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Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 5, S. 178

Text

DAS FEST DER WITWE.
(Aus »Barrack-Room-Ballads« von Rudyard Kipling.)
Uebersetzt von Otto Sachs.

Wo war’t ihr denn so lange fort?
Johnnie, Johnnie!
»Bei einem Festmahl mit Jenen dort!«
Johnnie, lieb’ Johnnie, aha!
»Sie luden uns aus dem Casernenraum,
Gott weiss, wohin; an der Wüste Saum,
Und — refusiren kann man kaum —«
Und die Witwe gab ein Gastmahl.
(Horn: Ta-rara-ra-ra-rara!)

Was kriegtet ihr denn? Verfluchtes Glück!
Johnnie, Johnnie!
»Gestandenes Wasser, wie Tinte so dick!
Johnnie, lieb’ Johnnie, aha!
Das Rindfleisch, das lagerte schon drei Jahr’,
Wie Kautschuk zähe das Hammelfleisch war —
Und ein Hühnchen — ‚fing‘ der Sergeant sogar —«
Als die Witwe gab ein Gastmahl.

Wie wurde denn nun das Diner servirt?
Johnnie, Johnnie!
Besteck haben selbst wir mit uns geführt,
Johnnie, lieb’ Johnnie, aha!
Da schnitt man und schabte und sägte entzwei,
Und fetzte und kratzte und drehte dabei,
Und war man dann fertig, so war’s — Schweinerei —«
Als die Witwe gab ein Gastmahl..

Zitiervorschlag

Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 5, S. 178, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-02-01-05_n0178.html)