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der blassroth wird, beinahe weiß! Eben-
sowenig wird das Sumpfblatt und der
Wasserklee, das Pfeilgras und Kalla hier-
durch gehindert, vielleicht durch Auslau-
gung im wasserkranken Boden und mitten
im Wasser, weiße Blüten zu bekommen.
Weiß ist Schwäche, Mangel an starken,
gesättigten Säften wie im Wasser.
Warum Unserer Frauen Bettstroh
weiß wird am Grabenrand und das Leim-
kraut im Acker, das weiß ich nicht, wie
ich nicht weiß, warum die Blüten der
Obstbäume weiß werden.
Die Farbe aller Blüten wird übrigens
weiß bei Gegenwart von Schwefelsäuer-
lichkeit, was man damit beweisen kann,
dass man Schwefel unter einer rothen
Rose verbrennt. Aber es gibt auch andere
Umstände, die eine starke Farbe auf
weiß reducieren. Am leichtesten geschieht
dies mit den blauen Blüten. Die blaue
Anemone steht ja selbst da und weißelt
auf eigene Hand, und wer blaue Akeleis
gebaut hat, bekommt zuweilen weiße.
Dies bewiese, dass die blaue Farbe in der
Entwicklungskette die zuletzt gekommene
ist, da sie es noch nicht erreicht hat, sich
zu fixieren, und die überlegene Halt-
barkeit der gelben Farbe spricht für deren
Platz als der ersten in der Kette. Lasst
uns eine Reihe Knospen der blauen
Akeleis secieren. Die jüngste zeigt noch
das Blattgrün, wenn auch blass, weil es
innen in der Knospe an Sonne fehlte;
nimm jetzt eine ältere Knospe, und das
Grün geht in Gelb über, aber in unreines;
eine dritte und das Gelb ist blassweiß;
in einer vierten sieht man die Rosafarbe,
die in der Kette roth sein sollte; eine
fünfte gibt bereits Violett, und in einer
sechsten ist Rothblau, bis die Blüte
cyanenblau dasitzt. Dieses Blau ist nun
nicht so fixiert, dass es nicht bei einer
Veränderung in der Beschaffenheit des
Bodens oder einer Verwandlung der Luft
zu Ozon, wenn es Ozon gibt, oder Ver-
mengung mit Ammoniak bei Regen,
der Salpetersäuerlichkeit bei Gewitter
u. s. w. wechselte. Bisweilen zurück zu
Rosa (Roth) oder reinem Weiß.
Wenn nun solche Umwechslungen
mit den gelben Blüten vor sich gehen
und die rothen auch nicht in Blau über-
gehen, so hat man ja gleichsam ein wenig
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Recht, anzunehmen, dass die Entwicklungs-
scala diese sei: Grün; Gelb; Orange; Roth;
Violett und Blau; oder in eine Ketten-
rechnung gestellt, wo der folgende Ter-
minus immer einen der vorhergehenden
Factoren enthalten soll:
Grün — Gelb.
Gelb — Orange (Gelb und Roth).
Roth — Violett (Roth und Blau).
Blau — Blau.
Bemerkenswert ist, dass hierbei die
Farben in derselben Ordnung gehen, wie
die des Prisma, wenn man nämlich die
Kette mit Roth beginnt und rückwärts-
geht.
Warum es so ist? Das ist das Geheim-
nis der Blüten, das sie gemeinsam mit
der Sonne und dem Regenbogen haben.
Sir John Lubbock, mein unbekannter
Wohlthäter bei diesen kleinen Phantasien,
hat in seiner großen Arbeit über Bienen
und Wespen Winke über Auslese und
dergleichen gegeben, aber ich glaube, dass
die Farben der Blüten von denselben
Gesetzen, wie die des Lichtes, regiert
werden, von welchem die ersteren abhängig
sind. Und das Spectrum ist nicht eine
Scala, sondern ein Zirkel, so dass ich immer
dieselbe Ordnung bekomme, ich mag auf
der Peripherie des Zirkels beginnen wo
ich will. Und wo auch in der Natur
Farben hintereinander liegen, folgen sie
den Gesetzen des Prisma, was der Land-
schaftsmaler weiß, wenn er einen Sonnen-
untergang malen soll. Die Farben des
Spectrums zeigen nur das Licht in ab-
nehmenden Stärkegraden zu beiden Seiten
vom Gelb, dem stärksten, das in der Mitte
liegt. Die Farben des Prisma beginnen
mit Roth und schließen mit Violett, weil
der Übergang von Blau, dem vorletzten
in der Scala, und Roth, dem ersten, Violett
ist. Die, welche eine Farbe hinter Violett
im Regenbogen erwarten, und die, welche
geglaubt haben, sie in dem photographierten
Spectrum wahrzunehmen, warten wahr-
scheinlich vergebens, soweit sie nicht
warten auf Rothblau oder Blauroth oder
Schwarz. Lavendelgrau, sagt Helmholtz.
Wenn man nun sieht, wie die Farben
der Blüten, ohne Rücksicht auf die In-
secten-Theorie, sich von dem lichtstärksten
Gelb, der Farbe, die der Sonne eigen ist,
durch das lichtschwächste Roth bis hinunter
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