk dringen kann und soll. Noch sind nur glänzende
Anfänge zu verzeichnen. Fern liegt es uns, ihnen eine unbedingte
bleibende Bedeutung zuzumessen. Aber der verständigen Förderung,
des wärmsten Interesses sind sie werth.« Dass die Herausgeber der
neuen Zeitschrift diese Worte, mit denen ich schliessen möchte, nicht
nur in ihr Programm geschrieben, sondern sie auch zur That werden
lassen in weitestgehender, der Sache würdigster Weise, dess’ sei ihnen
Dank! Möge das Publicum sich der Gabe werth zeigen und dem
wahrhaft vornehmen, gediegenen Blatte seine Gunst nicht versagen!
Zitiervorschlag
Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 2, S. 65, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-02-01-02_n0065.html)