Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 9, S. 337
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Zeiten ihn brauchen, für die die Kirche nicht mehr genügen, noch sie
beherrschen kann.
Was für eine Erziehung ist bereits in der öffentlichen Geistes-
bewegung in Massachusetts gelegen! — Die Kriegslieder, die Reden
und die Lectüre in den Schulen! Jede Districtsschule in den letzten
zwei oder drei Jahren ist ein Anti-Sclaverei-Verein gewesen.
Diese Stadt hat keinen Seehafen, keine Baumwolle, keinen Schuh-
handel, keine Wasserkraft, nicht Gold, Blei, Kohle, Steinöl oder Marmor;
nichts als Holz und Gras, nicht einmal Eis oder Granit, unsere allge-
meinen Producte in Neu-England, denn der Granit ist besser in Aston
und Fitchburg, und unser Eis, sagt Mr. Tudor, ist voll Blasen. Wir
sind daher darauf beschränkt, Schullehrer zu erzeugen, und die erzeugen
wir für den westlichen und südlichen Markt. Ich rathe der Stadt, sich
an dieses Product zu halten und es zum besten in der Welt zu machen.
Das ist euer Los in der Urne; und es ist eines der gewaltigsten Lose.
Verschafft euch die besten Einrichtungen, den besten Aufseher und
liefert den besten Artikel! Mr. Agassiz sagt: »Ich will das Harvard-
Museum zu einem solchen Institut machen, das kein europäischer Natur-
forscher unbesucht lassen kann«. Die Stadt Concord möge dasselbe
von ihrer Schule sagen! Wir wollen unsere Schulen so einrichten, dass
keine Familie, die einen neuen Wohnsitz zu wählen hat, nicht hieher
gezogen wird, als zu der Stadt, in der die beste Erziehung gesichert
ist. Das ist eine jener langlebigen, in die Zukunft schauenden Oeko-
nomien, die sicher und lohnend ist!
Anmerkung des Uebersetzers
. Es mag nicht uninteressant sein, hin-
zuzufügen, was diese kleine Stadt in Schulen und Bildungsinstituten geleistet hat.
Die im Jahre 1880 vollendete »Emerson-Schule« hat acht Schulzimmer für je
56 Schüler. Die Mittelschule, die im Jahre 1891 vollendet wurde, die durch facul-
tative Gegenstände für Universität wie für den Kaufmannsstand vorbereitet, ist
für vorläufig 25 Schüler eingerichtet, die im Hause wohnen, und es wird — wieder
charakteristisch genug — von ihr vor Allem gerühmt, dass sie neben vorzüglichen
Lehrern viele Morgen grosse Spielplätze, Tennis-Höfe und reich ausgestattete
Boothütten habe! Die Stadt, die nicht ganz 3000 Einwohner zählt, besitzt eine
Bibliothek von 15.000 Bänden und 5000 Broschüren, die jährliche Circulation
beträgt 23.000 Bände, also achtmal die Zahl der Einwohner. Man vergleiche
einmal die entsprechenden Zahlen unserer alten Cultur- und Universitätsstadt damit!
Zitiervorschlag
Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 9, S. 337, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-02-01-09_n0337.html)