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Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 6, S. 233

Text

UHDE’S CHRISTUS. 233

und Herr v. Uhde, welchen angeborene und anerzogene Höflichkeit
gelehrt hatte, keine Erwartung ohne Noth zu enttäuschen — that ihm
seinen Willen.

Dass erst bei der »Himmelfahrt« (also am Ende) die Unwahrheit
und Unaufrichtigkeit der Christusbilder ganz offenbar wurde, ist ein
Beweis für Uhde’s hohes Können, dessen technische Vorzüge er Mun-
kácsy und sich selbst, dessen Stimmungstiefe er seinen holländischen
Studien dankt. Dass gerade dieser Beweis innerer Hohlheit durch Auf-
nahme in eine königliche Gemäldesammlung ausgezeichnet wurde, das
spricht wieder mit einiger Deutlichkeit — anders wofür.


PENTIMENTO.

Den Sarg von Glas, ein Schmuck gar fein,
Kann eine Frauenhand umfangen,
Zwei todte Blüthen schliesst er ein,
Vielleicht — das letzte Glückverlangen.

Durchsichtig ist, geweiht, das Ding,
Hat kein Geheimniss zu verhehlen
Es klang’ auch kindisch-werthgering
Sein Märchen von zwei armen Seelen.

Und doch muss diesen Heiligenschrein
Ein grosses Menschenherz umfassen,
Ihn einsam schleppen sich zur Pein
Jetzt, sehnsuchtslos und gottverlassen

Einsamhof. Ada Christen.

Zitiervorschlag

Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 6, S. 233, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-02-01-06_n0233.html)