Wiener Rundschau: Jg. 3, Bd. 2, Nr. 27, S. 651

Hypnotismus und Magnetismus III. Imperium und Katholicität (Thomassin, Carl vonArjuna, Harald van Jostenoode)

Zum TEI/XML Dokument

Faksimile

Wiener Rundschau: Jg. 3, Bd. 2, Nr. 27, S. 651

Text

ARJUNA: IMPERIUM UND KATHOLICITÄT.

und magnetischen Schlaf ins Auge fassend,
die Ansicht aus, dass Hypnotismus und
Magnetismus in den Grundformen und
Resultaten gänzlich (?) verschieden sind, und
weist insbesondere darauf hin, dass
Magnetismus ohne Fixieren und Willens-
beeinflussung (?), Hypnotismus dagegen
nur mittelst dieser beiden angewendet
werde, dass ferner der beim Lebens-
Magnetismus eintretende Schlaf oder
Somnambulismus dem Patienten seine
eigene Geistes- und Hirnthätigkeit lasse,
während die durch den Hypnotismus
hervorgerufene Katalepsie denselben zur
Maschine erniedrige.* Diesbezüglich sei
noch bemerkt, dass sich in letzter Zeit
die Stimmen derjenigen vermehrt haben,

welche nicht nur aus diesem Grunde
hypnotischen Experimenten entgegen-
getreten sind, sondern auch auf andere be-
denkliche Folgen hypnotischer Experimente
(krankhafte Überreizung des Nervensystems,
Hysterie u. a.) hingewiesen haben. Jedoch
ist dagegen eingewendet worden, dass
solche zumeist nur auf die Ungeschicklich-
keit der Experimentatoren zurückzuführen
sind. Wir glauben, dass auch diese Streit-
fragen mit der weiteren Entwicklung der
magnetischen und hypnotischen Wissen-
schaft noch geklärt werden und die Forscher
auf diesen Gebieten in Bälde sich die Hand
reichen werden, um gemeinschaftlich einer
psychischen Therapie in den weitesten
Kreisen Anerkennung: zu verschaffen.

* In ähnlicher Weise spricht sich auch der Magnetiseur W. Reichel in seinem Werke:
»Der Heil-Magnetismus« (Berlin 1896) aus. In gewisser Hinsicht wird das Urtheil Schröters,
namentlich von katholischen Autoren, wie Finlay (»Der Hypnotismus« 1895)und Prof. Dr. L. Schütz
(Der Hypnotismus. Eine naturwissenschaftliche Studie«, 1897), getheilt, insofern dieselben besonders
darauf hinweisen, dass im hypnotischen Zustande der Mensch der freien Willensbestimmung
beraubt werde.

IMPERIUM UND KATHOLICITÄT.
Von HARALD ARJUNA VAN JOSTENOODE (Lüttich.)*

Man hat mich aufgefordert, meine
Meinung über das große Werk Chamber-
lains
» Die Grundlagen des neun-
zehnten Jahrhunderts
«
** zu sagen,
und ich komme der Aufforderung umso
lieber nach, als ich das Buch mit wahrer
Freude und Genugthuung gelesen habe.
Der Verfasser verfügt über ein außerordent-
liches Wissen und noch staunenswerteres
Können. Er ist kein Stubengelehrter, der
mit trübem Blick lebendige Verhältnisse
überschauen will, wie so viele unserer
hochgelehrten Professoren, sondern er hat

die Gabe, die einzig erforderlich ist, einem
so schwierigen Thema gerecht zu werden:
nämlich Genie. Er nennt sich selbst be-
scheiden einen Dilettanten. Aber solche
Dilettanten könnten wir brauchen, um
fortzuschreiten auf geistigem Gebiet, um
uns emporzuringen vom dumpfen Wissens-
qualm, mit dem wir mehr oder weniger
beladen sind, zu einer höheren Auffassung
der Vorgänge und Erscheinungen.

Besondere Genugthuung hat es mir
gewährt, aus diesem Werke zu ersehen, wie
warm Chamberlain für das Germanenthum

* D. RED. kann sich den obigen Ausführungen ihres Mitarbeiters nicht in allem an-
schließen. — Auf Chamberlains bedeutsames Werk wird die »Wiener Rundschau« gelegentlich
noch zurückkommen.

** Houston Stewart Chamberlain: »Die Grundlagen des neunzehnten
Jahrhunderts
« (Allgemeine Einleitung. — Hellenische Kunst und Philosophie.— Römisches
Recht. — Die Erscheinung Christi. — Das Völker-Chaos. — Der Eintritt der Juden in die abend-
ländische Geschichte. — Der Eintritt der Germanen in die Weltgeschichte. — Religion. —
Staat — Die Germanen als Schöpfer einer neuen Cultur. — Geschichtlicher Überblick: Ent-
deckung, Wissenschaft, Industrie, Wirtschaft, Politik und Kirche, Weltanschauung und Religion,
Kunst). Drei Lieferungen à 6 Mk. München, 1899. Verlagsanstalt F. Bruckmann. A.-G.

Zitiervorschlag

Wiener Rundschau: Jg. 3, Bd. 2, Nr. 27, S. 651, in: Wiener Rundschau Digital (1896–1901), herausgegeben vom Austrian Centre for Digital Humanities (ACDH), Wien 2025 (https://acdh-oeaw.github.io/wiener-rundschau-static/WR-03-02-27_n0651.html)