|
hängig hievon bedeutender künstleri-
scher Wert zukommt. Man findet unter
diesen Tafeln Entwürfe (wie die Nacht-
studie aus »Tristan« und die Walküren-
gruppe aus der »Walküre«), die in
ihrer Betonung der reinen Lichtver-
hältnisse (also der zur musikalischen
Harmonie analogen Erscheinungsbedin-
gung) die vollkommen adäquate »Illu-
stration« der bezüglichen Partitur-
stellen bedeuten: Zwei scharfe Contrast-
Töne und ein vermittelndes Über-
gangslicht bilden die optischen Zustands-
bedingungen für das Auftreten von
Gestalten, die schattenhaft reich um-
flossen oder felsrippenartig scharf ge-
zeichnet (aber stets in unaufdringlicher,
mit dem Naturton sich deckender
Farbennuancierung) in der Scene unter-
getaucht sind — vergleichbar den zwei
wohlbekannten, unregelmäßig gebauten
Dreiklängen, die, hier wie dort, die
tonale Bedingung für die Entwicklung
der musikalischen Charakteristik an-
geben.
Um diese Studien eingehender zu
würdigen, muss man sich die Analyse
vor Augen halten, die Appia, aller-
dings an Chamberlain anknüpfend,
seinen Entwürfen vorangehen lässt. Er
hebt hervor, dass schon äußerlich
(scenisch im vulgären Sinne) »Tristan«
und die »Meistersinger« einander gegen-
überstehen; hier: Tag, Leben, Bestimmt-
heit, dort: Nacht, Öde, Raum, in dem
»nichts geschieht, als Musik« (Wagner).
Dies erklärt, weshalb auch heute schon
diese beiden Werke mustergiltiger Auf-
führung fähig sind. Anders ist es im
»Ring«, der nach dem esoterisch auf-
zufassenden »Rheingold« mit seinem
symbolischen Realismus und nach der
Trilogie mit ihren decidierten Menschen-
typen in zwei Theile zerfällt, die auch
äußerlich durch die Inscenierung aus-
einandergehalten werden müssen. In
der Trilogie reicht der bewusste Willen
des Gottes bis zur »Walküre«; von hier
an beginnen die Ereignisse des zer-
spaltenen (Welt-)Willens, das sind die
einander durchkreuzenden Thaten der
Menschen. Von »Siegfried« an darf
|
sich also der Realismus der Inscenierung
bis zum Ende fortwährend steigern»
während die »Walküre« noch durch die
Gegenwart des Gottes motiviert ist
und somit des schematischen
Charakters einer streng idealisieren-
den Inscenierung nicht entbehren kann.
Zweierlei Wege gibt es, durch
welche eine Inscenierung auf die Höhe
eines idealisierenden Ausdrucksmittels
gebracht werden kann. Erstlich: Unter-
drückung aller Farbenwerte bis zum
mattgebrochenen Ton oder bis zur
absoluten Ausschließung der
Farbe; sodann: Steigerung der Form-
Wirkung durch geeignet aufgestellte
Lichtquellen, die an Stelle der Relief-
plastik das Schattenhafte der Außenwelt
zum Ausdruck bringen (eventuell Er-
setzung der Sichtbarkeit des Sängers
durch Maschinen: parallel zum »un-
sichtbaren« Orchester).
II.
DIE LICHT-TON-THEORIE.* (1900.)
Mancher, der einer Reduction
des farbigen Elementes gerne zu-
stimmte, wird einer Ersetzung der
landläufigen Decoration durch völlig
farblose Schemata nur mit einem ge-
wissen Bangen entgegenblicken. Ver-
suchen wir, die möglichen Einwände
aus dem Wege zu räumen.
Der Function des Lichtes ist bereits
gedacht worden; es mag hinzugefügt
werden, dass das Licht nicht ganz
allein, aber fast ganz allein die Wahr-
nehmung ermöglicht. Die Farbe besitzt
nicht so universelle Bedeutung, wie
schon Locke erkannt hat; sie ist ja
schließlich nichts anderes, als die einer
Nerven-Endigung entsprechende Irrita-
tion, höchst subjectiv betont, bei ein-
zelnen Individuen ganz unterdrückt
oder in engen Grenzen veränderlich.
Von einer Bedeutung für die Darstellung
des inneren Wesens der Erscheinungen
durch die bloße Farbe kann mithin
kaum die Rede sein. Wohl ist das
|