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Prisma einfach Sonne. Und wenn die
krystallene Faust die siebenfarbigen Zügel
des Spectrums fallen lässt, so schiessen sie
wieder zusammen und sind klares einiges
Licht wie vorher.
Aus diesem Hindrängen der Künste
zu den einfachsten, elementaren Mitteln
entspringen alle Bewegungen der letzten
Jahre; denn endlich will jedes Werk
— und mag es noch so bunt und breit
sich entfalten — Sonnenlicht gewesen sein
im Anfang.
Von da kommen auch die Neo-Impres-
sionisten her. Ihr tiefes künstlerisches
Bedürfnis, das unter dem Drängen vieler
intimer Geständnisse gross wurde, musste
in zweiter Reihe eine Folge technischer
Fragen zeitigen. Man hatte die Worte.
Nun kam es darauf an, wie man sie aus-
sprechen oder schreiben sollte. Durch Ver-
suche und Übereinkommen entstand —
die Schule, die in diesem Falle nichts ist,
als ein Verein für Grammatik und Ortho-
graphie dieser Kunst. Ihre Gesetze sind
die Gesetze der Farbenlehre. Da man aus
guten Gründen die Nothwendigkeit erkannt
hatte, reine Palette zu halten und die
sieben Farben des Regenbogens in mög-
lichster Unverletztheit wie einfache Töne
zu gebrauchen, musste man die Regeln
der Strahlung, der Abschwächung und
des Contrastes, welche im Verkehr der
sieben Farbenschwestern wirksam sind,
berücksichtigen. Man musste bemerken,
dass das Sonnenlicht je nach Tageszeit
und Ort von roth bis gelb und dement-
sprechend der Schatten von blau bis
violett sich verändert, und dass diese Be-
leuchtungsfarbe keineswegs mit dem Local-
ton zusammenfliesst, sondern mit ihm
unterhandelt, ihm widerspricht oder seiner
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Meinung ist und sich auch noch nach
den Bemerkungen richten muss, welche
der geschwätzige Reflex da und dort ein-
streut. Dabei wurde klar, dass die Lösung
dieser Gespräche erst dadurch geschieht,
dass die kleinen Farbenelemente sich im
Auge des Beschauers nach bestimmten
Gesetzen mischen und dass es heisst, dem
Auge eine Arbeit vorwegnehmen, wenn
diese Verschmelzung schon auf der Lein-
wand geschieht.
Man sieht nun, dass die Wahl der
Farbenwerte keine willkürliche ist, sondern
dass die Meister bewusst jene Gesetze
anwenden, welche die Grossen vor ihnen
in verschiedener Auffassung ahnungsvoll
erfüllt haben. Die physikalischen und
chemischen Erfahrungen, die naturwissen-
schaftlichen Fortschritte unserer Tage sind
auch der Kunst willkommen; sie helfen ihr
zu einer neuen plastischen Sprache. Und
es ist nicht zu fürchten, dass durch das
Gewollte und Absichtliche der neuen Aus-
drucksweise die genialische Blindheit, das
grosse Errathen beeinflusst oder vernichtet
werde. Je mehr der Künstler zu sagen
weiss, desto mehr bleibt ihm zu ahnen
übrig. Hinter einer Wirkung, die er be-
wusst erreicht, stehen zwanzig, die ihn
selbst überraschen. Und in jedem rechten
Kunstwerk sind hundert Herrlichkeiten, an
denen sein Wille unschuldig ist. Damit,
dass er etwas vollkommener ausspricht,
hat er nichts gethan, als Raum geschaffen
für das Grosse, das sich niemals zwingen
oder erringen lässt, es schenkte sich
denn
Aber nur Ernsten und Einsamen gibt
es sich hin. Denen, die still den schweren
Weg zu sich selber gehen, nicht die
Promenadeallee zum Publikum hin.
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