Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 16, S. 640

Graf, »Deutsche Musik im 19. Jahrhundert«

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Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 16, S. 640

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640 NOTIZEN.

jener geist- und salzlosen »Ob-
jectivität« verzichtet, die von jeher
nur das Signal der Mittelmässig-
keit gewesen, wirkt es überzeugend
und erlösend. Einfacher und glück-
licher sind Persönlichkeit und
Bedeutung Franz Schuberts selten
gezeichnet worden. Alle Entwick-
lungsstadien der Musik rückt der
Verfasser in eine richtige, durch
eine Modification der gewohnten
neu erscheinende Beleuchtung.
Wagner als den alles andere in
Dunkel stellenden Brennpunkt der
musikalischen Kunst der zweiten
Hälfte des Jahrhunderts hinzu-
stellen, ist jetzt wohl allgemein
üblich. Aber die Art, wie Graf

diese grosse Erscheinung auffasst
und darstellt, hebt sich aufs
glücklichste von der überkommenen
Phraseologie der Zeitungskritiken
ab. Allzuviel Kritik der Kritik ist
von Übel. Wir sprechen also nur
noch unsere Befriedigung darüber
aus, dass Grafs Schrift zu den-
jenigen gehört, die, im besten
Sinne modern gedacht und ge-
schrieben, zur Wegräumung des
von der verflossenen Musiksästhetik
aufgeworfenen Schuttes das ihrige
beitragen. Die Anschauungen der
letzteren theilen ja doch nur mehr
pensionierte Hofräthe — active
schon lange nicht mehr.

G. S.



Herausgeber: Gustav Schoenaich, Felix Rappaport.

Verantwortlicher Redacteur: Gustav Schoenaich.

K. k. Hoftheater-Druckerei, Wien, I., Wollzeile 17. (Verantwortlich A. Rimrich.)

Zitiervorschlag

Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 16, S. 640, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-02-02-16_n0640.html)