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allgemein gefällt.« »Schönheit ist Form
der Zweckmäßigkeit eines Gegenstandes,
sofern sie ohne Vorstellung eines Zweckes
an ihm wahrgenommen wird«.
Das Schöne in der Kunst wirkt unmittel-
bar und zwingt uns in seinen Bann,
ohne dass wir nach einem Grund fragen
oder von einem bestimmten Willensinter-
esse geleitet werden. Der Kunstgenuss
erklärt sich also auch lediglich aus dem
Wesen der Suggestion und daher sehen
wir gerade aus den epochemachenden Ex-
perimenten des zuvor genannten franzö-
sischen Gelehrten, dass der Mensch in der
Hypnose, wo die Vorstellungen so intensiv
und ohne Willensinteresse wirken, des
höchsten künstlerischen Genusses fähig
ist. Je mehr das Gedankenleben einge-
schränkt ist und die künstlerische Idee in
voller Kraft und ohne Concurrenz wirken
kann, je höher ist der Kunstgenuss, je
lebenswahrer aber auch die Darstellung
des mimischen Künstlers.
Das Schöne in der Kunst, das allein
ja nur wirklich fesselt und uns in seinen
Bann zwingt, muss hiernach ein bedeut-
samer Veredlungsfactor der Menschheit
sein, und zwar aus folgendem Grunde:
Es ist bekannt, dass durch die hyp-
notische Suggestion die organisierende
Kraft der Seele ausgelöst wird — oder
mit anderen Worten, dass die in der Hyp-
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nose eingepflanzten Vorstellungen ent-
sprechende Veränderungen im Gebiete
des Organischen hervorrufen. Hierin be-
steht der therapeutische Wert der hyp-
notischen Suggestion. Da nun die Sug-
gestion, die das Schöne im Kunstwerk
ausübt, nur graduell verschieden ist von
der hypnotischen Suggestion, so muss
auch die erstere den Körper beeindrucken
und Spuren ihres Einflusses zurücklassen.
Die Vorstellung des Schönen muss also
auch verschönernd auf den Körper wirken,
und es muss die Wirkung umso größer
sein, je intensiver der Eindruck ist, den
das Kunstwerk hervorbringt. Die Seele
kann ihre organisierende Kraft am stärksten
entfalten, wenn die reflectierende und
kritische Verstandesthätigkeit ausgeschaltet
ist; daher ist der hypnotische Tiefschlaf
am besten geeignet, pathologische Stö-
rungen wieder ins Gleichgewicht zu
bringen. Nun ist zwar die Wirkung der
vom Kunstwerk ausgehenden Suggestion
nicht so stark, wie die hypnotische Sug-
gestion; aber sie ist vorhanden und übt,
wenn auch in schwächerem Maße, einen
dem Charakter der seelischen Wirkung
adäquaten Einfluss auf den Körper aus.
Wenn es mir gestattet wird, will ich
mich in einem zweiten Aufsatz über diesen
Gegenstand eingehender verbreiten.
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