|
Journalisten, in deren Macht ja das Be-
kanntwerden mehr oder weniger gelegen
ist. Die Rache war gut; sie ist immer
excellent und wird es stets bleiben, so-
lange es Differenzen gibt zwischen dem Ver-
dienst der Schriftsteller und der Meinung
des Publicums.
Die Legende hat aus Villiers de l’Isle-
Adam einen absoluten Katholiken, einen
traditionellen Gläubigen gemacht, der den
politischen und religiösen Ideen angeblich
stets treu geblieben. Dies ist aber nicht
richtig, denn es verhielt sich nicht ganz
so. Allerdings ist Villiers als Katholik
geboren worden und als Katholik gestorben,
aber seine Gedanken, vom achtzehnten
bis über das vierzigste Lebensjahr hinaus,
waren die eines Idealisten Hegel’scher
Richtung. Von „Tribolat Bonhomet“ an,
geschrieben im Jahre 1868, bis zu seinem
letzten Werke, „Axël“, ist das, was er
an Literatur geschaffen, von deutschem
Idealismus durchtränkt. Er glaubt nur an
die Idee; dies ist die einzige Realität,
die er anerkennt. Er bekennt: man werde
das, was man ist, aber man sei nichts
anderes als die Idee, die man von sich
selbst empfangen hat. Als Schriftsteller
verwechselt er sehr gern die Idee mit dem
Wort; das Wort wird bei ihm die einzige
Realität, und zwar eine schöpferische
Realität. „Les paroles“ — sagte er selbst
einmal — „créent ce qu’elles signifient“.
Diesem Glauben vielleicht, und nebenbei
|
auch einer gewissen natürlichen Zurück-
haltung, haben wir es zu danken, dass
in dem ganzen Lebenswerke Villiers’
jedes leicht hingeworfene oder auch nur
zweifelhafte Wort fehlt und anderer-
seits ein Überfluss herrscht an adeligen
Worten, die eine neue Schönheit herauf-
beschwören.
Dieser enthaltsame und keusche
Mann liebte über alles die Liebe;
zwei der letzten Erzählungen, die er
geschrieben, enthalten dieses Wort in
ihren Titeln. So liebte er also Das,
was ihm am meisten gefehlt in seinem
Leben, und so schuf er sich durch die
Magie seiner Worte jene Atmosphäre, in
der er von Herzen gern geathmet hätte.
Aber hat er nicht auch wirklich darin
geathmet? Lebte er ja zeitlebens weit
mehr in seinen Träumen als in der Wirk-
lichkeit! Weniger als die anderen, die
in gleiche Umstände gekommen, drückte
ihn sein Leben. Die Macht seiner Imagi-
nation verwandelte die schweren Stunden,
die mit bleiernen Flügeln, in lächelnde
Gefährtinnen. Niemals kannte er — und
daran glaubte ich auf Grund meiner per-
sönlichen Erfahrung — den Begriff der
Zeit; er besaß die seltene Fähigkeit, sich
von sich selbst absorbieren zu lassen und
alles zu vergessen, was nicht im Augen-
blick seine Idee war. So war er — ganz
vorzugsweise — ein durchaus subjectiver
Geist.
|