Text
Aus den »Barrack-Room Ballads« von Rudyard Kipling.
Uebersetzt von Otto Sachs (1897).
Wo der alte Moulmein-Tempel ostwärts blinkt ins Meer hinein,
Sitzt ein braunes Burmamädchen, und ich weiss, sie denkt
jetzt mein.
Denn der Wind geht in den Palmen, Tempelglocke singt dabei:
Komm’ zurück, du Britenkrieger, komm zurück nach Maudalay.
Komm’ zurück nach Maudalay!
Von den Schiffen Reih’ an Reih’,
Hörst du nicht die Ruder rauschen von Rangoon nach
Maudalay?
Dort am Weg nach Maudalay
Spielt der Flugfisch, jagt der Hai;
Und der Tag, von China dämmernd, streut ein Blitzen durch
die Bai.
Und sie trug ein gelbes Röckchen, und ihr Häubchen, das
war grün,
Und sie nannt’ sich Lupi-gaw-lat, — grad’ wie Thebaws Königin.
Eine Pfeife trug sie zierlich, als ich sie zuerst dort fand,
Und bedeckt mit süssen Küssen eines irdnen Götzen Hand,
Götzenbild aus Lehm gebrannt,
Grosser Buddha — Gott genannt.
Ah! Sie wandte Dir den Rücken, und ich küsst’ sie, wo sie stand.
Dort am Weg nach Maudalay u. s. w.
Sank das Dunkel übers Reisfeld, zog die Sonne fort, dann oh,
Seht, dann glitt sie aus der Hütte, und sie lockt’: Kullalolo!
Wenn ihr Arm auf meiner Schulter, ihre Wang’ an meiner lag,
Sah’n wir gern den fernen Dampfern, sah’n den Elephanten nach.
Sah’n den Elephanten nach
Patschend durch den schlammigen Bach —
Pst! Nicht sprechen! ’s ist so ruhig und sonst wird die
Stille wach.
Dort am Weg nach Maudalay u. s. w.
Zitiervorschlag
Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 12, S. 447, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-02-01-12_n0447.html)