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mehr mit einem warmen Schimmer
vergoldet, sammetartig gedunkelt, ähn-
lich dem Colorit tropischen Fleisches,
des fahlen Fleisches junger Indierinnen,
die aus Thon, aus dem Fleisch von
Pfirsichen und aus Sonne gemacht
scheinen.
Ganz am Gipfel des Baldachins
lehnt sich eine schmächtige, kindliche
Jungfrau, ihre gekräuselten Haare zum
griechischen Knoten gebunden, ganz
zerbrechlich unter ihrer faltigen Tunika,
die ein weicher Hauch schwellt, leicht
auf ein langes, dünnes, lateinisches
Kreuz, und mit ihrer linken Hand er-
muntert, schützt und liebkost sie, mit
einer köstlichen Geberde junger Mutter-
schaft, einen Jesusknaben, der mit
seinem Fuß, einem edlen Kleinod der
Kunst, den monströsen Kopf der be-
siegten Schlange zertritt. Das offene
Maul ganz aufgerissen und geifernd,
hängt die Stachelschlange träge; die
geschuppte Gurgel ist quer über das
stählerne Horn des Mondes geworfen,
das einem gekrümmten Mohammedaner-
säbel gleicht; das schmerzvolle Auge
des Typhon öffnet sich unter den
grässlich gerunzelten Brauenbogen; man
könnte sagen: das tragische Auge der
Cyklopen. Ein stummes Heulen fährt
aus diesem Gesicht, menschlich durch
das Leiden und den Schrecken, viehisch
durch sein brutales Relief. Sein krummer
Leib verendet unter der schrecklichen
Süßigkeit der beiden göttlichen Füße:
dem der Mutter und dem des Kindes.
Rings um die siegreiche Tochter
Davids steigt eine Gruppe kleiner, ge-
flügelter, rundlicher Körperchen, ge-
tragen von ein wenig massiven Wolken
(man bedenke: Wolken in Eschenholz!),
in einer anbetungswürdigen Symphonie
von Bewegungen empor, und eine un-
bezwingliche Freude strahlt über ihren
lieben, pausbackigen Gesichtchen, die
von einer ernsthaften Ekstase er-
hellt sind, bedächtige Seligkeit von
Kindern, die ein kostbares Gefäß tragen
sollen, das ihnen Leckerbissen ver-
spricht.
So liebreizend sind diese kleinen
Geschöpfe, so wahrhaftig sind ihre
Bewegungen, dass sie getragen er-
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scheinen durch den Schwung eines
triumphierenden Auffluges, einer visio-
nären Himmelfahrt manch stolzer, zu-
künftiger Genesis.
Vom Gipfel der Kanzel sich lösend,
stürzt ein schlanker Elohim vom hohen
Himmel, die langen, feinen Flügel ge-
sträubt durch den Wind seines Fluges,
den rechten Arm erhoben, das Flammen-
schwert schwingend.
Er deckt mit seinem Schatten den
gebeugten, kläglichen, auf den Knien
zitternden Leib und das schamvolle
Haupt Adams, dessen erschreckte
Stellung genau die feige Antwort dieses
urväterlichen Bauern symbolisiert: »O
Herr nicht ich aber da, das
Weib, das du mir gabst «
Offenbaren diese Worte nicht gänz-
lich das innere Wesen Desjenigen,
dessen Erstgeborener, Kain, dieser bib-
lische Straßenjunge, später mit der Un-
geniertheit eines vorweltlichen Groß-
thuers schreien sollte: »Bin ich denn
der Hüter meines Bruders?«
Und der Gesandte des himmlischen
Zornes wendet sein strahlendes Gesicht
unter den Haaren, die der Hauch der
Unendlichkeit füllt, weg von dem Ver-
führten und streckt seine linke Hand
mit einer schützenden und nicht hart
anfahrenden Geberde, einer Geberde
zögernder Zärtlichkeit, über Eva und
senkt seinen Blick in den ihren.
Ah, Eva! Welche Feder
wüsste den triumphierenden Glanz, die
unaussprechlichen Linien dieses Leibes
einer jungen Göttin zu beschreiben, das
bethörende, spöttische, muthige Lächeln
dieser Lippen, deren Form selbst ein
Kuss ist — wie dieses stolze Auge
malen, das Thränen verachtet, in dem,
kaum verhüllt durch das schwere Lid,
die Drohungen, die Wildheiten, die
verborgenen Blitze der mörderischen
Sense, der noch zu gebärenden Gene-
rationen schlafen — diesen Blick, den
die Entzückungen des gewonnenen
Wissens erfüllen, der erkannten und
durch einen leidenschaftlichen Willen
eroberten Seligkeit, dieses Gesicht, in
dem eine wahnsinnige Freude brennt,
zitternd, schauernd in der erprobten
Macht, in geahnten Möglichkeiten, er-
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