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geschritten zu sein. Aber damals sah
man eben viel mehr die Einheit in allem,
multum, nicht multa. Heute sieht man
eine Zersplitterung auf allen Gebieten:
man zerschlägt alles zu Stücken und be-
trachtet dann die einzelnen Stücke durch
die Lupe. Daher ist auch unser Wissen
Stückwerk. Wer aber Fortschritte auf
geistigem Gebiete macht, der nähert sich
der großen Kraft, die hinter den Dingen
steckt und sie durchdringt, ohne mit leib-
lichen Augen gesehen zu werden. Ob ich
sie »das Ding an sich« nenne oder
materies prima oder wie immer, ist gleich.
Jedenfalls wird nur der tiefer eindringen
können, dessen Geist erschlossen ist, also
nur ein im Geiste Gottes wiedergeborener
Mensch.
Die neuere Philosophie, soweit sie
Identitäts-Philosophie ist, hat die Gleichheit
von Subject und Object aufgestellt, eine
Lehre, die schon von den alten Brahmanen
gelehrt wurde. Paracelsus erkannte dies
wohl. Der Mikrokosmus entspricht in
allem dem Makrokosmus, dessen Abdruck
er ist. Der Mensch ist ein Auszug aus
der Schöpfung. Jedes Geschöpf repräsentiert
einen etwas anderen Auszug. Die ganze
Welt beeinflusst den Menschen, alle
Elemente, alle Gestirne, alle Kräfte tragen
etwas zu seinem Zustandekommen bei.
Wir kennen heutzutage nur einen kleinen
Ausschnitt aus den Einwirkungen des
Universums. Aber die Alchemisten studierten
sie besser. Sie wussten, dass hinter dem
sichtbaren Körper ein ätherischer Körper
ist, der ihn durchdringt, wie es schon die
alten Indier wussten. Auf diesen »Astral-
körper« muss man das Auge richten,
wenn man heilen will; denn er wird
zunächst angegriffen, und seine Schwäche
theilt sich dem physischen Leib mit. Alle
sichtbaren Formen sind Verkörperungen
unsichtbarer Kräfte. Diese letzteren geben
den sichtbaren Formen ihre Eigenschaften.
»So ist z. B.« — sagt Paracelsus — »der
Saturn nicht allein im Himmel, sondern
auch im untersten Grund des Meeres und im
Innersten der Erde. Wer Mars kennt, der
weiß, was Eisen ist, und wer das Wesen des
Eisens kennt, der weiß, was unter »Mars« zu
verstehen ist.«
Die unsichtbaren Principien regieren
die Welt. Wir aber sehen nur ihre
Wirkungen in der Materie. Daher ist es
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thöricht, die Krankheiten dadurch heilen
zu wollen, dass man die Symptome der-
selben bekämpft. Man muss das Übel bei
der Wurzel angreifen. Ich will dies durch
ein Beispiel illustrieren. Nehmen wir an,
irgendein Mensch kommt nervös zum
Arzt und sucht seine Hilfe. Da wird nun
der Stümper die letzte Veranlassung der
Krankheit bekämpfen, und zwar mit rein
äußerlichen Mitteln, z. B. mit Wasser.
Daher kommt es, dass ein nervöser
Mensch, der eine Zeitlang in einer Heil-
anstalt mit kaltem Wasser, Elektricität
u. s. w. gequält worden ist, sobald er
nach Hause kommt, sein früheres Leiden
wieder erhält. Bei nervösen Personen ist
der Astralkörper leidend und dieser wirkt
ungünstig auf den physischen. Der Astral-
körper ist gewebt aus den feinsten
Stoffen der Natur und entspricht in seiner
Zusammensetzung dem Charakter, dem
Temperament des Menschen. Wer z. B.
zornig ist, in dessen Astralkörper finden
sich Stoffe, die den Zorn, die Leidenschaft
erzeugen und beständig wach halten. Ein
solcher zorniger Mensch leidet dann
schließlich auch an seinem physischen
Körper.
Dadurch wird auch das Mittel klar,
durch welches eine Krankheit gehoben
wird.
»Also heilt« — sagt Paracelsus — »der
Arsenik den Arsenik, das Herz das Herz, die
Lunge die Lunge, die Milz die Milz, das Hirn
das Hirn u. s. w., und zwar nicht das Hirn
von Säuen das Hirn von Menschen, sondern
das Hirn, das des Menschen äußeres Hirn ist.«
Hartmann macht dazu folgende Be-
merkung: »Dies dürfte vielleicht auf
folgende Art zu erklären sein: Alles ent-
springt aus den Arkanen, d. h. Geist
und Gemüth, und so wie das Ei vom
Huhn kommt und das Huhn aus dem Ei,
ohne dass man sagen kann, welches von
den beiden zuerst da war, so entspringt
eins aus dem andern. Das Herz ist der
Sitz der Empfindung und wird durch das
Empfinden beeinflusst; das Hirn ist das
Werkzeug zum Denken und wird durch
das Denken genährt; die Lunge athmet
und das Athmen kräftigt die Lunge
u. s. w. Ein Herz, das sich als eins mit
dem All-Herzen der Menschheit empfindet,
wird durch seine All-Güte und All-Liebe von
seiner Unruhe befreit; ein Hirn, das den
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