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auf anderer Basis mit heiter freiem Ge-
müthe die Selbsterlösung in Angriff nahm.
Mönchische Dumpfheit und Trägheit »ist
dem Buddha ein Greuel«, der vielmehr
seine Jünger rastlos wandern und wirken
heißt, das Heil zu verbreiten. Alles Gegen-
theilige, was in Europa darüber verbreitet
ist, ist unwissende Verleumdung. Für den
jetzigen Zustand seines entarteten Cultus,
des exoterischen, ist nicht Er verantwort-
lich, doch läuft auch hier viel unreif lüg-
nerisches Gerede mit unter, wie denn die
so verrufenen Klöster Tibets in rastlosem
Eifer die »Geheimlehre« hüten. Und im
Anschluss hieran soll auch das Geheimnis
nicht verhohlen bleiben, dass die schein-
baren Moralgebote keineswegs abstract
»um der Tugend willen« für einen angeb-
lichen »kategorischen Imperativ« befolgt
werden sollen, für den es keinen ver-
nünftigen Grund gebe. Die Materialisten
und Darwinisten freilich sind gleichfalls
naiv oder feige genug, eine rationa-
listische Ethik aufbauen zu wollen,
deren Begründung ebenso unlogisch ist, wie
diejenige der metaphysisch-religiösen.
Da soll der so von Grund aus egoistische
Mensch in selbstloser Resignation zwar
auf Gott und Unsterblichkeit verzichten,
dafür aber die Idee der Menschheit auf
den Thron setzen und um des Guten willen
das Gute üben, in lauterer Nächstenliebe
erglühen. Dieser Erhabenheitsschwindel,
soweit er überhaupt ehrlich gemeint
ist, müsste unauslöschliches Gelächter
erregen, wenn er nicht so traurig stimmte,
Darwin selber wusste sich jedoch von
solch naivem Optimismus frei und hat
in Privatbriefen sich äußerst pessimistisch
über die Zukunft der Rasse geäußert, da
die von ihm proclamierte »Auslese« noth-
wendig den Sieg der Brutalität bedeutet
und jede Ethik ausschließt. Nein, wie die
Kirchenreligionen logisch zu Intoleranz
und Knebelung der Vernunft, ja zur Ver-
engung des Gemüthes führen, so der
Materialismus zum Erlöschen jeglichen
ethischen Empfindens, — wenn nur nicht,
wie wir früher sahen, diese Ethik selbst
zu tief im Menschenwesen selber stäke
und hiermit die materialistische Welt-
anschauung indirect Lügen strafte. Aber
die Wahrheit und letzte Erkenntnis in
und seit Buddha bedankt sich auch für
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den abstracten Kant’schen Sittlichkeits-
zwang, als einer — von wem und
warum? — auferlegten Pflicht ohne ent-
sprechende Vergeltung. »Gott«, die All-
macht und All-Liebe, ist nicht ein solcher
Knauser und sauertöpfischer Moral-Schul-
meister, dass er von den armen Karma-
Sclaven eine »Tugend um der Tugend
willen« heischte, sondern reich, wie er ist,
spendet er sofort überreich die Opfer
zurück, die man der Erkenntnis seines
Wesens zollt. »Gott ist kein Gott der
Todten, sondern der Lebendigen«; dies tiefe
Jesuwort hat einen occulten Sinn. Nur
im Lebendigen kann Gott sich offenbar
werden und eine sozusagen todte Ethik
der Lebenden, die nämlich immer nur
auf eine Jenseits-Vergeltung speculiert,
würde keine Offenbarung seiner lebendigen
Größe ermöglichen. Deshalb bezweckt die
Erfülllung der Heiligungsgebote Buddhas
keineswegs nur Vorbereitung für Nirwana
und passive Beseligung, sondern zugleich
eine Erhöhung der Menschenmacht.
Höher denn alle Geniekräfte des ge-
waltigsten Ichs, die alle nur an die Welt
des Scheins gebunden und den plumpsten
Scheingesetzen der Materie unterworfen
bleiben, steht die Geistes- und Willens-
macht des Erleuchteten, sei er Adept
(Chela oder, wie die Inder die Blavatsky
nannten, Upasika) oder nur auf dem Wege
dazu oder gar schon — höchste Stufe vor
dem Nirwana — zum Mahatma (Über-
mensch) geworden. Auf der Grundlage der
buddhistischen »Sieben Pfade zum Heil«
wächst allmählich ein gott-menschliches
Wollen und später Können empor,
das die Wunder der »Zauberer« ermög-
licht. (Vergl. das herrliche Capitel über
Apollonius von Tyana im III. vol. der
»Secret Doctrine« H. P. Blavatskys.)
Wir treten hier ins Gebiet der »weißen
Magie« ein, deren unbedingtes Erfordernis
die reinste Selbstlosigkeit neben höchster
Entfaltung der Willenskraft ist. Dass nur
der selbstlose, objectivierte Wille die Welt
überwindet, ist ein neuer Beweis der
sittlichen Weltordnung. Für die thörichte
Menge und das Verlehrtenthum, das ja
auch Fulton, Stephenson und Watt am
liebsten ins Irrenhaus gesteckt hätte, ist
die Existenz latenter Seelenkräfte jenseits
der Materie natürlich heute noch reiner
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