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Arm, und beide verstricken sich in der
wunderlichen Falle, die sie aus der Welt
schaffen wollten und der sie selbst nicht
entrinnen können.
Der Gedanke, der weitgereiste, war
auf der Heimkehr von einer Weltumsege-
lung begriffen und verweilte in Schmetter-
lingsgestalt auf einem Stück unbeschriebenen
Papiers.
Ich erkannte ihn wieder. Bist du
mein Gedanke? — fragte ich.
Deiner und aller, wie der Sonnenschein,
antwortete der Schmetterling.
So weit bist du gereist und bist nicht
müde, fuhr ich fort.
Nein, ich kehre für einen Augenblick
zu mir selbst zurück.
Bist du nicht immer du selbst?
Es war mir, als zuckten die Schmetter-
lingsflügel in einem Lächeln. — Wenn
ich immer ich selbst wäre, sagte der
Schmetterling, was wäre dann die Welt?
Ich bin du, und man nennt mich Liebe,
ich bin er, sie oder es, und man heißt
mich selbstische Begierde. Die Welt-
geschichte ist aus ich, du, er, sie, es zu-
sammengesetzt, aber über ihnen steht das
Unmittelbare.
Was ist das Unmittelbare?
Das, das mein Ich ist, aber das ich
nicht bin. Das, das mich umfasst und
alles umfasst, aber das ich nicht umfasse.
Was? Es gibt also Eines, das du
nicht beherrschest? Weißt du wohl, Herr
des Alls, dass dieses Einzige deinen Thron
stürzt?
Ich weiß es, aber ich setze mich da-
gegen zur Wehre, ich kann keinen Über-
mann anerkennen. Ich suche seinen
Namen, um ihn zu fangen und zu binden.
Ich habe alle Namen von Menschen-
zungen durchforscht und alle Worte meiner
eigenen Gedankenwelt. Noch ist es mir
nicht gelungen, ihn in irgendeinem Namen
oder Begriff zu fangen, aber ich fahre fort
zu suchen, und ich werde ihn finden.
Mein Arsenal ist unerschöpflich.
Und wenn es dir nicht gelingt?
So verleugne ich ihn. Ich habe ihn oft
verleugnet, ihn gehalten und dann gewähnt,
ihn für ewig gebunden oder vernichtet zu
haben. Aber er ist aufs neue erstanden,
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mächtiger denn zuvor, und hat mich mit
unsichtbaren Ketten gebunden, denen ich
nicht entgehen kann. Der Vermessene!
Bin ich es nicht, der Himmel und Erde
beherrscht? Sollte ich ruhen, bevor ich
ihn besiegt?
Schmetterling auf leichten Schwingen,
was erkühnst du dich zu sagen? Du
verleugnest ihn, der dich geschaffen und
dich zum Herrn der Welt gemacht! Bist
du nicht ein Ausfluss seines ewigen Ur-
quells?
Man hat mir so gesagt, aber es nicht
bewiesen. Wenn es mir gelingt, einen
Ursprung ausfindig zu machen, in dem
alles aus sich selbst herstammt, durch
den Zufall der Atome, dann bin auch ich
losgelöst und freigemacht von allen
Banden.
Schmetterling, Schmetterling, warum
nach einem Ursprung forschen, der die
Schöpfung zu einem Spielball der Atome
erniedrigt! Du selbst hast erkennen
müssen, dass diese deine Erfindung kein
Gedanke mehr ist, sondern ohnmächtiger
Trotz. Begreifst du nicht, dass du durch
deinen Übermuth nicht bloß deinen Ur-
sprung verleugnest, sondern auch dich
selbst?
Beweise mir das! Bin ich nicht un-
sterblich? Bin ich nicht allmächtig? Bin
ich es nicht, der die Welt geschaffen?
Und ich sollte mich demüthigen!
Dieses Unmittelbare, Unaussprechliche,
für das du vergeblich einen Namen suchst,
dieser dein verleugneter, verhöhnter, ge-
tödteter und wiedererstandener Übermann
hat sich selbst so tief gedemüthigt, in
einer Hülle von Staub zu deiner Sinnen-
welt hinabzusteigen, deine Gedanken zu
denken und deine Kämpfe zu kämpfen,
doch ohne Trotz, ohne Hochmuth, ohne
Missgunst und Herrschsucht. Du hast ihn
verleugnet, und er hat dich anerkannt
als sein geliebtes, verlorenes und wieder-
gewonnenes Kind; du hast ihn beschimpft,
geschlagen, belogen und getödtet, und er
hat dir vergeben; du hast einen Felsen
über sein Grab gewälzt und dein Siegel
darauf gedrückt, und gleichwohl ist er
siegreich aus dem Grabe erstanden als
des Lebens Herr, doch nur, um dich
wieder zu lieben, dir zu vergeben, dich
zu heiligen. Bist du mehr denn er, dass
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