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Ideen als Mitglied der Ober-Schulbehörde
für einen der größten Bezirke Ost-Londons.
Im selben Jahre vollzog sich aber eine
geistige Umwandlung in ihrem Innern.
Sie wurde mit den Thatsachen des
Hypnotismus und Spiritismus bekannt und
dadurch von ihren materialistischen An-
schauungen bekehrt. Sie verwarf, wie sie
später erörterte, das materialistische System,
insbesondere deshalb, weil es folgende That-
sachen nicht zu erklären vermag:
1. die hypnotischen und Mesmer’schen
Experimente und das intra-hypnotische Hell-
sehen;
2. den Wechsel des Bewusstseins, der
Träume etc.;
3. die Übergänge von der objectiven
zur subjectiven Welt;
4. die Wirkungen der Seele auf den
Körper, den Tod durch Schreck u. s. w.;
5. den Erinnerungswechsel und die
Thatsachen verschiedener persönlicher Be-
wusstseins-Zustände in einem und demselben
Menschen;
6. die gesteigerte Sensibilität in be-
sonders veranlagten Personen (psychische
Hyper-Ästhesie);
7. die Thatsachen der unmittelbaren
Gedankenübertragung;
8. die Abstammung genialer Menschen
von unbedeutenden Eltern, und
9. die verschiedenen Charaktere und
Anlagen von Geschwistern etc. etc.
Im Jahre 1890 erhielt sie von Stead
die zwei Bände der Mme. Blavatsky:
»Secret Doctrine« zur Besprechung und
gewann durch dieselben ein so großes
Interesse für die Theosophie, dass sie mit
Freuden auf den Vorschlag des Herrn
Stead eingieng, sie mit der Gründerin der
Theosophischen Gesellschaft bekanntzu-
machen. Mme. Blavatsky war sehr erfreut,
die bekannte Schriftstellerin und Rednerin
so begeistert für ihre Sache zu finden
und erkannte bald in derselben ein hervor-
ragendes agitatorisches Talent für die
theosophische Sache. So wurde Annie
Besant ihre Mitarbeiterin und, nachdem
sie in zahlreichen Schriften und Vorträgen
für die Theosophie in England gewirkt
hatte, nach ihrem Tode ihre Nachfolgerin
in der Leitung der Theosophischen Ge-
sellschaft in England. Seit Jahren gibt
sie in Verbindung mit dem General-
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Secretär der englischen Theosophischen
Gesellschaft, G. R. S. Mead, die Monats-
schrift »Lucifer« heraus. Von ihren
Schriften sind ins Deutsche übersetzt
worden: »Der Tod — und was dann?«,
»Die sieben Principien oder Grundtheile
des Menschen«, »Reincarnation oder
Wiederverkörperungslehre«, »Die Zukunft,
die unser wartet«, »Der Mensch und seine
Körper«, »Die Geburt und die Entwicklung
der Seele«. (Leipzig, W. Friedrich.) Vor
kurzem hat sie auch die »Secret Doctrine«
der Mme. Blavatsky mit G. Mead revidiert.
Eines ihrer bedeutendsten Werke ist das
vor kurzem veröffentlichte »Four great
Religions«, in welchem sie Christenthum,
Hinduismus, Buddhismus und Zoroastis-
mus vom theosophischen Standpunkte aus
vergleicht.
Nachdem die Theosophin wiederholt
größere Reisen zu Propaganda-Zwecken
unternommen hatte, besuchte sie im
Jahre 1894 auch das Land der Theo-
sophie selbst. Sie wurde, wie aus den
diesbezüglichen Berichten zu entnehmen
ist, mit ihrer Gefährtin Gräfin Wacht-
meister und dem Leiter des theosophischen
Hauptquartiers in Adyar, Oberst Olcott,
überall begeistert aufgenommen; ihr zu
Ehren wurden von den Eingeborenen
Triumphbogen errichtet, mit Guirlanden
wurde sie bekränzt und mit Rosenwasser be-
spritzt. Beim Shiwa-Tempel bewillkommte
sie der heilige Elefant, indem er seinen
Rüssel dreimal in die Höhe warf, und dann,
gefolgt von Spielleuten und Tänzerinnen,
die heilige Stätte umwandelte. Mitunter
waren die Theosophen bei den Maha-
radjahs eingeladen; dann war wieder der
Bungalow eines Gastwirtes ihr Nacht-
quartier. Die Vorlesungen der Theosophin
wurden von den Hindus mit großer Be-
geisterung aufgenommen. Es hatten sich
zu denselben Leute aus allen Kasten ein-
gefunden. Annie Besant fand Gelegenheit,
sich mit hervorragenden Hindus über
wichtige Fragen auszusprechen. Ganz
besonders wurde die Theosophin auch
von der indischen Frauenwelt gefeiert.
Schließlich dürfte noch die Thatsache
Interesse erwecken, dass ein vielberühmter
Handwahrsager in Kumbokonam die Linien
ihrer Hand »studiert«, ihr tags darauf
eine sehr genaue Skizze ihres ganzen
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