Wiener Rundschau: Jg. 3, Bd. 2, Nr. 16, S. 378

Das Lied des Matrosen (Kipling, Rudyard)

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Wiener Rundschau: Jg. 3, Bd. 2, Nr. 16, S. 378

Text

DAS LIED DES MATROSEN.
Von RUDYARD KIPLING (New-York).
Deutsch von ROBERT F. ARNOLD.

Sie sah ich nachts bei des Herds feurigem Lohen,
Schleppt’ aus dem Lager die Maid; hei, und wir flohen!
Hinter uns jagt’ ihr Geschlecht, wollte mich fangen,
Und in dem Taumel der Flucht wuchs mein Verlangen.

War das ein Lauf durch den Wald! Endlich, da standen
Wir vor des riesigen Sees zornigem Branden.
Vorn und im Rücken zugleich grauses Verderben,
Harrten wir, Räuber und Raub, wehrhaft zu sterben.

Auf einen Baumstamm im See — höret nur! — sprang sie,
Zog mich Erstaunenden nach; hoch empor schwang sie,
Hielt sie ihr Thierfellgewand quer in die Breite,
Schreiend: »O Gott Du des Sturms, gib uns Geleite!«

Leben gewann da der Baum! Zaubrisch gezogen,
Ottergleich glitt er hinaus, schnitt durch die Wogen!
Beilwürfe zischten uns nach, her vom Gestade,
Sie aber pries mit Gesang göttliche Gnade.

Zitiervorschlag

Wiener Rundschau: Jg. 3, Bd. 2, Nr. 16, S. 378, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-03-02-16_n0378.html)