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dass man das Object dreimal mit Hilfe
dreier farbiger Gläser, welche zusammen
Weiß ergeben, aufnimmt. Jede Aufnahme
zeigt ein gewöhnliches graues Bild, aber
mit verschiedenen Schattierungen, je nach
dem angewendeten Glase. Legt man nun
die drei Bilder übereinander, aber so, dass
sie durchscheinend bleiben, so erhält man
erst das buntfarbige Bild. Ähnlich verhält
sich die Sache mit den verschiedenen,
in und durch einander wirkenden Gestirn-
einflüssen, nur ist es in seiner Art noch
verwickelter und die Zusammenbringung
der zu einander gehörigen Effecte gerade
die Schwierigkeit! Jeder einzelne Einfluss
enthält die Wahrheit, aber noch nicht
die genau umschriebene und die Wirk-
lichkeit erschöpfende oder auf ihren be-
sonderen Fall eingeschränkte. Zudem ist
schwer erkennbar, was zusammengehört
und was nicht. Diese Schwierigkeiten
treten uns am meisten entgegen in der nähe-
ren Verfolgung der Geschicke jemandes,
dagegen sind die Geburtsfiguren als bloße
Grund-Elemente einer Nativität schon
leichter zu judicieren. Ich bemerke dies
alles, um nicht falsche Vorstellungen über
die Sache zu nähren, denn allgemein ist
die Ansicht verbreitet, mit Astrologie
ließen sich die Wahrsagungen ganz be-
liebig wie aus dem Ärmel schütteln und
sie sei zugleich etwas, womit sich viele
befassen könnten. Man kann bei nöthiger
Mühe und Arbeit vieles im voraus seinem
Typus nach richtig kennzeichnen, aber
es passt darauf Goethes Wort, dass die
Wahrsagung erst ihre volle Bedeutung
erhält durch die Erfüllung.
Es ist nur zu natürlich, dass uns
das unmittelbare Bewusstsein von den
Gestirnwirkungen abgeht, da sie sich ja
mittelbar und so allerdings mit unwider-
stehlicher Gewalt äußern. Sie wirken für
hoch Sensitive gelegentlich auch wohl
direct fühlbar physisch, wie z. B. bei
Eklipsen. Im übrigen äußern sie sich auf
eine unsichtbare und sehr verwickelte
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Weise psychisch in den Beziehungen von
Mensch zu Mensch, sympathetisch und anti-
pathisch, je nach den Horoskopen, und
führen uns unvermerkt durch das Leben,
bringen uns in diese und jene Lage mit
und ohne unseres Willens Hilfe, beein-
flussen unser Denken und Thun. In vieler
Hinsicht sind wir so als Individuen nur
Theile des ganzen Complexes Menschheit
oder unseres Volkes und seiner Beziehungen,
und müssen in dieser Rolle als Rädchen
in dem Getriebe oft leiden, wo wir nichts
verschuldet haben, so bei einem allge-
meinen Unglück der Nation; andererseits
wird weniger beachtet, dass wir häufig
Glück haben und ernten, wo andere
säeten.
Es ist gewiss aber eine Erweiterung
des gegenwärtigen Standes der Welt-
anschauung, dass wir durch unser Horoskop
theilnehmen an den Vorgängen im
Weltall, dessen Gewalten also nicht
nur mechanisch wirken, wie man
heute lehrt, und dass diese Mechanik
auch den Zweck hat, sich in uns
zu geistigen Functionen zu verwandeln,
in Sturm und Sonnenschein der Seele.
Es gibt also auch ein seelisches
Äquivalent der Kräfte, der mecha-
nischen Kräfte, und wer an dem Worte
Astrologie Anstoß nimmt, mag von einer
bio-kosmischen Physik sprechen mit zu-
gehöriger Mathematik — die Mathematik
der Schicksale, da ja, wie bekannt, die
wirkenden Aspecte der Gestirne Winkel-
größen sind. Obwohl wir diese Mathematik
und Physik nicht in alle ihre unendlich
kleinen Elemente verfolgen können, was
ja in anderen Wissenschaften auch nicht
möglich ist, so spricht sie für den, der
sich eingehend genug damit beschäftigt,
doch eine Sprache, die uns häufig mehr
verräth, als wir sonst erfahren können,
wobei der Aufschluss über den kosmischen
Hintergrund unseres Daseins nicht der
kleinste Gewinn ist.
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