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Reihe von Freunden um den Gastgeber,
milde, höfliche, feine Seelen, und freuen
sich sinnend eines Korin’schen Lackes,
einer Fayence von Kenzan. So klärt die
Psychologie des japanischen Volkes seine
Kunst. Diese Kunst, ganz Impression,
ganz Beobachtung, ganz Natur-Erfassung;
diese Kunst, so subtil, so raffiniert, so
sensitiv, so impulsiv in ihrer Empfindung.
Der Japaner sieht die Vorgänge in der
Natur, und die Übersetzung dieses Sehens
ist eine mächtige Steigerung des Wesent-
lichen, eine energische Eliminierung des
Überflüssigen. Ausgebildetster Tastsinn,
Geduld, Beharrlichkeit, Combinationsgabe,
unermüdliche Problem-Lösung erzeugten
eine technische Meisterschaft, die jedes
Material bezwingt, jeden Kunst-Impuls
vermittelt.
Europas moderne Kunstauffassung
verdankt Japan in der Malerei den
Impressionismus und zum Theil das Plein-
Air. In der Zeichenkunst den Naturalismus,
die Wiedergabe nach Lebeformen. Im
Bronzeguss die Handhabung der verlorenen
Form und die unendliche Tönung der
Patinierungen. In der Keramik die Ver-
wendung der oxydierenden Feuer-Emails
(Flambées), die ungeheure Steigerung der
Erhitzungs- und Dehnungsprocesse. In der
Textile die vollständige Umwertung der
Farben und die freie Lösung der decora-
tiven Motive etc. etc. Kurz, so wie die
indische und egyptische Cultur für Griechen-
lands Kunstentwicklung von Bedeutung, so
wie die Neu-Entdeckung des griechischen
Schönheits-Ideals eigentlich die Renaissance
schuf, so bedeutete der Aufschluss Japans
nach der großen Revolution in den Sechziger-
jahren und das Einströmen seiner Kunst-
werke auf europäischen Märkten die
epochemachende Umwandlung unseres
künstlerischen Lebens. Dies wollte die
Secession durch die geschlossene Vor-
führung einer Ausstellung japanischer
Kunst-Erzeugnisse darthun. Seht, was wir
diesen danken! — so sagen sie dem
Publicum; lernt diese Größe der Natur-
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Empfindung, diese Vollendung der Technik,
diese Meisterschaft der vornehmen Ele-
ganz, diese Einheit der Kunstbestre-
bungen, diese Höhe der culturellen
Ästhetik verstehen — dann werdet ihr
auch besser unser Wollen, unsere Ziele,
unser Schaffen würdigen!
Die vorgeführte Sammlung des Herrn
Fischer aus Berlin ist dem angestrebten
Zwecke außerordentlich günstig. Sie macht
nicht den Anspruch, vom Standpunkte des
hyper-subtilen Sammlers betrachtet zu
werden. Dieser würde eine feinere Durch-
siebung der Objecte verlangen, um dann
eine Vereinigung ganz erstclassiger Werke
zu genießen. Hier ist aber nur die Vor-
führung eines Gesammtbildes bezweckt,
ein möglichst vollständiger Ausschnitt
einer Cultur-Erscheinung. Da können denn
auch, wie es bei der Fischer’schen Col-
lection der Fall ist, allererste Kunstwerke,
wie die Schiebethüren mit dem herrlichen
Bilde des trunkenen Dichters Ritahu oder
der silbergrundige Wandschirm mit Tusch-
zeichnungen oder die holzgeschnitzte
Todtenmaske, vermengt sein mit immerhin
interessanten, aber minderwertigeren Kunst-
Emanationen. Als Block, als Einheit be-
trachtet, gibt die Ausstellung die erfreu-
lichste Empfindung. Wie immer, hat die
Secession einen künstlerisch fein getönten
Rahmen dafür geschaffen. Nur hat sie
uns bereits zu höchsten Anforderungen
erzogen. Daher vermissen wir eine Note
in dem schönen Gesammtbild: die künst-
lerische Ergänzung durch die Blume. Ein
japanisches Interieur erhält erst durch den
Blumenschmuck die letzte Ausgestaltung.
Man hätte die Boskette um den Buddha
herum und weiter an den Seiten hin nicht
aus den stumpfen, morosen, verkümmerten
Grün-Pflanzen unserer Zonen bilden dürfen.
Ohne große Kosten wären blühende
Zweige, einige hohe Schwertlilien und
bizarre Farnkräuter zu beschaffen ge-
wesen. Vielleicht lässt sich diese beschei-
dene Anlegung noch ausführen.
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