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weder als Anhänger der Insecten-Theorie
fangen, noch mich gegen dieselbe schützen
kann. Das Metallnetz hinderte das Flug-
vieh, aber nicht die Ameisen, also —
plus minus Null.
Jetzt will ich von einem eigen-
thümlichen Anblick erzählen, den ich in
meinem Gurkenbeet im verflossenen
Sommer hatte. Die Gurke ist, wie bekannt,
einhäusig, das heißt, sie hat die männ-
lichen und weiblichen Blüten auf einem
und demselben Stande. Nun trifft es sich
doch so in der Natur, dass die ein-
geschlechtigen Blumen niemals ein-
geschlechtig sind, sondern dass, besonders
bei der Gurke, die männlichen Blüten
mit rudimentären Stempeln versehen sind,
und die weiblichen mit rudimentären Staub-
fäden. Nun ist freilich wahr, dass die
hervorbrechende weibliche Blüte sofort in
der Knospe ihre prädestinierte Fruchtbarkeit
zeigt, und wenn ich auch versucht bin,
zu glauben, dass die rudimentären Staub-
fäden der weiblichen Blüte unter ge-
wissen Bedingungen Fortpflanzungsver-
mögen entwickeln können, so glaube ich
dagegen nicht, dass eine männliche
Blüte Früchte geben kann. Eine Analogie
auf ein Ungefähr: die geschlechtslosen
Ameisen sind verkrüppelte Weibchen, nicht
Männchen, und diese geschlechtslosen
Weibchen können ausnahmsweise, wenn
die Königin zum Beispiel fehl geschlagen
ist, Eier legen. Warum kann ich mir nicht
denken, dass die weibliche Blüte der
Gurke in schwerer Noth die rudimentären
Staubfäden zur Fortpflanzungsgeschick-
lichkeit entwickeln kann? Das war die Muth-
maßung Numero eins, betreffend die Un-
entbehrlichkeit der Insecten bei gewissen
Moniceen. Jetzt schiebe ich meinen
Anblick in dem Gurkenbeet ein.
Unter dem geschlossenen Fenster sah
ich eine weibliche Blüte hervorspringen,
sich nach oben und schräg krümmen,
wahrscheinlich nicht, um die Sonne zu
suchen, denn die Gurkenplanzen verbergen
ihre Blüten unter den Blättern, weshalb
man keine Blätter abzubrechen pflegt, um
ihnen Sonne zu geben.
Die weibliche Blüte wächst also Tag
für Tag, und ohne doch, scheint es, be-
fruchtet zu werden, scheint sie eine männ-
liche Blüte zu suchen, die höher oben
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sitzt. Nach einigen Tagen sind sich die
beiden Blüten in einer Umarmung be-
gegnet, die so gewaltsam war, dass ich
sie nicht trennen konnte. Darauf welkt
die männliche Blüte, nachdem sie ihre
Bestimmung erfüllt hat, von der weib-
lichen aufgefressen, ganz wie das Spinnen-
männchen, das warm in der Hochzeits-
nacht von dem größeren und stärkeren
Spinnenweibchen gefressen wird. (Anm.
Nach sicheren Quellen und eigenem Ex-
periment im Glasbauer.)
Jetzt frage ich mich, statt dir zu ant-
worten, neugierige Jugend: Haben die
Blüten ihre Farbe bekommen, um In-
secten anzulocken, wo Insecten überflüssig
sein können bei der Befruchtung getrennt
geschlechtiger (und der Klee außerdem
zweigeschlechtig ist, der zu nichts anderem
als zur Kreuzung Insecten bedürfen sollte)?
Könnte man sich nicht denken, dass
das Metallnetz den Zutritt des Windes
hinderte, den Austritt der für die Befruch-
tung schädlichen Feuchtigkeit hinderte?
Bedenke, was ein Metallnetz bei einer
Grubenlampe hindern kann, wo es da die
Anzündung des Gases durch die Flamme
hindert.
Werden wir übereinkommen, nicht
auf das Wort der Lehrer zu schwören,
nicht einmal, wenn sie Charles Darwin
heißen? Und dann nehmen wir die Frage
von einer anderen Seite in Angriff, um
zu sehen, ob sich irgendeine Antwort
findet, und werden nicht verdrießlich,
wenn wir statt einer Antwort, die alles
weitere abschneidet, auf eine neue Frage
stoßen, viele neue Fragen?
Die Statistik — die deutsche, gute,
gründliche Statistik der Naturwissen-
schaft — lehrt, dass die größte Anzahl
Phanerogamen gelbe Blüten tragen;
danach kommen die mit weißen, dann
die rothen, und zuletzt die blauen. Das
von den blauen weiß jeder Gärtner, der
eine Ehre darin setzt, die geringe der
blauen vermehren zu können.
Weshalb fragst du nun, sind die
gelben die meisten, und die weißen
danach?
Hier eine Menge Muthmaßungsvor-
schläge. Wenn wir die Insecten-Theorie
annähmen, so ist die Frage gelöst, denn
die gelben sind am lichtstärksten und auf
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