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THEATER.
Burgtheater. Im Nachlasse
des Herrn Burckhard befand sich
auch ein Vertrag mit Fräulein
Witt vom Hamburger Thalia-
Theater, der vor drei Jahren ab-
geschlossen worden war. Er lautet
auf zwei Jahre, nach dieser Zeit
ist Fräulein Witt bereits nach
Berlin verpflichtet. Welche Dienste
kann also diese Schauspielerin dem
Burgtheater leisten? Wäre sie auch
noch so brauchbar, man müsste
sich hüten, sie allzusehr im Reper-
toire sich festsetzen zu lassen, da
ihr seinerzeitiger Austritt dann nur
Störungen hervorrufen würde. Weit
entfernt, eine erste Kraft zu sein,
die, wenn sie auch irgendwo nur kurz
sich bethätigt, dennoch vorbildlich
wirkt, hat Fräulein Witt in ihren An-
trittsrollen als »Ilka« im »Krieg im
Frieden« und als »Rautendelein«
nicht einmal ihre Vorgängerinnen
erreicht. Insbesondere in der letz-
teren Partie, die doch gewiss ge-
eignet ist, alle Register einer
Schauspielerin bühnendeutlich zu
machen, hat sich Mangel an Ur-
sprünglichkeit und innerlichem
Wesen geoffenbart, der durch ein
unsympathisches, fettiges Organ
erhöht wird. Wenn ihr ein Zug
halbwegs gelang, so wusste jeder,
der die ausgezeichnete Leistung
der Sorma im deutschen Theater
in Berlin gesehen, dass Fräulein
Witt ihn entlehnt hat; was sie
aber aus Eigenem dazu gab, war
äußerliche Theatermache. Hamburg
ist schon seit langem nicht mehr
die Stadt, in die Laube seine Talente
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zur Erziehung schickte, oder von
wo er sie holte. Damals wäre es dort
nicht möglich gewesen, was jetzt
der Fall war, dass die auch
in Wien bekannte Frau Ellmen-
reich bis in die letzten Wochen
hinein noch die Johanna in der
»Jungfrau von Orleans« gespielt
hätte. Bei den Hamburgern war
Fräulein Witt sehr beliebt, in Wien
aber wird ihr zuliebe niemand ins
Theater gehen. Es wäre für sie
und das Burgtheater am besten,
wenn sich beide so bald als mög-
lich wieder Adieu sagen würden.
—i—.
Carltheater. »Gastspiel des
Ibsen-Theaters aus Leipzig
unter Leitung des Herrn Dr. Carl
Heine.« Wir haben schon vor
langem dafür plaidiert, dass — wir
nannten es damals »fliegende En-
sembles« — reisende Schauspieler-
truppen die Mängel, welche bei
den ständigen Bühnen immer mehr
zutage treten, paralysieren sollten.
Das wüste Allerlei, womit die
ständigen Bühnen ihre Spielzeit,
wie man zu behaupten beliebt, aus
finanziellen Gründen, ausfüllen,
schwächt die Schauspieler; sie
müssen allzuoft von der seichten
Posse bis zum schweren Drama
eine zu grosse dramatische Ent-
fernung zurücklegen, so dass sie
zu den ursprünglichen Quellen der
Schauspielkunst nicht mehr zu ge-
langen Zeit und Kraft haben und
eine Regeneration der Spielweise
in modernem Sinne von ihnen nur
bei ganz exceptionellen Talenten
zu erwarten ist. Truppen, die nur
Ibsen spielen und Haupt- und
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