|
Schauspieler an verschiedenen Wiener
Bühnen zu wirken hätte, leicht finden
lassen.
Wir sind momentan an Schauspielern
nicht reich, die über das Mittelmass hinaus-
ragen, nicht einmal an solchen, welche
geeignet wären, einen Übergang von
der alten zur neuen Spielweise herzu-
stellen. An jeder Bühne sind ein, zwei
Leute versprengt, die zusammen in einem
guten Stück ein gutes Ensemble abgeben
würden. Dieser Möglichkeit stehen aber
»unübersteigbare« Contractschranken ent-
gegen, die ein solches Zusammenwirken
auf Jahre hinaus verhindern. Wenn man
erwägt, dass diese wenigen Kräfte bei der
Überfülle von seichten dramatischen Er-
zeugnissen und der Überfülle von in diesen
Rahmen passenden, massig begabten Dar-
stellern eigentlich selten auf einen Platz
gestellt werden können, wo sie »einzig«
sind, so erhellt zur Genüge, dass bei den
paar literarischen Stücken, die im ganzen
Jahre in Wien aufgeführt werden, Dichter
und Publicum ein Recht haben, zu verlangen,
dass nicht die Zufallskräfte Eines Theaters
ein Werk dar-, respective entstellen, sondern
dass aus allen Darstellern sämmtlicher
Wiener Bühnen die zur Interpretation be-
sonders tauglichen herausgegriffen werden.
Nur durch eine derartige Darstellung:
werden alle künstlerischen Qualitäten aus
einem solchen Stücke und auch die mate-
riellen Vortheile, auf die nicht nur ein
Sudler, sondern auch ein Dichter ganz
und voll Anspruch hat, herauszuholen
sein.
|
Diese Freiheit der Darsteller-Auswahl
muss geschaffen werden und die Theater-
institute werden dabei wohl fahren. Das
Risico beim Engagement einer »theuren«
Kraft verringert sich, wenn alle Wiener
Bühnen am bezüglichen Gagenetat parti-
cipieren. Ein Darsteller, den ein Central-
Contract an allen Wiener Bühnen zu
wirken verpflichtet, hätte dann Bewegungs-
freiheit, und der Wandertrieb, der in jedem
Schauspieler steckt, würde der Kunst dienst-
bar gemacht. Die Klagen über Mangel
an Beschäftigung werden verstummen, die
vermehrten Spielhonorare noch dazu das
Einkommen der Schauspieler angenehm
erhöhen und viel Theater-Unmuth wird
dadurch auf allen Linien aus der Welt
geschafft werden. Um aufs Gerathewohl
ein paar bekannte Namen herauszugreifen,
die ohne viel Erklärung die Vortheile
solcher Central-Contracte sofort aufscheinen
lassen, seien die Herren Girardi, Tewele,
Thimig, Tyrolt, die Damen Niese,
Sandrock, Schratt angeführt.
Das Administrative der Sache wird
sich leicht regeln lassen: Ein Cartell der
Wiener Bühnen, Fixierung des Percent-
satzes, den jedes Theater zum gemein-
samen Gagenetat der mit Central-Contract
verpflichteten Mitglieder beizutragen hat.
Die Theaterzuständigkeit der gemein-
schaftlich von allen oder von einigen Wiener
Bühnen (ausschliesslich der Hofoper) enga-
gierten Mitglieder würde durch die Benen-
nung »Wiener Central-Schauspieler« —
»Wiener Central-Schauspielerin« zu kenn-
zeichnen sein.
|