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»Das Bewusstsein der Außen-
welt.« Grundlegung zu einer Erkenntnis-
theorie von Dr. Rudolf Eisler. Leipzig. Ver-
lag der Dürr’schen Buchhandlung, 1901. —
In dieser streng wissenschaftlichen, jeden
überflüssigen Wortprunk vermeidenden
Studie unternimmt der Autor die er-
kenntnistheoretische Kritik des Ich-Be-
wusstseins und des Ding-an-sich-Begriffes.
Ausgangspunkt der Betrachtung bildet das
Wesen des kategorialen Verhaltens, unter
besonderer Berücksichtigung der Kategorie
der Dingheit. Zunächst werden die beiden
Factoren der Sinnes-Wahrnehmung (die
Actualität des Erlebnisses und die simultane
Association) von einander geschieden; dem
Gesichtsbilde als Repräsentant des Gegen-
standes und der Widerstands-Empfindung
höhere Bedeutung für den Wahrnehmungs-
Act zugewiesen. An die Definition des
Gegenstandes schließt sich die des Dinges;
die Dingheit ist ein Reflex der Ichheit,
»Ding sein heißt nichts anderes, als sich
wie ein Ich verhalten« (Auffassen des
Dinges als Resultat eines Introjections-
Vorganges — Avenarius). Wir leihen den
Objecten unsere Ichheit. Dinge sind ob-
jective Bewusstseins-Inhalte zum Unter-
schied von den subjectiven Erlebnissen.
Das Capitel: »Naiver und kritischer
Realismus« untersucht die Wurzeln der
Kant’schen Kategorienlehre. Die Kluft
zwischen Denken und Sinnesfunction wird
insofern überbrückt, als auch den Sinnes-
Empfindungen ein, wenn auch niederer,
Grad psychischer Reactivität, somit
Spontaneïtät, zugrunde liegt. Anderer-
seits sind die Kategorien auch ohne äußere
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Erfahrung sinnvoll, da ihr Inhalt aus einem
der inneren Erfahrung unmittelbar zu-
gänglichen Verhalten des Ich herstammt.
Daher heißt ein Object kategorial ver-
arbeiten: »dem Object ein dem Ich analoges
Sein und Verhalten zuschreiben«. — Aus
dieser Aufdeckung des Verhaltens ergibt
sich die nähere Grenzbestimmung des
Seins und des Bewusstseins. Bewusstsein
ist die Beziehung eines Objectes zu einem
Ich, Sein die Beziehung eines Etwas
zum Complex der Dinge. Es gibt nur
eine Welt der Dinge; »Außenwelt ist der
Inbegriff aller Objecte im Raume, nebst
den an ihnen constatierbaren Vorgängen.«
Der Standpunkt des Autors ist ein
kritischer Realismus; der Schwerpunkt der
Schrift liegt in der scharfen Grenz-
bestimmung der in das Bereich der Natur-
wissenschaft, respective der Psychologie
und Metaphysik fallenden Phänomene. Die
»beschreibende« Methode ist für die Natur-
wissenschaft höchst fruchtbar, die Philo-
sophie muss diesen Standpunkt überwinden
lernen. Ein besonderer Wert liegt in den An-
merkungen, welche den einzelnen Capiteln
folgen. Es sind dies zur Orientierung sehr
geeignete Zusammenfassungen aller Resul-
tate, welche die nachkantische Erkenntnis-
theorie aufzuweisen vermag.
Die trotz der Wohlfeilheit würdige
Ausstattung erfordert Erwähnung. λ.
Über beschreibende (schildernde)
Musik schreibt Goblot in der von
Th. Ribot geleiteten „Revue philoso-
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