Wiener Rundschau: Jg. 2, Bd. 3/4, Nr. 24, S. 907

DIE MONDSCHEINSONATE. 907

Frau Klein (zu Rosa). Dass Du mir heute keine Dummheiten
machst. Ich habe es satt, die Leute bei mir auszufüttern.

Rosa. Du wirst mit mir zufrieden sein.

Frau Klein. Er ist doch so ein gefühlvoller Mensch. Lass’ ihn
nur einmal aussprechen.

Grete. Du Rosa, ein bissel Clavierspielen ist gut.

Rosa (seufzt).

Frau Klein. Seufze lieber später. Warum sagst Du ihm nicht,
dass Du Dich unglücklich fühlst, dass wir Dich nicht verstehen?
Uns ist es eh’ schon fad.

Rosa (lustig). Na, es wird schon gehen, Mama.

Grete. Und Isidor?

Frau Klein. Er hat mir versprochen, herzukommen.

Grete. Weisst Du, Mama, es wäre gut, wenn sich Isidor auch
heute erklären würde, so eine Doppelverlobung schaut sehr hübsch aus.

Rosa. Will denn Isidor überhaupt?

Frau Klein (entrüstet). Beide Hände muss er mir küssen, wenn
ich ihm meine Tochter gebe. Was ist er? Was hat er?

Rosa. Mir ist’s ja recht. Ich würde ihn zwar nicht heiraten — —

Grete (pikirt). Er will Dich ja gar nicht. Brauchst Dich nicht
aufzuregen.

Frau Klein. Er ist ein ganz schöner Mensch.

Rosa. Ekelhaft ist er.

Grete. Aber der Armin, ja, der Armin, das ist ein Pracht-
exemplar. Bevor ich den nähme —

Frau Klein. Rauft’s euch doch nicht. Die Sache ist ja schon
entschieden.

4. Scene.

Die Vorigen. Isidor (gedrückter, schwächlicher junger Mann, Commis-Eleganz).

Isidor. Guten Abend.

Frau Klein. Grüss Dich Gott.

Grete und Rosa. Servus Isidor.

Grete. Gute Geschäfte heute gemacht?

Isidor (mit dem Kopf schüttelnd). Hm, schlechte Zeiten. Man ver-
dient nichts mehr.

Frau Klein. Du brauchst Geld in Dein Geschäft.

Isidor. Ja, das ist der Haken. Wenn ich Geld hätte! Ich habe
Ideen! Ideen!! Millionär würde ich werden.

Grete. Wie Du schon bist! — —

Isidor. Ja, wirklich. Werden wir bald essen? Ich habe einen
Mordshunger.

Frau Klein. No, no, no, Du wirst’s noch erwarten.

Rosa. Der Armin ist ja noch nicht da.

Isidor. Was ist denn mit dem Stransky? Hat er sich noch
immer nicht erklärt?