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nimmt es Nahrung auf für den inneren
eigentlichen Menschen und erwirbt sich
selbst Gewandtheit und Kraft. Während
jenes, von seinem Besitze zehrend, auf
der Schulbank verkümmert, wächst dieses
von innen heraus; denn alles ist Kraft,
und wir sind nur ein Centrum mitten
darin. Aber nur insoweit wir diese Kraft
empfinden, wird sie unser Eigen, nur in-
soweit wir sie uns selbst erwerben, sie
beherrschen lernen, tritt sie in unseren
Besitz. Demnach sind wir nur in dem
Maße groß, als jene Kraft uns selbst zu
Bewusstsein gelangt. Der heutigen Schule
geht es wie dem Menschen überhaupt;
sie lebt nur im Äußeren. Da sagt man
dem Schüler, was für Augen der Chinese,
was für Haare der Buschmann, der
Eskimo, was für Hautfarbe der Hotten-
totte hat, aber über den eigenen Körper,
wie dieser beschaffen ist, wie er arbeitet,
welche Gesetze in ihm herrschen, vor
allem, wie der Schüler zu leben hat,
welchen Verirrungen er gerade in der
Jugend ausgesetzt ist etc., darüber belehrt
man ihn nicht oder doch viel zu wenig.
Und dass man den Schüler viel zu wenig
über sich selbst belehrt, beweisen die
vielen Verirrungen, die gerade unter den
Schülern der höheren Schulen in erschreck-
lichem Maße hausen. Weniger Wissen,
weniger Verstand, mehr Selbst-Erlebnis,
Selbst-Empfindung, mehr Gemüth; weniger
Zerlegung der Erscheinungen in der Schule,
weniger Zersplitterung, mehr Betrachtung
im großen und ganzen und in der lebendigen
Natur, mehr Einheit, vor allem aber mehr
Belehrung des Schülers über sich selbst
und sein Verhältnis zum All —: dies
muss in Zukunft die Losung der Schule
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sein. Der Mensch wird, muss dann wieder
werden, was er an Größe einst war, ja
mehr als das, weil er sich auf seinem
Gange durch Welt und Leben Vernunft
und Intelligenz erworben, die ihm anfangs
gefehlt.
Die Naturheilbewegung ruft wie einst
Rousseau: »Zurück zur Natur!« und trägt
Belehrung ins Volk über gesundheitliche
Dinge. Zunächst holt sie ja großentheils
nur nach, was die Schule versäumt hat,
aber sie fordert mit Nachdruck, dass es
auch von dieser geschehe. Bei der Kraft
und Größe, welche die Bewegung besitzt,
muss sich ihr Einfluss nothwendigerweise
auch in der Schule äußern. Schon ist es
besser geworden; es wird und muss aber
noch besser werden. Wird die Mensch-
heit bereits in der Schule belehrt, dass
innen wie außen alles natürlich begründet
ist in Einem Gesetz, dass die ganze
Natur eine Einheit ist, in der das Gesetz
von der Erhaltung der Kraft auf allen
Gebieten gilt, seelisch also sowohl als
körperlich, und es deshalb auch kein
Verwischen irgendwie und irgendwo ge-
setzter Wirkungen gibt, dann wird die
Menschheit auch auf den verschiedenen
anderen Gebieten mehr auf Verhütung
und wahre Heilung, als auf sympto-
matische Behandlung sehen; diese wird
sie dann beiseite legen. Und der mensch-
liche Geist wird gesiegt haben.
Diese und ähnliche Gedanken hat die
Naturheilbewegung neuerdings ins Tönen
gebracht. Ihr Weckruf ist gehört worden.
Tausende danken ihr eine neue Cultur.
Und also sei sie auch in diesen Blättern
dankbar begrüßt.
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