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ein Lachen nach langem Schweigen
und darüber, dass sich Andere so schnell
und leicht aussprechen können und
bis zu einem fünften Act kommen.
L’éternité en-soi avant ma naissance,
l’éternité en-soi après ma mort. Et
passer ainsi mes jours à touer le temps.
Eine andere Erzählung heißt Persée
et Andromède. In der alten Legende
befreit Perseus Andromeda und tödtet
den Drachen. Das ist alles. Wiederum
die Apotheose des Helden, und Andro-
meda hat soviele und so lange Stunden
vor dem Meere gelebt und entschieden
auch sehr bedeutsame Augenblicke
gehabt — nur um am Ende befreit
zu werden, und der Drache ist wiederum
so einfach schlecht, so ausgesprochen
und legendenhaft schlecht, nur um
scrupellos getödtet zu werden. Was
für ein Recht hat Perseus, Andromeda
zu befreien? Seine und aller Helden
und Legenden Ansprüche auf Reinheit
und Einheit! Aber Mädchen, die so
lange warten müssen, sind nur in den
Legenden und Vorurtheilen der Helden
ausgesprochen rein. Wie köstlich sagt
nicht die kleine Andromeda Laforgues,
müde am Abend, nachdem sie den
ganzen Tag über mit den Muscheln
gespielt, den Drachen mit Meerwasser
bespritzt oder ihren nassen, jungen
Körper von den Sonnenstrahlen trocknen
lassen oder dem Fluge der Seevögel
träumerisch nachgeblickt hat: »Main-
tenant on aurait beau venir me
chercher et m’emmener, je garderai
rancune, toute ma vie je garderai en
peu rancune.« Und da will ein kecker,
von den Göttern jüngst geadelter Held,
ameusement sûr de son affaire, kommen,
sie befreien, ohne Rücksicht auf ihre
Vergangenheit — als ob es Helden
gegenüber keine Vergangenheit gäbe
und wir vor ihrer Gegenwart alles ver-
gessen müssten oh, je garderai
un peu rancune. Wie Hamlet die That,
so will Andromeda, das Weib, den
Befreier und das Ideal, aber sind beide,
der Befreier und die Ideale, alle Illusionen
und alle Poesie wert, mit denen die
Menschen um diese sich bemühten?
Muss alles einen letzten Act haben?
Und wenn der letzte Act, wie dieser
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Göttergeck, zufällig nichts wert ist,
sind es darum auch alle anderen Acte?
Gibt es denn Acte im menschlichen
Leben oder gibt es nur Augenblicke
und ein Hin und Her von Wellen wie
in dem Meere, an dessen Gestade
träumend die kleine Andromeda mit
dem nassen, jungen Körper spielt?
Muss denn vor dem Tode alles gesagt
und ausgesprochen sein? Weiß der
Tod nicht besser das Schweigen zu
hüten als alle Helden, Legenden und
letzten Acte?
Oft kommt das Ideal wie Lohengrin,
aber segelt wieder davon, da Elsa nicht
rein ist, und wenn sie auch nicht fragt,
so doch vielen Grund zu fragen gibt.
Aber wie dem immer sei — während
Lohengrin Elsa zu erlösen meint, erlöst
er sich selbst doch nur von ihr, und
während er »selig« auf dem Schwan
in die Lüfte segelt, bleibt Elsa im
Brautbett liegen. Nur Pan, der Gott
der Künstler, gewinnt. Vergeblich jagt
er nach Syrinx, der Nymphe, son but,
wie er sie nennt — o Syrinx, t’ai-je
rêvée — doch für alle Mühe wird ihm
für seine Flöte mit vier Löchern eine
andere mit sieben Löchern und der
Seele der Syrinx gegeben. Ja, Hamlet,
Andromeda, Pan und auch Lohengrin
wollen alle nicht Gegenstand einer
Legende sein, sondern ihr Leben selbst
wie eine Dichtung leben. Sie wollen
nicht einer Heldenmarotte zuliebe aus
dem Leben scheiden und ihre Bewusst-
heit an alles Unbewusste verlieren. Sie
lieben ihre Reflexion zu sehr und wissen
um die Wollust ihrer Schwermuth.
Oder können sie das Unbewusste nicht
mehr wollen und ziehen sich aus dem
Conflicte mit ihrem Lachen, diesem
Lachen, das bald wie ein Schein über
aller Grundlosigkeit und ein Wissen
über allem Unbewussten, wie die Illu-
sion eines Ideals, bald wieder wie die
Kunst des Schmerzes und die Flöte
Pans ist? Jedenfalls sind sie Bilder
ihres Dichters!
Was soll ich von diesem Dichter
sagen? Zunächst: er gehört zu den vier
bis fünf jungen Dichtern, denen der
frühe Tod etwas Symbolisches gab.
Wer will das Leben so sehr wie ein
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